„Niemand sollte sich jetzt einlullen lassen“

„Niemand sollte sich jetzt einlullen lassen“
Initiatoren des Volksbegehrens für gute Schulen sehen ihre
Befürchtungen bestätigt
Hannover, 15. Januar 2001. „Zu schön um wahr zu sein“ – das war der erste Gedanke, den
die Initiatoren des Volksbegehrens für gute Schulen am Freitagmorgen beim Aufschlagen der
Zeitung hatten. Und tatsächlich trifft dieser Gedanke den Sachverhalt genau: Der HAZBericht
„Regierung Wulff geht auf die Gesamtschulen zu“ entpuppte sich schon im Laufe des
Tages als eine Art Nebelkerze.
„Die IGS umfasst die Schuljahrgänge 5 bis 12“ – so steht es schwarz auf weiß in dem jetzt
veröffentlichten Erlass des Kultusministeriums, der die Arbeit in den Gesamtschulen regelt.
Im Klartext bedeutet das, dass auch hier in Zukunft das Abitur nach zwölf Schuljahren
abgelegt wird – eine Wahlfreiheit der Schulen, wie in dem HAZ-Artikel behauptet, ist nicht
vorgesehen.
„Wir sind zwar enttäuscht, aber nicht überrascht“, sagt Andreas Henze, einer der Initiatoren
des Volksbegehrens. „Ministerpräsident Wulff und Kultusministerin Heister-Neumann haben
genau das getan, was wir befürchtet haben. Das ist für uns die Bestätigung, wie wichtig das
Volksbegehren ist – niemand sollte sich jetzt einlullen lassen.“
Im Jahrgang 10 wird nach der Maßgabe des neuen Erlasses an der IGS ebenso wie am
Gymnasium die Einführungsphase für die Gymnasiale Oberstufe geführt. Damit werden unter
anderem Auslandsschulbesuche – im Zuge der Europäisierung des Bildungswesens und des
Arbeitsmarktes immer wichtiger – unmöglich gemacht. Und wer in Zukunft das Abitur an
einer Gesamtschule nach 13 Jahren ablegen möchte, muss eine Klasse wiederholen: „Dass
wiederholt werden muss um die nötige Zeit bis zum Abitur zugestanden zu bekommen, ist
keine angemessene Lösung“, kritisiert Andreas Henze.
Auch die gefürchtete Differenzierung bereits in den unteren Klassenstufen der Gesamtschulen
findet sich in dem Erlass wieder: Bereits ab Jahrgang 7. müssen Schülerinnen und Schüler in
drei unterschiedliche Leistungsgruppen eingeteilt werden – der Kerngedanke der
pädagogischen Arbeit an Gesamtschulen wird damit vollständig ausgehöhlt. „Das lange
gemeinsame Lernen, von dem alle Beteiligten nachgewiesenermaßen profitieren, wird es
nicht mehr geben“, kritisiert Initiator Henze. „Das unter strengen Bedingungen mögliche
Ausweichen auf eine innere Fachleistungsdifferenzierung ist da nur ein schwacher Trost.“
Das Volksbegehren für gute Schulen ist Mitte November 2009 an den Start gegangen, um die
Bildungsvoraussetzungen in Niedersachsen zu verbessern. Engagierte Eltern, Pädagogen und
Schülerinnen und Schüler wollen damit drei Ziele erreichen: Die Rückkehr zu einer
Regelschulzeit von 13 Jahren bis zum Abitur an Gymnasien und Gesamtschulen, die
erleichterte Neugründung von Gesamtschulen und den Erhalt der pädagogisch gut
ausgestatteten Vollen Halbtagsschulen.
Um das gesetzlich geregelte Volksbegehren zu einem Erfolg zu führen, sind genau 608.731
gültige Unterschriften erforderlich, die innerhalb eines Jahres gesammelt werden müssen.

Bürgerreporter:in:

Horst Kröger aus Walsrode

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