Ausstellung „Bis hierher und weiter – 7 Tage Bosnien-Herzegowina“ mit hochrangigem ausländischem Gast eröffnet
Ausstellung einer Foto-Reportage wirft Blick auf ein vergessenes Land
Tiefer Schnee auf der schmalen Bergstraße behindert immer wieder die lange Fahrt quer durch die Republik Srpska, in Bosnien-Herzegowina, hinauf nach Sasina, einem kleinen Ort, in einem lang gestreckten Tal. Nur eine kleine Teilstrecke der Reise, die der Wunstorfer Journalist Winfried Gburek, mit ortskundiger Begleitung, über sieben Tage in diesem Land unternahm. Es war nicht die erste Reise durch dieses Land. „Plötzlich bremste der Fahrer das Auto abrupt ab, zeigte auf ein rotes Schild am Straßenrand und sagte kurz: `Hier steigen Sie aber am besten nicht aus´. Hautnah standen wir in der Realität dieses Landes. Links und rechts, bergauf und talabwärts befanden sich Mienenfelder, auf die fast nur beiläufig hingewiesen wurde. Und daneben stehen zerschossene, verfallene und wenige bewohnte Häuser - mit spielenden Kindern“, beschreibt Gburek einige seiner Eindrücke, die er auf dieser Reise durch das Land bekommen hat. Aus einem Land, in dem sich bis vor zwölf Jahren, im Krieg des ehemaligen Jugoslawien, grausame Ereignisse gegen die Menschlichkeit abspielten. „Ich musste schon heftig schlucken und traute mich zunächst gar nicht zu fotografieren, als ich mit einen Verwandten eines Überlebenden eines Massakers sprach. Nach dem Abzug der Soldaten musste sich dieser Mann von der Last zahlreicher Leichen befreien, um vom Ort des Schreckens fliehen und sich verstecken zu können“, so Gburek.
Gburek machte sich für eine Foto-Reportage besonders auf die Suche nach dem, was den Menschen in ihren Schicksalen und in einem wirtschaftlich völlig ruinierten und korrupten Land
Zukunftsperspektiven eröffnet. Er fand die Antworten durch zahlreiche Recherchen und Interviews – mehrere Stunden allein mit Bischof. Dr. Franjo Komarica. Bischof Komarica kam eigens zur Ausstellungseröffnung nach Wunstorf, um gemeinsam mit Gburek die Einführung vor rund 100 Gästen zu übernehmen. Die Ausstellung der Foto-Reportage „Bis hierher und weiter -7 Tage Bosnien-Herzegowina“, die in der Kundehalle der Wunstorfer Stadtsparkasse zum ersten Mal gezeigt wird, ist hier bis zum 5. Juni zu sehen, um im Anschluss in zahlreichen Großstädten Deutschlands ausgestellt zu werden. So zum Beispiel in Hannover (27. Juni bis 7. Juni), Braunschweig, Aschaffenburg und München. Durch die Wahlen in Serbien und die aktuellen Ereignisse um den Kosovo erhält die Foto-Reportage eine zusätzliche Aktualität und Brisanz. Auf hunderten von Fotos hat Gburek seine Erlebnisse der Reisen, Erfahrungen und Informationen festgehalten. Aus dieser Fülle von Fotodokumenten wählte Winfried Gburek insgesamt 60 großformatige Aufnahmen und eine ungewöhnliche Präsentation für die Ausstellung in Wunstorf. „Aufgrund der Probleme, Nöte und brutalen menschlichen Belastungen, die diese Fotos wiedergeben, widerstrebte es mir völlig, die Fotos auf einer schmucken Stellwand zu präsentieren“, betonte Gburek in seiner Einführung. Er wählte Ziegel als Ständer, aus denen Holzstäbe ragen, die schlichte Bilderrahmen tragen, die wiederum recht niedrig gehalten werden. Gburek: „Die Steine stehen symbolisch für den Wiederaufbau von Gebäuden und menschlichen Strukturen. Die Holzstäbe stehen für die großen Waldgebiete dieses Landes und für die einfachen Wohnungen vieler Familien. Und da die Menschen aus Bosnien-Herzegowina noch nicht in gleicher Augenhöhe mit uns reden können, wenn es sie selbst und um die Zukunft des Landes geht, habe ich die niedrige Augenhöhe als angebrachte Präsentationsunterstützung gesehen.“ Die großformatigen Fotos zeigen junge und alte Menschen, die an den kriegerischen Konflikten auch heute noch zu leiden haben. Sie zeigen zerstörte und neu entstandene Gebäude, die durch die gemeinsame Initiative und Anstrengung von Bischof Komarica und der Deutsch-Kroatischen-Gesellschaft e.V. Hannover möglich wurden. Die Fotos verweisen auf Massengräber, Armut, Leid und Not, geben Einblicke in die karitative Sozialarbeit des Bistums Banja Luka und in die Bildungsaktivitäten der Katholischen Kirche von Bosnien-Herzegowina, sowohl für die Jugend wie auch für die Erwachsenen. Die Ausstellung zeigt aber auch die Zerstörung der Kirchen des Landes. Vor allem aber verdeutlichen die Fotos und Erläuterungen die Folgen der ethnischen Säuberungen von vor 12 Jahren, die 90 Prozent der katholischen Bevölkerung während der Kriegsjahre vertrieben, hunderte von Menschen getötet hat.
Bischof Komarica betonte den besonderen Wert einer derartigen Ausstellung, der in der völlig schonungslosen Wiedergabe der Fakten liege. Komarica: „Ich bin dankbar für die Ausstellung, die die Probleme von Bosnien-Herzegowina (BIH) klar beim Namen nennt. Die weiterhin entrechteten Menschen dieses Landes sind die größte und wichtigste Aufgabe für alle Menschen.“ Deshalb müssten die Fakten so klar und anschaulich in die breite Öffentlichkeit getragen werden. In BIH sei ein Stellvertreterkrieg geführt worden, zwischen der NATO und der Sowjetunion. „Es fehlen seitdem 95 Prozent der Bevölkerung des Landes. Viele Menschen sind versöhnungsbereit, aber ihnen wurde nicht erlaubt zurückzukehren. Ich hoffe sehr, dass sich die Politiker für die menschlichen Prinzipien in diesem Land einsetzen.“ Das Land sei zwangsweise geteilt worden. Teilweise sei die Situation im Lande jetzt schlimmer, als zum Zeitpunkt nach Beendigung des Krieges. „Damals lebte noch die Hoffnung.“ Und Komarica fragte bei seinem Teil der Einführung laut und engagiert in die Reihen der Eröffnungsgäste in Richtung internationale Politik: „Was haben Sie mit diesem Land vor? Wollen Sie Frieden haben, oder eine ständige Krise in diesem Teil Europas?“ Der hohe kirchliche Würdenträger lobte das Engagement der Deutsch-Kroatischen-Gesellschaft Hannover, „die seit vielen Jahren gezielte Hilfe in diesem Land leistet, in der Tragödie des Landes und der Menschen, die Häuser aufbaut, aber auch Kirchen, das Herz der Gemeinden“. Es sei den Politikern in Bosnien-Herzegowina nicht gleichgültig, was im Ausland über sie und die Zustände von BIH berichtet werde, „erst recht nicht, wenn die Wahrheiten in einer derartigen Ausstellung konkret präsent werden“.
Parallel zur Ausstellung und zur weiteren Information über dieses Thema stehen im Internetfernsehen http://www.wunstorf.tv/Weitblick Sendungen zur Verfügung.
Fotos: Martin und Thomas Gburek
Bürgerreporter:in:Winfried Gburek aus Wunstorf |
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