Das MUH und der Geist früher Kleinkunstjahre brillierten auf dem Hörbacher Montagsbrettl
Zu seiner Buchvorstellung “Vom MUH in die Ottobrunner Straß“ hatte sich Helmut Eckl nach der Premiere im Theater im Fraunhofer in München am 04. April 2016 ins Gasthaus Eder in Hofhegnenbeg geladen und begeisterte mit ewig jungen Größen und zahlreichen Anekdoten den restlos ausverkauften Saal bis zum tosenden Schlussapplaus.
Wer sich als hinterkünftiger bayerische Satiriker seit einiger Zeit darüber wundert, dass die Zukunft früher länger war, gastiert damit nicht von ungefähr in der inzwischen ältesten – seit seiner Gründung noch bestehende – Kleinkunstbühne Bayerns www.montagsbrettl.de und schlägt so gekonnt einen Bogen zu den damals angesagten Bühnen: Robinson (seine Lieblingsbühne), Song Parnass, KEKK, MUH und Drehleier, um launig zu schildern, was aus seiner Sicht so Alles los war.
Dazu hat er die ultimative Geschichte über den Beginn der Kleinkunst in München in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschrieben, abgerundet und angereichert mit Textbeiträgen von Bruno Jonas, Jörn Pfennig, Holger Paetz und Hanni Schmidt, sowie Interviews mit Fredl Fesl, Valerie McCleary, Ecco Meineke, Reiner Panitz, Holger Paetz, Konstantin Wecker, Michael Well, Sigi Zimmerschied, nebst Machern der Szene, wie Beppi Bachmaier, Birgitt Binder, Toni und Jakob Drexler, Jürgen Panitz, Susi Schneider, Susanna Ullmann und Werner Winkler.
Der Arzt und Hobby-Fotograf Alexander Früchte hat Helmut Eckl zahlreiche Fotos aus der Kleinkunstszene der 70er und 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts überlassen.
So gelingt das eintauchen in die 1970er und 1980er Jahre und ein nochmals erleben einer “super Zeit”, ein Miteinander ohnegleichen, herrlich und einmalig“.
Mit Kurzbeiträgen moderierte der Autor die jeweiligen Protagonisten an und zelebrierte einen Ausnahmeabend, den sich kein Kleinkunstfreund entgehen lassen und bei einer der Folgeveranstaltungen www.helmut-eckl.de möglichst nachholen sollte!
Klaus Michelfelder, Hausherr der ältesten Kleinkunstbühne des Allgäu, dem Altbau Irsee gab beredtes Beispiel dazu.
Nachdem das Naturtalent vom Stofferl seine Gastgeberwürdigung erfahren hatte, machen die Well-Buam aus dem Biermoos den Anfang und konnten über die Verbindung zur FFW Hausen augenzwinkernd davon berichten, dass der rührige Impresario des Hauses, Toni Drexler, nicht nur beständiger Lieferant für Ideen und Erfolge, sondern eben auch an den Tantiemen beteiligt sei und somit Alles hier längst aufgekauft habe.
Nachdem Hausen über einen Pannenaufenthalt Georg Friedrich Händel zum Hendldorf wurde, spielten die 3 Brüder ihr ganzes Können als Vollblutmusikanten bei dem von Bayern-Ei und Wiesenhof gesponserten, sowie mit den weltbekannten Barocktönen angereicherten 4-Satz Stück zum Feuerwehrjubiläum inkl. Marderschadeneinsatz am Kommandanten Audi aus.
Bissig wie zu Zeiten von Wackersdorf rappten sie gegen das bayerische Schulsystem und verhalfen dem Publikum nach dessen Refrainbeherrschen so zum kleinen Latinum.
40 Jahre bestens Erinnerung befindlicher Skandale ließen Sie gekonnt am geplanten Haus der bayerischen Geschichte Revue passieren und überspielten einen Hänger charmant durch Quetschentausch und Erläuterung der Steierischen.
Holger Paetz arbeitete sich an den Drohszenarien des Horst Seehofer ab, konstatierte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zu dessen Aussage, ihm zum VW-Abgasskandal kein Wissen unterstellen zu dürfen eine Allgemeingültigkeit, ehe er sich die Veganer vs. eigener Fleischeslust zur Brust nahm und scharfzüngig abrechnete.
Tofu ein Stück Lebenskraft fragte er ebenso entsetzt, als ihm die Vorstellungskraft fehlte mein eigen Fleisch und Blut vegan mit mein eigen Blatt und Stengel zum Ausdruck bringen zu können, denn schließlich könne er den Duft einer Metzgerei selbst bei geschlossener Ladentüre sehen.
Der Zither-Manä, gut damit leben könnend, von der SZ kürzlich als einer der Großväter der Kleinkunst genannt worden zu sein, definierte zunächst coole Zeiten, was auch Titel seiner aktuellen CD und Bühnenprogrammes ist. So rein gar Nichts von Großvater hatte es an sich, wie er dabei in bester Rockermanier auf dem Tisch stehend und nahezu unter dem Instrument liegend spielte oder sich später von der Bühne schwang.
Nur zu gut konnte man ihn sich als einfühlsamen Lehrer vorstellen und hätte ihn sich als eigenen, fürs Leben prägenden gewünscht, wie er von den Sturm und Drangjahren plauderte, welche auch das Helmut Eckl Buch festhält.
Weil’s ah net basst, schon wie bei den Well-Buam und vor Allem deren Besetzung, brachte er dann ein Klavierkonzert von Mozart auf der Zither dar. Weil der Wolferl ah a Hund woar, dat ihm de Wendung zum Blues scho daugn, seine Begründung dafür.
Virtuos auch sein Spiel auf der Mundharmonika, als er mit Blues, dem Rhythmus der schwarzen (Bayern CSU!) Südstaatendurch das Publikum ging, ehe dieses in die Pause.
Die Mehlprimeln eröffneten den zweiten Teil, nachdem Helmut Eckl aus dem Nähkästchen plauderte, wie Reiner Panitz nach miserabler Schulzeit und wenig erfolgreicher Kehre vom Vater für 2.000 Mark in die Musikschule Trossingen eingekauft wurde und er 10 wenig erfreuliche Jahre in dem nach seiner Einschätzung tristen Schwarzwaldstädtchen verbrachte.
Eine Hans-Albers-Parodie war auch eines der ersten Stücke, mit welchem sie im Song Parnass auftraten, wohin sie die in der Münchner Schellingstraße wohnende Cousine 1972/73
gelotst hatte. Geschichten von Motorrad fahrenden und auch sonst das Leben frönenden Senioren, sowie der Bahn und in erste Linie der Liebe – egal ob in Hessen, auf Weltreise im ICE oder von Horst dem Keiler – bestimmten den Auftritt und führten zu Erkenntnisse wie, dass die meisten Männer ihre Frauen verlassen würden, wenn sie nur wüssten, wie man die Koffer packt.
Jörn Pfennig war bei der ersten Buchpräsentation auch der erste Auftretende gewesen und hatte sein Publikum beruhigt, dass kein Dramaturg seinen Höhepunkt an den Anfang setzen würde, während er jetzt den Schluss des Abends bildete.
Konstantin Wecker hatte ihn, den einstigen Szenestar als überaus gutaussehend beschrieben, während ihm viel wichtiger war, dass seinerzeit Niemand reich werden, sondern Alle nur leben wollten, ganz im Gegensatz zum heutigen Sicherheitsdenken, bei dem 17bährige schon ihre Rente im Focus haben.
Seine Themen ging vom, als Jugendheimleiter endenden Transvestiten über den Fredl Fesl Klassiker, nach dem die Welt einen Vogel hatte, bis zur angesichts der Panama Papers brandaktuellen Erkenntnis, dass Alles anders wird, sich jedoch Nichts ändert, wenn er in einem 40 Jahre alten Song heute wie damals von Säulen der Gesellschaft berichtet, welche zu ihren Beulen werden und die Frage stellt: wer wird schon von Gettos reden, wenn soziale Brennpunkte gemeint sind?
Wie immer verabschiedete sich Helmut Eckl mit seinem schon legendären Gruß Bis bald und bleibns brav, wenns nicht anders geht, ehe sich alle Künstler zu einigen gemeinsamen Gstanzln auf der Bühne einfanden und Jörn Pfennig mit Rainer Panitz nahezu einen Poetry Slam improvisierten.
Helmut Eckl ist ein Urgestein der Münchner Kleinkunstszene, seine Lesungen führten ihn aber auch in die Welt: Berlin, Regensburg, Interlaken, Wien, Innsbruck und Hörbach. Er fungiert als Veranstalter des literarisch-satirisch-musikalischen Frühschoppens (jeden 1. Sonntag im Monat von September bis Mai), Mitinitiator des Poetenstammtisches (jeden letzten Montag im Monat), jeweils im Theater im Fraunhofer in München www.fraunhofertheater.de. 2011 hat ihm die Autorenvereinigung "Münchner Turmschreiber", deren Mitglied er ist, ihren Poetentaler verliehen.
Dass die heutige Zeit schneller vergeht als früher die Schulzeit, stellt er ebenso irritiert fest, als dass seine Freunde Immer depperter und die Schmerzen im linken Knie immer heftiger werden.
Der FC Bayern interessiert ihn nicht mehr und Liebesabenteuer sind für ihn inzwischen anstrengender als mit dem Radl über den Großglockner zu strampeln. Sein Hauptaugenmerk gilt den aktuellen Harnsäure- und Cholesterinwerten. Vergeblich wartet er auf die Weisheit des Alters. Wer dem Helmut Eckl in der U-Bahn einen Sitzplatz anbietet, wird niedergeschlagen.
Sein Erkenntnisstand ist: der Kampf Alt gegen Jung hat begonnen. Seine Rente wird er verteidigen bis zum letzten Gichtanfall. Es erscheint ihm unnötig, dass die Jüngeren so alt werden müssen, wie er schon geworden ist. Er weiß: wer mit den dritten Zähnen klappert, hat das Schlimmste noch vor sich.
Vor langer, langer Zeit traten in der einzigen Gastwirtschaft des 300 Seelen-Dorfes Hörbach, dem Gasthof Sandmeir, einige verwegene Musiker wie Rainer Panitz (später Mehlprimeln), Arthur Loibl, Fredl Fesl und Hansi Well (später Biermösl Blosn) und der bairische Poet Helmut Eckl auf.
Dieses weltgeschichtliche Ereignis war am Kirchweih-Montag, den 20. Oktober 1975. Geboren war das Hörbacher Montagsbrettl. Initiator war und ist bis heute der Hörbacher Toni Drexler, der schon bald darauf von seinem Bruder Jakob als Mit-Veranstalter unterstützt wurde. Ein paar Jahre später kam noch Harry Völk und zeitweise auch André Duez zum Veranstalterteam dazu.
Die Zahl der Interpreten ist lang: über 300 verschiedene Künstler und Gruppen sind hier aufgetreten, viele davon mehrmals. Und viele waren hier, bevor sie große Medienstars geworden sind. In der Gästeliste kann man viele bekannte Namen finden, z. B. die Biermösl-Blosn, Dieter Hildebrand, Ottfried Fischer, Helmut Eckl, die Mehlprimeln, Fredl Fesl, Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied, Andreas Giebel, Franz Hohler, Georg Ringsgwandl, Gerhard Polt und viele viele mehr.
Unter dem etwas abgenutzten Begriff “Kleinkunst” finden sich auf dieser kleinen Bühne Veranstaltungen aus den Genres Kabarett, Literaturlesungen, Theater, Entertainment, Comedy, Pantomime, Puppenspiel, Chansons, Liedermacher, klassische Musik, bayerische Volksmusik, internationale Folklore, Jazz, Volkstanz und vieles, für das es kein “Begriffsschachterl” gibt.
Die Intention des Hörbacher Montagsbrettls ist es, Kultur auf dem Land – auch außerhalb traditioneller Formen – zu ermöglichen. Dass dies möglich ist, auch ohne finanzielle Unterstützung durch die Kommunen ist seit nunmehr mehr als 30 Jahren bewiesen.
Ein Großteil der Veranstaltungen kann unter dem Aspekt “Auseinandersetzung mit der Heimat” gesehen werden. Einen Schwerpunkt des Programms bilden – neben einheimischen Interpreten – Musik- und Kabarettgruppen aus den Nachbarländern Österreich, Schweiz, Frankreich und Italien. In der Regel gibt es pro Monat eine Veranstaltung.
Schon früh gab es Gastspiele des Hörbacher Montagsbrettls in Gastwirtschaften der umliegender Dörfer: in der Schloßwirtschaft Weyhern, in der Sportgaststätte Althegnenberg und im Gasthof Drexl in Steinbach. Die Volkstanzabende sind seit jeher im alten Wirtshaussaal des ehemaligen Gasthofs Eder in Hausen bei Hofhegnenberg.
Dieses Kleinod unter den Kleinkunstbühne ist inzwischen weit über die Grenzen des Landkreises bekannt geworden mit einem großem Stammpublikum aus dem Großraum München-Augsburg. Im Jahr 2000 erhielt das Hörbacher Montagsbrettl den 1. Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung.
1993 gründete sich der gemeinnützige Förderverein Hörbacher Montagsbrettl e. V., der 2003 sich in “Hörbacher Montagsbrettl e. V.“ umbenannte und seit diesem Zeitpunkt als Veranstalter auftritt.
Alle 5 Jahre wurde und wird ein Jubiläumsfest veranstaltet, so 1980, 1985, 1990, 1995, 2000, 2005 und 2010. Das Kleinkunstfestival von 1990, 1995, 2000 und 2010 fand in einem großen Zirkuszelt am Ortsrand von Hörbach statt.
Erich Neumann, freier Journalist www.presse.ag
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© Bild: www.montagsbrettl.de CC – Buchcover “Vom MUH in die Ottobrunner Straß“
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Helmut Eckl präsentiert sein Buch im Hörbacher Montagsbrettl
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Well-Buam aus dem Biermoos
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Holger Paetz
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Zither-Manä rockt mit coole Zeid das Hörbacher Montagsbrettl
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Zither-Manä spielt Blues – den Rhythmus der schwarzen (Bayern CSU!) Südstaaten auf der Mundharmonika
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Die Mehlprimeln
© Bild: www.cmp-medien.de CC – Jörn Pfennig
© Bild: www.cmp-medien.de CC – gemeinsame Schluss Gstanzl
© Bild: www.br.de CC – Toni Drexler
Bürgerreporter:in:Erich Neumann aus Kempten |
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