Musikalische Lesung zur Buch-Präsentation über Sinti Schicksale

Ricardo Lenzi Laubinger erläutert sein Buch Und eisig weht der kalte Wind
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  • Ricardo Lenzi Laubinger erläutert sein Buch Und eisig weht der kalte Wind
  • hochgeladen von Erich Neumann

Und eisig weht der kalte Wind ist nicht nur der Titel des Buchs von Ricardo Lenzi Laubinger, sondern trotz hochsommerlicher Temperaturen im gut besuchten Kesselhaus des Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden e. V. geradezu körperlich spürbar, nachdem seine gelesenen Passagen erschaudern gleichsam das Blut in den Adern gefrieren lassen.

Das Schicksal der Sinti Familie Weiss/Laubinger von 1925 bis 2017 geht in doppelter Hinsicht unter die Haut: sowohl was die unmenschlichen Grausamkeiten der Nazi-Zeit anbelangt, als wie sehr die Gräuel noch heute insbesonders im Behördenallgag fortbestehen und mit den zunehmenden rechtsradikalen und rassistischen Strömungen deutlich wird, dass die auslösenden Momente keineswegs Vergangenheit sind.

Im Rahmen von “Wir in Wiesbaden 2019 – Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte” war mit freundlicher Unterstützung der CITOYEN Stiftung und Stiftung für die internationalen Wochen gegen Rassismus die Veranstaltergemeinschaft von Amnesty International, Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden e. V. und der Sinti-Union Hessen am 16. Juni 2019, 19.30 Gastgeber.

Mit SchülerInnen der Oberstufe des Campus Klarenthal – ergänzt von Mitgliedern von Amnesty International – übernahmen mit Jugendlichen exakt die wichtigste Zielgruppe des Buchs dessen Lesung.
Es ist seines Autors wichtigstes Anliegen, dass gerade die Jugend, also die Zukunft unseres Landes die Wahrheit erfährt, damit die einzig tragfähige Basis dafür geschaffen wird, dass sich solch Gräuel niemals wiederholen.
Angesichts des gegenwärtig mit unvorstellbarer Gesichtsvergessenheit, wie Verantwortungslosigkeit neu um sich greifenden Extremismus, Hass, Nationalismus und Rassismus ist dieses unmissverständliche Augenmerk so bitterst nötig, wie nie.
Es muss zudem angesichts der Tatsache, dass wir in eine Zeit ohne Zeitzeugen gehen, alleroberstes Gebot sein, den Holocaust nicht alleine mit den Verbrechen an den Juden in Verbindung zu bringen, sondern allen andern Betroffenen, wie Euthanasieopfer, oder verfolgte Minderheiten der Sinti, Roma und Jenischen ebenfalls!
Das Vergessen wäre/ist eine Wiederholung der Gräuel: mit Bewusstsein erfolgt, fast noch schlimmer, als die NS-Zeit! Nach wie vor jedoch wabert der Ungeist des Denunzianten und Mitläufer, vermeintlich Benachteiligten, ist Nährboden auch heute noch!

Ricardo Lenzi Laubinger erläuterte die wichtigsten Aspekte und Zusammenhänge, wie bsw. die Heimatbindung der seit über 600 Jahren in Deutschland ansässigen Sinti, von denen ein Großteil im ersten Weltkrieg hochdekoriert für Kaiser und Vaterland an der Front war.
Trotz aller Emotionen stellte er sich auch den Fragen des Publikums und blieb erstaunlich souverän, als diese auch in die Unverfrorenheit gipfelte, weshalb denn nicht eine rechtzeitige Flucht erfolgte.

Das Trio Christiano Gitano (der wohl derzeit beste Flamenco-Gitarrist in Deutschland), Taylor Paucken-Reinhardt (Gitarrist aus der legendären Dynastie) und Ricardo Lenzi Laubinger (Violine) brachten phänomenal Sinti-Swing zu Gehör und sorgten so für die immer wieder unerlässliche Entspannung.

14jährig wurde die deutsche Sintiza Bertha Weiss zusammen mit ihren Angehörigen am 16. Mai 1940 von den Nationalsozialisten aus Hamburg nach Polen in die Konzentrationslager verschleppt. Sie erlebte fünf fürchterliche, leidensvolle Jahre, bevor die Alliierten sie befreiten. Als Einzige von mehr als 60 Angehörigen der Familie Weiss überlebte die Mutter von Ricardo Lenzi Laubinger den Holocaust.
Eine Geschichte, die für viele Sinti-Familien steht.
Rund 500.000 Roma – so die offiziellen Zahlen, Insider sprechen aufgrund fehlender Registrierungen sogar von einer Dunkelziffer 1. 0 bis 1.5 Mio.! – aus ganz Europa wurden von den Nationalsozialisten in 11 europäischen Ländern dahin geschlachtet.
Das entspricht mindestens einem Viertel ihrer Gesamtbevölkerung. Die entmenschte Rassifizierung der Roma und anderer Minderheiten war der erste Schritt, um diesen abscheulichen Verbrechen den Weg zu ebnen.

Jede Sinti-Familie hat Angehörige verloren. Aber auch nach Kriegsende war und ist die deutsche Minderheit der Sinti benachteiligt und alltäglichem Rassismus ausgesetzt.
Das gipfelt bsw. darin, dass nach Kriegsende Behörden Wiedergutmachungszahlungen – soweit diese Gräueltaten überhaupt und um welchen Preis gut gemacht werden können – mit Aktenhinweis ablehnen.
Diese Nazi-Akten dokumentierten, dass für einen 8 Monate alten Säugling arbeitsscheu und nicht die Abstammung als Haftgrund für die Deportation ins KZ angegeben war. Arbeitsscheu auch bei seinem Onkel, der als Lkw Fahrer direkt aus dem Lkw verhaftet wurde.
Hierfür, wie zu allen Ausführungen des Buches liegen lückenlose Beweise vor.
Erschienen im KLAK Verlag für gute Bücher, Berlin www.klakverlag.de | ISBN: 978-3-948156-16-9
Doch erst mit dem Wechsel zu diesem engagierten Verlag wurde die Herausgabe möglich, denn im ersten Anlauf bestanden selbst beim früheren Unternehmen Ressentiments, wie sie in der Politik und bei Behörden an der Tagesordnung sind.

Aufgrund dieser Lebenserfahrungen gründete Ricardo Lenzi Laubinger die Sinti-Union Hessen und engagiert sich politisch für seine Minderheit.

Erich Neumann, freier investigativer Journalist
über DFJ Deutsche-Foto-Journalisten e. V. www.dfj-ev.de
Medienunternehmer im Gesundheits- und Justizbereich
Postfach 11 11, 67501 Worms
GSM +49 160 962 86 676
e-Mail e.neumann@cmp-medien.de
www.cmp-medien.de

© Bild: www.cmp-medien.de CC – Ricardo Lenzi Laubinger erläutert sein Buch Und eisig weht der kalte Wind
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Ricardo Lenzi Laubinger mit Roll out zum Buch Und eisig weht der kalte Wind
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Das Lesungs-Tam vom Campus Klarenthal, ergänzt von Mitgliedern Amnesty International
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Ricardo Lenzi Laubinger vor Poster der Sinti-Union Hessen
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Sinti-Swing mit Taylor Paucken-Reinhardt, Ricardo Lenzi Laubinger und Christiano Gitano

Bürgerreporter:in:

Erich Neumann aus Kempten

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