Der Herr hieß nun wirklich "Gott" ....
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Diese Erinnerungen bleiben . . .
Durch die vielen Musiksendungen und Rückblicke während der „stillen Tage“ zum Jahresende rückt so manche eigene, alte Erinnerung wieder in den Vordergrund des Empfindens. Stars und Sternchen von gestern werden wieder lebendig. Eine große Zahl weilt noch unter uns – andere bedeckt schon lange Zeit der grüne Rasen. Einige erfreuen noch heute die Menschen mit ihren Fähigkeiten – bei der weitaus größeren Zahl der Interpreten muß man aber erst den Staub des Vergessens fortblasen.
Dabei kommt es häufig darauf an, auf welche Weise man die Erinnerungen eingelagert hat.
Kleine Begebenheiten am Rande sind oft ausschlaggebend gewesen. Das wurde mir wieder einmal deutlich gemacht, als in einer Abendsendung die göttliche Stimme aus Prag – als die sie häufig bezeichnet wird – erklang.
Eine Freundin, die mir gegenübersaß, war sichtbar angetan von den Klängen aus dem Lautsprecher.
Leichte Verwunderung über meine Nichtbegeisterung schwang in ihrer Frage mit: Machst du dir nichts aus der Musik von Karel Gott?
Verwunderung wohl, weil ich sonst gute Musik und schöne Stimmen zu schätzen weiß.
Es hatte mich erwischt – nicht meine Freundin mit ihrer berechtigten Frage, sondern das Lied und die Stimme von Karel Gott. Ein Bild von vierzig Jahre zurück wirbelte durch mein Empfinden, und machte die zweifellos hervorragende Stimme für mich schrecklich ungenießbar.
Es war Anfangs der neunzehnhundertsiebziger Jahre. Der kalte Krieg befand sich noch in seiner heißen Phase. Mitten durch Europa zog sich der eiserne Vorhang. Durchlässig war er nur für wenige auserwählte Getreue, die ungehindert in beide Richtungen hindurchgehen konnten – oder durften.
Die, welche ungehindert hindurchgehen konnten, waren in der Regel Politiker aller Couleur. Die ungehindert hindurchgehen durften – das waren hochrangige Wissenschaftler und Künstler.
Ohne Zweifel bezahlte ein Teil von ihnen die Reisefreiheit mit Angst und Sorge um ihre nächsten Angehörigen, die ja fast immer als Pfand auf der östlichen Seite zurückblieben.
An der Art und Weise, wie sie sich auf der westlichen Seite des Vorhangs verhielten, ließ sich leicht erkennen, zu welcher Kategorie sie zählten.
Zu diesen Reisebegünstigten gehörte auch der tschechische Sänger Karel Gott. Für die damaligen Machthaber in der Tschechoslowakei war er eine ergiebig sprudelnde Devisenquelle. Auftritte in geldharten Ländern bestimmten sein Leben. Der heimische Alltag in Prag - mit den Nöten der unterdrückten Menschen - spielte dabei wohl nur eine untergeordnete Rolle.
In einer Nobelherberge an der Düsseldorfer Königsallee verdiente ich in den Jahren meine Brötchen. Die Lieder von Karel Gott bedeuteten mir sehr viel – bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich den Sänger mit der goldenen Stimme persönlich kennenlernte.
Das Hotel ‚Münch an der Kö’ hatten die Manager des begnadeten Sängers, während der Dauer seiner Auftritte im Rheinland, für ihn als Standquartier auserkoren.
Das Haus war ebenso gediegen wie teuer. Die Herberge war der Stimme angemessen.
Die Zimmermädchen im Hause stammten fast ausschließlich aus Ländern des östlichen Bündnisses. Allesamt waren sie freundlich, hilfsbereit – und ebenso schlecht entlohnt wie ihre deutschen Kolleginnen. Bei ihnen hatte das westliche Geld allerdings einen anderen Wert.
Das soll kein Vorwurf an die Adresse des Hoteliers sein – die Gastronomietarife waren eben so - auch zu der Zeit schon.
Aber gerade diese Mädchen vergötterten „ihren“ Karel Gott als ein Stück Heimat – als ein kleines Stückchen Traum von Freiheit und Wohlstand.
Es verging kein Tag, an dem nicht ein Hauch von Verehrung in seiner Suite zu finden war. Es waren Gegenstände, die sich die jungen Frauen vom Munde ab-sparten – für die sie auf manches andere – vielleicht notwendigere - verzichteten.
Ich habe nicht ein einziges Mal von dem ‚großen Karel Gott’ eine kleine Geste des Dankes bemerkt.
Ein eigennütziges, kaltes Herz wandelte durch die westlichen Geldpfründe. Diese Kälte hat meine Begeisterung für die goldene Stimme aus Prag damals eingefroren.
In diesem Zustand ist sie bis heute geblieben – trotz aller gesellschaftlichen und politischen Veränderungen der letzten Jahre.
Diese Erinnerungen bleiben!
ewald eden
Ich hab’ mal ’nen Jemanden kennen gelernt
der hieß tatsächlich ‚Herr Gott’
doch der war von der Güte soweit entfernt
wie die Mutter Theresa von Henkers Schafott
er nutzte die Gier seiner Staatsoberen
im damals noch stahlharten Osten
um durch Westens Scheinwelt zu koberen
und satt sich zu fressen – statt davon zu kosten
und anderen davon etwas abzugeben
die darbten hinter dem Eisernen Vorhang
mit Tränen und Wut über ihr kärgliches Leben
in das die russische Knute sie zwang
bis dato – bis ich ihn kennengelernt
war mir sein Singen so einiges wert
mein "ihn mögen" hat sich dann blitzschnell entfernt
und ich hab’ ihn zum menschlichen Abfall gekehrt
ee
Bürgerreporter:in:Ewald Eden aus Wilhelmshaven |
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