Bei seinem 13. Freischießen tritt er als General an!
Jürgen Stegen ist fast 40 Jahre dabei, wenn in Wennigsen das Freischießen auf dem Programm steht. Der Höhepunkt ist die große Festparade am Sonntag. Der Tag aber beginnt schon viel früher. Um 6 Uhr beginnen im Hause Stegen die Vorbereitungen. Das Haus wird mit Fahnen geschmückt, die Büsche und Zäune mit den Farben des Festes versehen, Getränke und Verpflegung bereit gestellt.
Und wie geht es dann wirklich los?
Jürgen Stegen: Zuerst trifft die Wache ein. Sie besteht aus drei Mann und meldet jede Person, die das Grundstück betreten will. Dann folgt der Oberstabsarzt, der alle für tauglich erklären muss. Als erkennbares Zeichen, wird eine Plakette angeheftet.
Alle Beteiligten tragen eine Uniform. Das kostet viel Geld. Wer bringt das auf?
Jürgen Stegen:Die Offiziere zahlen ihre Uniform selbst. Die Mannschaft bekommt sie von unserer Trägergesellschaft gestellt.
Ist eigentlich Freischießen so etwas wie Schützenfest?
Jürgen Stegen:Nein, ein Schützenfest hat Schützenvereine als Basis. Für sie steht Schießen als Sport im Vordergrund. Das Freischießen ist ein Bürgerfest aller Wennigser mit historischem Hintergrund.
Wird dann beim Freischießen gar nicht geschossen?
Jürgen Stegen:Mit Holzgewehren? Nein, wirklich. Alle sind nur mit Holzgewehren ausgestattet. Und mit einer Kanone! Lediglich im Rahmen des alle 3 Jahre stattfindenden Festes werden zwei Könige ausgeschossen. Der Mittelpunkt ist aber das Treiben auf der Basis der Historie.
Können Sie einige Worte zur Geschichte sagen?
Jürgen Stegen:Der Ursprung ist im 30jährigen Krieg zu suchen. Wennigsen war nicht in das Kampfgeschehen verwickelt. Die Bauern aber führten Reserveübungen, Militärübungen für den Fall aus, dass der Krieg auch hier ankommen würde. Das endete dann mit einem Manöver, einer Parade – einem Fest. Das feiern wir noch heute.
Wie wird man eigentlich General?
Jürgen Stegen:Im April alle drei Jahre gibt es eine große Sitzung. Da werden die Posten verteilt. Wer sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, hat Anspruch auf den Posten des letzten Freischießens. Wenn ein Posten frei wird, kann man ihn erwerben. Dazu muss man einer der drei Garden angehören, den Weißen, den Grünen oder den Gelben.
Sind auch Frauen dabei?
Jürgen Stegen:Es ist zunächst einmal für alle Beteiligten ein Familienfest. Die Familie ist überall eingebunden. Frauen aber haben auch Aufgaben – z.B. als Ehrendamen und Reiterinnen. Meine Tochter Sabrina ist Ehrendame und seit ihrem 9. Lebensjahr dabei, mein Sohn Adrian gehört zu den Grünen. In Offiziersrängen sind Frauen aus der Geschichte heraus nicht vorgesehen.
Was ist Ihr persönlicher Höhepunkt bei diesem festlichen Wochenende?
Jürgen Stegen:Eindeutig die Parade mit dem Fahnenschwenken, das feierliche, die vielen Zuschauer, ganz Wennigsen auf den Straßen.
Der Spaß steht für alle im Vordergrund. Er ist der Beweis, dass sich die große Mühe, die der kommand. General und sein Stab im Vorfeld haben, immer wieder lohnen.
An dieser Stelle müssen wir das Gespräch abbrechen. Die Adjutanten des Generals kommen, dann die Ehrendamen, dann rollt die Kanone vor. Sie wird geladen und mit viel Krach abgeschossen. Ein Salutschuss folgt. Die Ehrendamen haben die Decken geschmückt, mit denen die Könige am Montag ausgezeichnet werden. Die Wachen beenden ihre Aufgabe. Die Kutsche fährt vor und holt den General mit seinen Adjutanten ab. Sie werden noch weitere Beteiligte auf dem Weg zur großen Parade abholen. Dann beginnt der große Ausmarsch.
Und gefeiert wird nun bis Dienstag - und dann erst wieder in drei Jahren!
Bürgerreporter:in:Evelyn Werner aus Seelze |
5 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.