Wenn jeder Schritt zur Qual wird - Endoprothetik – künstlicher Gelenkersatz

Röntgenaufnahme einer Knieprothese
  • Röntgenaufnahme einer Knieprothese
  • hochgeladen von Peter Doms

Liebe my heimat User. Aus aktuellem Anlass habe ich mich an einen Bericht erinnert, den ich vor vier Jahren einmal abgefasst habe. Ich habe damals festgestellt, dass viele Menschen, die in einer ähnlichen Situation waren wie ich, dem Problem Gelenkersatz relativ hilflos gegenüberstanden. Der Artikel ist in der in Uetze und Umgebung wöchentlich erscheinenden Zeitung „DZ“ abgedruckt worden. Später habe ich von vielen Seiten erfahren, dass die Leser über die „Aufklärung“ sehr erfreut waren und einige sich sogar auf Grund meiner positiven Erlebnisse endlich durchgerungen haben, den Schritt zu einer notwendigen OP zu wagen. Vielleicht kann ich ja auch dem einen oder anderen my heimat User auf diesem Wege helfen.

Was ist, wenn das Einfetten und Ölen des körpereigenen Tretlagers nichts mehr hilft und ein neues Knie oder eine neue Hüfte her muss?
Bei dieser wortwörtlich großen einschneidenden Maßnahme gibt es im Vorfeld natürlich viel zu überlegen. Ein zentrales Thema ist dabei sicherlich: Soll ich mich überhaupt operieren lassen, kann ich die OP trotz ständiger Schmerzen hinauszögern und vor allen Dingen, welchem Arzt oder Krankenhaus schenke ich mein Vertrauen? Auch ich habe mich im Vorfeld eingehend mit dem Thema beschäftigt und habe dabei festgestellt, dass letztlich doch noch viele Dinge erst bei der Nachsorge ins Blickfeld traten, über die es durchaus auch zu berichten lohnt. Da heute immer mehr Menschen altersbedingt nicht um den Einbau einer Endoprothese (TEP) im Knie oder in der Hüfte herumkommen, möchte ich gern meine selbst gemachten Erfahrungen weitergeben. Vielleicht können sie dem einen oder anderen ja hilfreich sein und seine Entscheidung positiv beeinflussen.

Die Gelenke
Dreh- und Angelpunkte unseres Körpers, vom Kiefer bis zum kleinen Zeh, sind unsere Gelenke. Sie verrichten täglich unmerklich ihren Dienst, bis sie sich eines Tages bemerkbar machen. Alle Gelenke haben eines gemeinsam: Sie bestehen aus mindestens zwei Gelenkanteilen, die sich gegeneinander bewegen. Die Gelenkkomponenten sind mit einer Knorpelschicht überzogen, damit die Bewegung möglichst reibungslos vonstatten geht.
Geschützt werden Gelenkknorpel und Gelenk durch die so genannte Gelenkkapsel, die zwei Funktionen hat: Sie verleiht dem Gelenk Stabilität und ihre innere Zellschicht produziert die Gelenkflüssigkeit (Synovia), die den Knorpel ernährt und elastisch hält und für eine geschmeidige, reibungsfreie Bewegung sorgt.
Während die Bänder das Gelenk stabilisieren, sorgen Muskeln und Sehnen für Bewegung. Wie ein Stoßdämpfer beim Auto kann ein geschmeidiger Knorpel die gewaltigen mechanischen Kräfte abfangen.
Die größten Belastungen müssen naturgemäß die Gelenke im unteren Teil des Körpers aushalten. Gerade beim Gehen und Laufen werden die Hüft- und Kniegelenke besonders gefordert. So können die Gelenke abwechselnd bis zum Sechsfachen des eigenen Körpergewichts belastet werden.
Regelmäßige Bewegung ist aber wichtig, da die Gelenkflüssigkeit gleichmäßig verteilt wird und eine Versteifung verhindert.

Wie kommt es zur Gelenkerkrankung?
Wenn man weiß, was die Gelenke alles leisten, ist es schon erstaunlich, das sie so lange Jahre gut funktionieren. Bei gesundem Knorpel und kräftiger Muskulatur werden hohe Belastungen ohne weiteres gut verkraftet. Was ist jedoch passiert, wenn jede Bewegung Schmerzen verursacht und selbst der Ruhezustand keine Linderung mehr bringt?
Der häufigste Grund für eine Gelenkerkrankung ist der chronische, degenerative Verschleiß des Gelenkknorpels. Er wird mit dem Fachbegriff „Arthrose“ zusammengefasst. Der Schaden am Gelenkknorpel ist in der Regel irreparabel, da dieser nicht in der Lage ist, sich neu zu bilden. Dadurch wird ein unaufhaltsamer Verschleißprozess eingeleitet.
Die Ursachen der Arthrose können sein: Überlastung, genetische Anlagen, Entzündungen der Gelenkschleimhaut durch Rheumatismus oder stoffwechselbedingte Durchblutungsstörungen. Ein Großteil der Arthrosen entsteht aber auch durch Verletzungen, Fehlstellungen und Fehlbildungen.
Mit fortschreitender Arthrose verliert der Knorpel seine Elastizität und die Fähigkeit zum reibungsarmen Gleiten. Die „Stoßdämpferfunktion wird nicht mehr erfüllt. Die Knochen reiben aneinander und es kommt teilweise zu Formveränderungen. Starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sind die Folge. Die schmerzfreien Gehstrecken werden immer kürzer und auch die Ruhephasen bringen am Ende keine Linderung mehr.

Röntgenaufnahmen bringen Gewissheit
Die krankhaften Veränderungen des Arthrosegelenkes lassen sich in einem Röntgenbild darstellen. Der Arzt sieht typische Veränderungen wie Verschmälerung des Gelenkspalts, wenn Knorpel defekt und aufgebraucht sind. Ultraschalluntersuchungen oder Computertomographie sind weitere Methoden.

Therapien
Es gibt verschiedene Therapiemöglichkeiten, die Knorpel- oder Knochenschäden nicht beseitigen, aber eine Operation hinauszögern können. Zu den konservativen Behandlungsmöglichkeiten gehören:
Durchblutungsfördernde Maßnahmen wie Fangopackungen, Heiße Wickel oder ähnliche Anwendungen, Kurzwellen oder Ultraschalltherapie.
Da Schmerzen Schonhaltung verursachen, werden Muskeln und Kapseln einbezogen. Es ist wichtig, das Gelenk weiter zu bewegen. Krankengymnastik kann hilfreich sein. Besonders empfehlenswert sind Schwimmen und Bewegungen im warmen Wasser, da eine schmerzhafte Gewichtsbelastung durch den Auftrieb entfällt. Auch das Fahrradfahren sorgt für eine ähnlich günstige Beeinflussung.
Bei Entzündungen können entzündungshemmende Medikamente verordnet werden.
Operativ kann z.B. am Knie auch durch Oberflächenbehandlung mittels Gelenkspiegelung eine vorübergehende Besserung erreicht werden.
Bei allen Therapien sollte man auf jeden Fall den Rat eines Fachmannes einholen, der aufgrund einer eingehenden Untersuchung entsprechende Verordnungen individuell erstellen kann. Wer den unzähligen Angeboten einschlägiger Zeitschriften nicht widerstehen kann und die versprochene Hilfe der dort angebotenen Produkte erwartet, wird in erster Linie die Linderung in seinem Portemonnaie spüren. In der Regel sind diese Produkte sehr teuer, werden nicht von der Krankenkasse ersetzt und entbehren oft jeder medizinischen Grundlage. Ein konkreter Erfolg ist jedenfalls medizinisch nicht nachzuweisen. Allenfalls der Glaube an die Erfolgsmeldungen angeblicher anderer Patienten lässt vielleicht kurzzeitig die Schmerzen als geringfügiger empfinden.
Umstritten sind auch die Erfolge von Spritzenkuren, die eine bessere Schmierung in den Gelenken versprechen. Auch diese Behandlungen sind eine sehr teure Angelegenheit, müssen ständig wiederholt werden und bergen natürlich die große Gefahr, dass in die Gelenke Bakterien eindringen können. Jeder Patient sollte sich dieser Risiken bewusst sein und seine entsprechende Entscheidung fällen. Aus meinem Bekanntenkreis und von Mitpatienten der Reha-Klinik sind vielfältige Aussagen zusammen gekommen. Als Tenor kann ich nur sagen, nur in den wenigsten Fällen sind tatsächlich längerfristige Erfolge aufgetreten. Dabei ist natürlich der individuelle Zustand eines Gelenkes zu berücksichtigen.

Wann ist nun ein künstlicher Gelenkersatz erforderlich, woraus besteht er?
Wenn alle konservativen Behandlungen ausgeschöpft sind, wird ihnen der Arzt den Einsatz eines künstlichen Gelenks empfehlen. Oberstes Ziel ist es dabei, die Schmerzfreiheit und die Wiederherstellung der Beweglichkeit mit einem optimalen Prothesensitz zurück zu gewinnen.
Die Gelenkprothese ist einer der größten orthopädischen Fortschritte des 20. Jahrhunderts. Allein in Europa werden jährlich 550.000 Hüft- und 230.000 Kniegelenke eingesetzt. 1891 entwickelte der Berliner Arzt T. Gluck das erste Kniegelenk aus Elfenbein. Heute sind Titan- oder Cobalt-Chrom-Legierung, Keramik und Kunststoff im Einsatz. Prinzipiell wird versucht, die Biomechanik des natürlichen Gelenkes bestmöglich nachzuahmen. Nach eingehender Untersuchung wird eine Operationsplanung durchgeführt, bei der Modell, Größe der Implantate und Art der Fixierung festgelegt werden. Alles wird auf die ganz individuellen Bedürfnisse abgestellt. Dabei spielen Alter, Geschlecht, Knochenqualität, Körpergewicht und nicht zuletzt die körperlichen Aktivitäten eine entscheidende Rolle.
Beim Hüftgelenk wird in der Regel das komplette Gelenk ausgetauscht. Es wird dabei die Gelenkpfanne im Becken ersetzt, ein Hüftschaft wird im Oberschenkelknochen implantiert und ein darauf gesetzter Kugelkopf sorgt dann wieder für die Rotation in der Gelenkpfanne.
Beim Kniegelenk werden die abgenutzten Knorpeloberflächen durch glatte Gewichttragende Oberflächen aus Metall und Kunststoff ersetzt.
Die Prothesen werden je nach Bedarf entweder einzementiert, geschraubt oder wachsen in die Knochen ein. Die künstlichen Gelenke halten in der Regel 12-15 Jahre. Entscheidende Faktoren für die Lebensdauer und Funktionsfähigkeit sind das Material der Gleitpaarung, die Knochenbeschaffenheit und natürlich die körperliche Beanspruchung.

Die Operation
Die Operationen gehören heute in den meisten Krankenhäusern zu den Routineeingriffen. Wenn man sich allerdings die vielfältigen individuellen Besonderheiten eines jeden Eingriffs vor Augen führt, liegt der Erfolg doch letztlich in der Kunst und Erfahrung des operierenden Ärzteteams. Hier stellt sich vielen Patienten die Frage, wo lasse ich mich operieren? Allgemein muss man dazu sagen, dass das sicher eine Frage des Vertrauens ist. Nicht jede „Modeklinik“, die sich vielleicht durch Fernsehberichte oder Artikel in Zeitschriften ins rechte Licht setzen will, kann auch tatsächlich den Erfolg garantieren und auch nicht jeder Professor ist ein guter Handwerker, sprich Operateur. Sicherlich ist auch Beständigkeit ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Man bedenke nur einmal die im Nachhinein üblen Experimente mit den Roboteroperationen beim Hüftgelenkersatz.
Ich hatte für mich entschieden, den Eingriff im benachbarten Krankenhaus in Lehrte durchführen zu lassen. Mit dem Chefarzt Dr. Buchartowski stand ein erfahrender Chirurg an der Spitze eines Teams, das bereits seit fast 20 Jahren mit dem Einsatz von Endoprothesen vertraut war. Dem jetzigen Chefarzt Prof. Dr. Fremerey geht ebenfalls ein guter Ruf voraus. Wie bereits angesprochen, ist vor allem Erfahrung und Operationskunst entscheidend. Beides ist hier meiner Ansicht nach im großen Maß gegeben. Jährlich werden etwa 350 Endoprothesen-Operationen durchgeführt. Auch die Erprobung des eingesetzten Materials ist längst abgeschlossen und auch hier lassen sich rückwirkend klare Aussagen zu Verträglichkeit und Lebensdauer machen. Ein wesentlicher Pluspunkt für das Lehrter Krankenhaus war für mich die Tatsache, dass in den vielen Jahren der Kniegelenkserneuerungen nicht ein einziger Fall bakterieller Entzündung aufgetreten ist. Weiter wichtig waren natürlich auch die Resultate der OPs sowie das Image eines Hauses. Aus meiner langjährigen Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer in den Regionskrankenhäusern habe ich natürlich ein gewisses Insiderwissen um die Qualität eines Hauses. Dieses und die vielen positiven Stimmen früherer Patienten, denen in Lehrte mit Knie- oder Hüftersatz geholfen wurde und natürlich meine eigene OP, lassen mich eine uneingeschränkte Empfehlung für dieses Krankenhaus aussprechen.
Die Operation erfolgt in Voll- oder auch vielfach schon in Teilnarkose. Vor- und Nachteile spricht der Anästhesiearzt vorher an und wählt mit Ihnen die entsprechende Methode aus. Die Operation selbst dauert zwischen ein und zwei Stunden. Danach wird man wieder in sein Krankenzimmer gebracht. Das eine derart große Operation nicht ohne Schmerzen abgeht, sollte klar sein. Aber Infusionen und Schmerzmittel helfen genauso über die ersten Tage hinweg, wie die überaus freundliche Betreuung durch das Pflegepersonal. Bereits am Tag nach der Operation beginnen in der Regel schon die ersten Mobilitätsmaßnahmen. Erste Schritte mit Gehstützen sowie weitere Bewegungsübungen durch das geschulte Personal der physikalischen Abteilung lenken eine frühe Mobilität ein und senken zudem in Verbindung mit Kompressionsstrümpfen das Risiko von Thrombosekomplikationen.
Im Übrigen hat man auch in der Reha-Klinik durchweg positive Stimmen zum Krankenhaus Lehrte gehört. Neben den Operationsergebnissen überzeugen auch die guten Allgemeinzustände in der Mobilität die dortigen Krankengymnasten.
Der Aufenthalt im Krankenhaus liegt allgemein zwischen acht und zwölf Tagen. Danach ist eine entsprechende Rehabilationsmaßnahme vorgesehen, die entweder ambulant oder stationär in einer Reha-Klinik durchgeführt werden kann. Der dortige Aufenthalt wird in der Regel drei Wochen betragen.
So schön der Aufenthalt bei seinen Lieben zu Hause auch sein mag und eine ordentliche Krankengymnastik vor Ort auch angeboten werden kann, bin ich der Meinung, dass man auf eine stationäre Unterbringung in einer Reha-Klinik nicht verzichten sollte. Angefangen bei der Ernährung (oft sollte mit der OP ja auch eine Gewichtsreduzierung einhergehen) über die täglichen gymnastischen Übungen in der Einzelbetreuung, in der Gruppe oder auch im wohltemperierten Bewegungsbecken, bis hin zu einzelnen Vorträgen, die über wichtige Verhaltensmaßnahmen informieren, hier wird alles aus kompetenter Hand ohne lange Wege unter einem Dach vollzogen. Nicht zu vergessen sind natürlich die Gesprächsmöglichkeiten mit anderen „Mitleidenden“ und die gemütlichen Stunden in froher Runde, die mit zu der erhofften schnellen Genesung beitragen.
Ich habe mir die Reha-Klinik (Salze-Klinik) in Bad Salzdetfurth ausgesucht und war mit der dortigen erstklassigen Behandlung voll zufrieden.
Ob die erfolgte Operation letztlich auch zu dem von Ihnen gewünschten Erfolg führt, ist dann am Ende allerdings ganz alleine Ihrem weiteren Engagement zuzuschreiben. Es ist ganz wichtig, die erlernten Übungen auch später noch täglich zu Hause zu wiederholen. Nur dann wird auch ein Zustand eintreten, der Ihnen nach einigen Monaten wieder das volle Leben, privat oder im Beruf, genießen lässt. Auch Sport ist wieder möglich. Gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Fahrradfahren, Wandern und Spazierengehen, Gymnastik oder auch Skilanglauf sind durchaus problemlos zu absolvieren. Vorsichtig sollte man schon mit extremen sportlichen Belastungen bei Squash, Tennis, allen Ballspielarten oder alpinen Skilauf sein. Eines sollte man allgemein bedenken: Die Aktivitäten bestimmen die Belastungen, denen das neue künstliche Gelenk ausgesetzt ist, und beeinflussen damit seine Lebensdauer.
Nach vierjähriger Erfahrung mit dem neuen Knie kann ich nur sagen, die Lebensqualität ist schnell zurückgekommen. Insgesamt gibt es im täglichen Ablauf kaum Einschränkungen.
Nun ist leider auch das zweite Knie an der Reihe. Einer OP im September sehe ich aufgrund meiner positiven Erfahrungen relativ gelassen entgegen.

Bürgerreporter:in:

Peter Doms aus Uetze

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