IG-Strabs-freies Walkenried kämpft weiter – Bernd Jackisch informierte über aktuellen Stand der Strabs – landesweite Kundgebung in Laatzen – Bürgermeisterkandidat Lars Deiters stellte sich vor
Walkenried. Nach fast einjähriger zwangsweiser „Corona-Pause“ konnte am Montag(19.07.2021) die IG-Strabs-freies Walkenried erstmal wieder einen Informationsabend im VFB-Südharz-Heim abhalten. Mit gutem Erfolg, denn IG-Sprecher Steffen Blau konnte mehr als 50 interessierte Besucher, darunter Bernd Jackisch (Regionssprecher des NBgS), Lars Deiters (Bürgermeisterkandidat der Wählergruppe B.I.S.S.) Volker Hahn (Spitzenkandidat der Wählergemeinschaften für den Kreistag) sowie eine Abordnung der „Wählergruppe Zukunft Wulften“ begrüßen.
Mit einer Wiedereinführung der Strabs könnten enorme Kosten auf die Haus-und Grundstücksbesitzer in der Gemeinde zukommen
Inzwischen, so Steffen Blau, hat die Gemeinde Walkenried seit fünf Jahre keine „Strabs“ mehr, da bisher erfolgreich die Wiedereinführung einer Straßenausbaubeitragssatzung verhindert werden konnte. Er vermute aber, dass nach der Kommunalwahl im Herbst die Gemeinde von der Kommunalaufsicht des Landkreises zur Einhaltung des Zukunftsvertrages gezwungen werde, erneut eine Satzung einzuführen. Mehrere Hinweise deuten bereits darauf hin. Für die Haus-und Grundstückseigentümer der neuausgebauten Ortsdurchfahrt, die bei vorhandener Satzung die neuen Bürgersteige hätten bezahlen müssen, wird eine wiedereingeführte Satzung kaum noch finanzielle Nachteile bringen. Arg zur Kasse gebeten werden könnten dann aber Anlieger aller drei Ortsteile, wo in den nächsten Jahren zahlreiche desolate Straßen, Brücken oder Stützmauern erneuert werden müssen. Aus diesem Grunde wird die IG-Strabs-freies Walkenried auch intensiv weiterarbeiten und insbesondere darauf drängen, dass die Strabs landesweit abgeschafft wird und die Einnahmeausfälle der Kommunen durch das Land übernommen werden, so wie dies bereits in neun Bundesländern umgesetzt wird.
Bernd Jackisch informierte über den aktuellen Stand der Strabs in Niedersachsen
Wie Bernd Jackisch, Regionssprecher des Niedersächsischen Bündnis gegen Straßenausbaubeiträge (NBgS) berichtete, ist das Bündnis der Mitglieds-Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften seit der Gründung 2018 von 16 auf aktuell 90 Initiativen mit einigen Tausend Unterstützern in Niedersachsen angewachsen. Unterstützt werde das Bündnis zudem vom Verband Wohneigentum, ASK BISS, Bund der Steuerzahler, Haus & Grund, Landvolk, Mieterbund, die damit ein riesiges Wählerpotential stellen. Von Seiten der Politik stehen auch die in vielen Kommunalparlamenten vertretenen Freien Wähler, die Linke sowie ganz besonders die FDP zu den Forderungen, die ungerechten und unsozialen Beiträge in Niedersachsen abzuschaffen. Untermauert, so Bernd Jackisch weiter, werden die Forderungen der FDP durch deren eigene Finanzierungsvorschläge bei der Aufstellung des Landeshaushaltes, wo die FDP jeweils 50 Mil. Euro zur Kompensierung der ausfallenden Beiträge der Bürger für die Kommunen im Land einstellt. Wie eine aktuelle Anfrage der FDP an die Landesregierung ergeben hat, haben die Kommunen in Niedersachsen im Jahr 2020 18 Mil. Euro an Straßenausbaubeiträgen von den Haus-und Grundstücksbesitzer eingenommen. Mit dem Betrag von 50 Mil. Euro könnten sowohl die Ausfälle der Strabs bei den Kommunen beglichen werden, auch wären in dem Betrag noch Zuschüsse für die rund 410 Kommunen im Land drin, die bereits aus eigener Kraft die Strabs abgeschafft haben. Mit Unterstützung des FDP-Ratsherrn Andre´ Grote aus Stade wurden in den letzten Monaten ua. weiterhin zwei landesweite Videokonferenzen, zwei Mailaktionen an alle Landtagsabgeordneten sowie eine Online-Petition mit rund 7500 Unterschriften organisiert. Wie der Regionssprecher in seinem Bericht zur aktuellen Lage und Tätigkeit der Strabs-Initiativen weiter ausführte, bewerteten zunächst die zahlreichen BI und IG des NBgS den Antrag des SPD-Ortsverbandes Bad Salzdetfurth an den Landesparteitag 2021, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, als sehr erfreulich. Dieser Antrag wurde auch an alle SPD-Ortvereine im Land verschickt, zusätzlich habe er als Regionssprecher des NBgS die SPD-Ortsvereine der Region um Unterstützung des Antrages gebeten. Aus dem Landkreis Göttingen stellten daraufhin die SPD-Ortsverbände aus Osterode, Walkenried und Bovenden ebenfalls Anträge an den SPD-Landesparteitag am 29. Mai in Hildesheim. Hier zeigte sich aber, dass offensichtlich die Interessen der Ortsverbände bzw. der Mitgliederbasis, vom Landesparteivorstand überhaupt nicht wahrgenommen werden. Ohne jegliche Beratung auf dem Parteitag wurden die Anträge bereits im Vorfeld von der Antragskommission abgewiesen. Wie dazu die SPD-Landespressesprecherin Vivien Werner auf Anfrage unter anderem mitteilte, würde eine landesseitige Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen, Kosten zwischen 100 und 200 Millionen Euro auslösen und hohe Einnahmeausfälle beim Land entstehen lassen. Diese Mittel wiederum fehlen in anderen wichtigen Feldern (Bildung, Sicherheit, Arbeits- und Wirtschaftsförderung). Wortgleiche Ausführungen erhielt das NBgS schon vorher von der SPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag Johanne Modder, die zeigen, dass die SPD-Landesspitze weiterhin eine landesweite Abschaffung ablehnt.
Ähnliche Antwort gab es bereits im April vom Landesvorstand Bündnis 90/Die Grünen. Wie unter anderem mitgeteilt wurde: „Wir halten es grundsätzlich für richtig, die Entscheidung, ob Straßenausbaubeiträge erhoben werden oder nicht, auf kommunaler Ebene zu treffen und setzen uns deshalb nicht für eine landesweite Abschaffung ein“. Wie der CDU-Landesvorsitzende Dr. Bernd Althusmann auf die Frage des NBgS: „Wen können wir bei den anstehenden Wahlen in Niedersachsen wählen, damit auch bei uns die Straßenausbaubeiträge endlich abgeschafft werden“, antwortete er auch äußerst ausweichend. Erst einmal, so Althusmann ua., werden alle wichtigen Themen bis zum Herbst des Jahres gesammelt und dann im Regierungsprogramm für die Landtagswahl 2022 zusammengefasst. Den Vorschlag die Strabs abzuschaffen, werde er gerne in die Diskussion mit aufnehmen.
"Null Stimmen für Strabs-Befürworter"
In Bad Lauterberg, so erläuterte Bernd Jackisch weiter, hat der Stadtrat am 25.3. dieses Jahres einstimmig eine Petition an das Land beschlossen um die Strabs landesweit abzuschaffen. Unerklärlich ist, allerdings warum die SPD, CDU und BI ihre im Vorjahr gestellten Ratsanträge zur Abschaffung der Beiträge wieder zurückgezogen haben.
Einzig die „Wählergruppe im Rat (WgiR)“ hat ihren Antrag zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung, der sogar alle Fakten der Petition beinhaltete, nicht zurückgezogen und auf eine Weiterbehandlung im Rat bestanden. Sie wollte ihren Antrag vertagen und weiter über diese Angelegenheit beraten, doch sowohl der Vertagungsantrag wie auch der Antrag auf Abschaffung der Straßenausbausatzung wurden von der Ratsmehrheit aus SPD, CDU und BI „abgelehnt“.
Anfangs dieses Monates, so Bernd Jackisch in seinen Ausführungen weiter, fand erstmals wieder eine landesweite Kundgebung der Strabs-Initiativen in Laatzen statt. Während SPD und Bündnis 90/Die Grünen ihre Teilnahme absagten, dafür die bereits allseits bekannten Stellungnahmen übersandten, konnte auf der Veranstaltung das MdL Rainer Fredermann (CDU), MdL Hermann Gruppe (FDP) sowie Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler begrüßt werden. Wie MdL Rainer Fredermann anmerkte, ist im Laufe der Zeit die Anzahl CDU-Abgeordneten, die für eine Abschaffung der Strabs stehen, gewachsen. Allerdings wird es zusammen mit dem SPD-Koalitionspartner keine Abschaffung geben. MdL Hermann Gruppe, zugleich auch Bürgermeister in Escherhausen erläuterte den Besuchern der Kundgebung, wie er in seinem Heimatort erfolgreich die Strabs abgeschafft hat. Er beteiligt bei Straßensanierungen die Versorgungsträger (Strom, Gas, Abwasser, Telefon), die ihre kompletten Gräben, einschließlich Oberflächen bezahlen müssen. Die Oberflächen werden im Zuge der Sanierung dann in einem Stück hergestellt mit der entsprechenden Kostenbeteiligung der Versorger. Auch müsse nicht immer ein Neu-oder Grundausbau der Straßen erfolgen, oft reiche die Erneuerung der Trag-und Deckschichten. Jan Vermöhlen, Referent für Haushalts-und Finanzpolitik bezeichnete in Laatzen die Strabs als Auslaufmodell, zu deren vollständige Abschaffung es keine Alternativen gibt, ua. weil der Preisindex Straßenbau und der Nominallohnindex inzwischen weit auseinanderklaffen und für die Beitragspflichtigen untragbar ist. Die bisherigen Reformen der Landesregierung bezeichnete er als „Rohrkrepierer“, da sie kaum Beitragserleichterungen bringen und zudem erst einmal in die örtlichen Satzungen aufgenommen werden müssen.
Bürgermeisterkandidat Lars Deiters stellte sich vor
Dem ausführlichen Bericht zur aktuellen Lage der Strabs folgte die Vorstellung des Bürgermeister-Kandidaten Lars Deiters, der von der Wählergruppe B.I.S.S. aufgestellt wurde. Nach seinen fachlich fundierten Ausführungen beantwortete der gelernte Verwaltungsfachangestellte, inzwischen Diplom-Verwaltungswirt, auch kompetent Fragen zum Thema Strabs, die auch nach seiner Meinung landesweit aus dem allgemeinen Steueraufkommen bezahlt werden sollten.
Bürgerreporter:in:Bernd Jackisch aus Bad Lauterberg im Harz |
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