Wahlen ohne Wähler – Volksparteien ohne Volk
Christoph Raabs (ÖDP) fordert Regierungsparteien zum Handeln auf
Nach historisch niedrigen Wahlbeteiligungen bei den Landtagswahlen des Jahres 2014 (Brandenburg, Sachsen und Thüringen zwischen 48 und 53 Prozent) setzt sich dieser Trend auch in Hamburg mit knapp 57 Prozent fort. Gleichzeitig verlieren die ehemaligen Volksparteien SPD und CDU immer mehr an Rückhalt. Mit etwa 62 Prozent der Wählerstimmen haben, in Verbindung mit der niedrigen Wahlbeteiligung, nur noch etwa ein Drittel der Hamburger Wahlberechtigten ihre Stimme einer „Volkspartei“ gegeben.
„In Deutschland entwickelt sich ein wachsendes Potential dauerhafter Nichtwähler insbesondere in sozial schwächeren Schichten“, meint dazu Christoph Raabs, Mitglied des Bundesvorstandes der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP). Er verweist dazu auf eine Auswertung einer Allensbach-Umfrage zur Bundestagswahl 2013 durch Dr. Armin Schäfer vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Die Folge sei demnach ein fortschreitender „Legitimitätsverlust der Demokratie“.
Raabs sieht daher insbesondere die politischen Parteien in Zugzwang, die in Bund und Ländern Regierungsverantwortung tragen.
„Es reicht keinesfalls aus, wie unlängst vorgeschlagen, die Öffnungszeiten der Wahllokale zu verlängern, oder gar Abstimmungen per Internet erlauben zu wollen“, so Raabs. Überlegungen, neue Prozenthürden in Kommunalparlamenten einzuführen, seien ebenfalls kontraproduktiv. Auch die kürzlich von der CSU-Regierung in Bayern beschlossenen „unverbindlichen Volksbefragungen“ hätten reine Alibi-Funktion, und gaukelten Mitbestimmungsmöglichkeiten lediglich vor. Gegen die Parteienverdrossenheit helfe nur ein radikales Umdenken in der Politik, ist sich Raabs sicher. Mehr ernst gemeinte Bürgerbeteiligung zwischen den Wahlen, ein ehrlicher Wahlkampf, eine saubere Parteienfinanzierung ohne Sponsoring der Großindustrie, also eine Politik, die wirklich die Interessen der Bevölkerung vertritt, könne dazu beitragen, wieder mehr Bürger zu einer Teilnahme an Wahlen zu bewegen.
Unsere Demokratie werde angesichts des weltweiten Erstarkens antidemokratischer Kräfte derzeit auf eine harte Bewährungsprobe gestellt, so Raabs abschließend. Der von Nichtwählern mitunter zitierte Satz der amerikanischen Anarchistin Emma Goldman „Wenn Wahlen etwas verändern würden, dann wären sie verboten“ müsse deshalb dringend durch eine glaubwürdige Politik auf allen Ebenen entkräftet werden.
Bürgerreporter:in:Michael Falke aus Uelzen |
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