160 Jahre Troisdorfer Kaffeedynastie
Eine Rheinische Familiensaga
Da werden einige sicher erst einmal überlegen. Kaffee aus Troisdorf? Genaugenommen sogar aus Oberlar. Verwirrt?
Doch von Anfang an. Vor genau 160 Jahren, gründete das Unternehmen, Wilhelm Mertens, der in Spich als Bäcker arbeitete. Er war ein findiger Bursche und besorgte sich einen Kugelröster. Diesen betrieb er in einem Kolonialwarenladen, welche damals sehr in Mode waren. Heraus kam frisch gerösteter Kaffee, der von der Bevölkerung freudig angenommen wurde.
Seine Tochter Catharina Mertens heiratete später den Bäcker Johann Schmitz. Auch er machte sich die Kenntnisse um die Kaffeerösterei zu eigen und erbaute in Spich eine kleine Bäckerei mit Kaffeerösterei.
Er erkannte die Lukrativität hinter dem schwarzen Gebräu und ließ im Jahre 1909 eine separate Rösterei in Spich errichten. Er
nannte seine Rösterei, "Rheinische Kaffee -Röst-Werke Schmitz-Mertens und Co.Spich b.Cöln".
Auch sein Sohn Heinrich sprang auf den Zug auf. Er ging allerdings noch weiter und ließ eine "Malzfabrik" errichten. Dort wurde Kaffeeersatz , der sogenannte Malzkaffee produziert. Etwas was in den kommenden Kriegsjahren sicher von Vorteil war. Genau am 4.8.1914 , begann der Betrieb in Oberlar. Verzeihung, in Spich. Denn damals war der Ort, wo die Kaffeerösterei "Schmitz -Mertens", im nächsten Jahr seit 110 Jahren steht, Spich b.Cöln.
Durch spätere Gebietsreformen wurde sie dem Troisdorfer Ortsteil Oberlar zugeordnet.
Praktisch war die Anbindung an eine Eisenbahnlinie, die damals neben den Kaffeebohnen auch Kohle ans Werk brachte. Denn dieses wurde mir einem Kohleröster betrieben.
Ab 1925 übernahm Heinrich Schmitz komplett das Werk. Johann Schmitz zog sich aufs Altenteil zurück.
Um den Namen des bekannten Mertens Kaffees aufrecht zu erhalten, stellte die Familie einen Antrag auf Namensänderung. Seit 1929 gibt es nun den Doppelnamen Schmitz -Mertens.
Als besonders mutig kann man Heinrich Schmitz-Mertens hervorheben, denn er missachtete den Befehl der NSDAP in Oberlar, welche eine Zerstörung des Werkes angeordnet hatte. Gut so, denn heute steht dieses imposante Gebäude seit 2008 unter Denkmalschutz. Was wäre uns für ein Denkmal Deutscher Kaffeekultur verloren gegangen, hätte er den Befehl ausgeführt.
Leider verstarb Heinrich kurz nach Ende des 2.Weltkriegs. Doch die 4.Generation der Troisdorfer Kaffeeröster Familie stand schon in den Startlöchern.
Hans Schmitz-Mertens leitete ab 1946 die Geschicke des Werkes .
Er erlebte die Währungsreform und den erneuten wirtschaftlichen Aufschwung.
Die von Heinrich über die beiden Kriege erfolgreich produzierte Malz-bzw.Ersatzkaffee Produktion wurde eingestellt. Es florierte wieder der Bohnenkaffee, der duftend und röstfrisch in aller Munde war.
Der alte Kohleröster hatte ausgedient, man setzte fortan auf eine gasbetriebene Röstanlage. Der Duft der frisch gerösteten Kaffeebohnen zog durch Oberlar und Spich. Leider heute nicht mehr, denn neue Auflagen zu Filtersystemen verhindern dies.
Ab 1965 leiteten Hans und sein Bruder Werner das Werk zu neuen "Ufern". Man spezialisierte sich auf Großabnehmer, wie Bäckereien, Hotels , Firmen usw...Und das nicht nur im Raum Troisdorf/Köln, sondern vom Ruhrgebiet bis nach Franken. Eine weise Entscheidung, denn mittlerweile boomte der Kaffee in Deutschland. Die Konkurrenz war groß. Der Einzelhandel quoll irgendwann an Angeboten über. Schmitz-Mertens ging also den richtigen Weg. So konnte dieses Familienunternehmen 1999 an die 5.Generation übergeben werden.
Es begann die Zeit des Wolfgang Schmitz-Mertens, der die Rösterei in der heutigen Zeit mit viel moderner Technik betreibt. Dennoch beschäftigt er 15 Mitarbeiter und die grünen Kaffeebohnen werden nach wie vor in Jutesäcken angeliefert. Allerdings nicht mehr auf der Schiene , sondern mit Lastwagen.
Wolfgang Schmitz-Mertens geht aber trotz neuester Technik, auch ein Stück "Back to the roots!". So hat er seit einigen Jahren den Plan , Schmitz -Mertens Kaffee wieder zurück in die Geschäfte zu bringen. Im Raum Troisdorf ist dies bereits gelungen. Auch setzt er auf Onlinehandel, ist jedoch bemüht diesen Traditionskaffee wieder ins Alltagsleben der Menschen zurückzuholen. Auch der damals von Heinrich Schmitz -Mertens vertriebene Ersatzkaffee, ist wieder eine Option. Zwar nicht mehr als Malzkaffee, sondern mit Lupinen aus Uckendorf.
Uckendorf liegt quasi ums Eck, gehört aber schon zu Niederkassel. Leuchtend gelb blühen die Lupinenfelder zwischen Mai und Juli. Aus den kleinen Samen in der Schote der Süßlupinenpflamze wird der Lupinenkaffee hergestellt. Wichtig ist, es darf nur Süßlupine genutzt werden.
Interessant ist übrigens auch, wenn die grünen Bohnen von den Kaffeefrüchten geröstet werden, fällt eine Art Häutchen als Abfallstoff auf. Dieses wird jedoch nicht entsorgt, sondern wird an eine Papierfabrik geliefert, die es weiterverwenden. Das ist mal eine gute Idee und macht den Röstabfall somit zu einem nützlichen Produkt. Traurig ist allerdings, wir Deutschen sind das einzige Land mit einer Kaffeesteuer. Diese bringt dem Staat einen Umsatz von 1,1 Milliarden jährlich. Aber Deutschland ist nun mal ein Land der Kaffeetrinker. Damit stehen wir auf Platz 1, gefolgt von Platz 2 Wasser und Platz 3 Bier.
Auf einer Kaffeeverkostung wird übrigens wie bei einer guten Weinprobe auch, der Kaffee ein wenig im Mund behalten, nachdem er geschlürft wurde. Ja, ihr lest richtig. Kaffee wird bei der Verkostung geschlürft, damit sich die Aromen über Zunge und Gaumen entfalten können. In so einem Verkostungsraum findet man auch ein Spuckbecken. Selbsterklärend, nehme ich an. Ein echter Kaffeesommelier hat da an einem Verkostungstag reichlich zu tun.
Ihr seht hier im Beitrag ein Foto, welches ich bei einem Vortrag in der Rösterei, gemacht habe. Dieses zeigt zwei Kaffeebohnen, eine geröstet und eine ungeröstet. Ist sie geröstet kann man sie zerbeißen. Ungeröstet ist sie hart wie Stein. Denn die grüne Bohne ist eigentlich nur ein Kern. Durch die Röstung kommt es zu einer Vergrößerung der Bohne, wie bei Popcorn. Es formt sich nach dem First und Second Crack der Schlitz in der nun braunen Kaffeebohne heraus. Das ist sicher Musik in den Ohren eines Rösters. Übrigens, eh so eine Bohne überhaupt auf die Reise zu der Kaffeerösterei geht, vergehen bis zu 7 Jahre, davon reift sie alleine schon 6 Jahre.
Weltweit hat die Kaffeebranche ca.25 Millionen Beschäftigte.
In diesem Jahr feierte die Kaffeerösterei Schmitz-Mertens ihr 160 jähriges Bestehen. Die sechste Generation Schmitz-Mertens ist noch jung und doch besteht Hoffnung auf viele weitere Jahre Kaffee aus Troisdorf Oberlar. Oder wie die Alten sagen "Spich" oder "Spich bei Cöln".
Geehrt wurde die Familie zum 160 jährigen mit der Umbennung der Boschstraße, welche Standort des Unternehmens ist, in Schmitz -Mertens Straße. Das nenne ich mal eine Familiensaga, die es in sich hat. Real und nicht aus dem Fernsehen, sondern eben mitten im Leben. Unter uns!
Vielen Dank an Wolfgang Schmitz-Mertens, für die Einblicke in die Geschichte der Kaffeedynastie. Hilfreich war auch die Broschüre über das Traditionsunternehmen von Justin Schmitz-Mertens, der zur nächsten Generation der Familie gehört.
Bürgerreporter:in:Elisabeth van Langen aus Köln |
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