Die 'Erd-Bau-Kunst' - eine alte Bauweise
Neben den allseits bekannten Bauten ist in Weilburg auch das höchste Gebäude in 'Lehmstampfbauweise' zu finden.
"... Die ehemalige nassauische 'Residenz' Weilburg an der Lahn besitzt zahlreiche malerische Bauten und historische Kostbarkeiten. Beiderseits des Flusses reicht das Stadtgebiet, in dem die Bundesstraßen 49 und 456 zusammentreffen, bis zu den Ausläufern des Naturparks Hochtaunus und des Westerwaldes.
Weilburg ist aufgrund der reizvollen landschaftlichen Lage eine Stadt des Fremdenverkehrs. Das prachtvolle Schloß, der Schloßgarten mit alten Baumbeständen, der barocke Marktplatz mit Neptunbrunnen, die Schloßkirche mit dem alten Rathaus machen die Stadt sehenswert. ..."
So steht es im "Hessischen Gemeindelexikon" von 1986. Mit diesen Informationen starteten wir nach Weilburg ... Unser Weg sollte uns zunächst zum Schloß führen. Neugierig sahen wir uns dabei um und entdeckten ein graues, unscheinbares Haus. An der Hauswand befand sich eine Tafel mit dem Hinweis 'Pisè-Bau' ! Von einem 'Pisè-Bau' hatte ich noch nie etwas gehört und so machte ich mich kundig:
"...eine alte Bauweise, die in früherer Zeit besonders in Frankreich angewendet wurde, dem Lehmstampfbau, von den Franzosen 'le pisè' genannt. Das heutige Lexikon sagt zu dem Begriff 'Pisèbau': 'von frz. pisè 'Stampflehm', jene Bauart, bei der die Wände aus breiigem, später erhärtendem Material durch Einstampfen zwischen hölzerne Schalen hergestellt werden... ." (Quelle: 'Der Pisè-Bau zu Weilburg an der Lahn' von Wilhelm Schick aus dem Jahr 1987).
Deutschlands höchster Pisè-Bau
Wie ich aus dem Heft von Herrn Wilhelm Schick erfahre, handelt es sich bei dem grauen und unscheinbaren Haus um ein sechsstöckiges Wohnhaus. Es ist mit größter Wahrscheinlichkeit der höchste Lehmstampfbau Deutschlands und wurde im Brandkataster am 27.11.1850 eingetragen. Weiterhin schreibt Herr Schick:
"...steht an einem steilen Berghang. Die Straßenfront ist dreigeschossig, die Rückfront sechsgeschossig. Fundamente, Keller und über der Erde liegende Sockelmauern sind in Bruchstein ausgeführt...".
In dem Heft von Herrn Schick lesen wir weiter: "...Die Blütezeit des Pisè-Baues in Weilburg lag in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, insbesondere was den Bau von Wohnhäusern anbelangt. ..." Nach den Angaben von Herrn Schick sind neben dem höchsten Pisè-Bau noch weitere 21 Gebäude in der Lehmstampfbauweise in Weilburg zu finden.
Über die Geschichte von Weilburg lesen wir im Hessischen Gemeindelexikon:
"...906 erstmals anläßlich der Beisetzung des Herzogs Konrad d.Ä. erwähnt. 918 hinterläßt Konrad I. die Kroninsignien in seinem 'Weilburger Testament' dem Herzog von Sachsen. Nach den Konradinern kommt Weilburg in den Besitz des Bistums Worms, von dem es 1294 König Adolf I. von Nassau übernimmt. 1295 Verleihung des Stadtrechts. Ausbau und der Stadt im 14. Jahrhundert. 1535 Neubau des Hochschlosses durch Graf Philipp III. Im 30jährigen Krieg mehrfach geplündert und erobert. Bauliche Neugestaltung der Stadt unter Graf Johann Ernst 1683 - 1719. Weilburg wird Residenzstadt und bis 1816 Hauptstadt des Herzogtums Nassau. 1866 wird Weilburg preußische Kreisstadt (ehemaliger Oberlahnkreis), ab 1.7.1974 Stadt im neugebildeten Landkreis Limburg-Weilburg. ..."
Natürlich haben wir uns auch noch die 'malerischen Bauten und historischen Kostbarkeiten' der Stadt Weilburg angesehen. Wir werden aber bei zukünftigen Ausflügen nicht vergessen, dass auch eher unscheinbare Gebäude oftmals eine interessante Geschichte haben.
Bürgerreporter:in:Hans-Christoph Nahrgang aus Kirchhain |
7 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.