Wenn aus Konkurrenten Verbündete werden
Motorsport ist mehr als Kämpfe um eine gute Zeit
Wenn aufgrund ausfallender Rennserien in diesem Jahr nur wenige Berichte über Erfolge geschrieben werden können, bleibt Zeit für Blicke in die Vergangenheit. Jeder Motorsportler hat mehrere Erlebnisse, die er nicht vergessen wird. Und dass ein besonderes Erlebnis nicht unbedingt ein Sieg sein muss, hat Sascha Rinne erlebt. Seit 28 Jahren ist er Mitglied im Stadthäger Motor Club e.V. im ADAC. Mit 8 Jahren begann seine motorsportliche Zeit im Jugend-Kartslalom, dann kam die Kart Rundstrecke und 2002 ging es mit dem Besitz des Autoführerscheins und einem eigenen Fahrzeug weiter. Zusammen mit Vater Wolfgang baute er seinen Austin Mini in DMSB Anlehnung für die British Car Trophy nach Gruppe H auf. Dabei steht H nicht für das Oldtimer Kennzeichen, sondern für das Reglement mit Vorgaben im DMSB Handbuch. Sicherheit steht im Motorsport ganz oben, und natürlich hatte auch Saschas Mini alles, was gefordert und sinnvoll war.
Himmelfahrt 2006 fuhr Sascha mit Eltern Marlies und Wolfgang zum zweiten Rennen der Saison zum Hockenheim Ring, noch guten Mutes, da das erste Rennen in Oschersleben schon vielversprechend gelaufen war. Ein Zeittraining und zwei Wertungsläufe sollten nun das nächste gute Ergebnis bringen. Aber schon beim ersten richtigen Vollgas geben im Zeittraining passierte es: auf der Start/Ziel Geraden beim Anbremsen auf die erste Kurve gab es einen lauten Knall! Das Kugelgelenk von der oberen Radaufhängung auf der linken Vorderseite war geplatzt. Dadurch hat sich die Vorderachse um sich selbst und um den Querlenker gedreht und auch die Zugstrebe ist abgerissen. Auch in der Sicherheitsfrontscheibe gab es durch den Knall einen geraden Riss, der aber das kleinste Übel war. „Das war es für heute, nun ist es schon vorbei, war nur noch mein Gedanke“, erzählt Sascha Rinne. Kurz danach musste auch sein erster Konkurrent wegen Problemen das Training abbrechen und aufgeben. Die British Car Trophy ist eine von fünf Rennklassen, die im „Kampf der Zwerge“ fahren und sich außer durch packende Rennen, Racing am Limit auch durch familiäre Atmosphäre auszeichnen. Und das bedeutet auch, dass Konkurrenten zu Kollegen werden und helfend anpacken. Durch die Baugleichheit der Minis bot nun der ausgefallene Konkurrent Sascha an, seine Teile als Ersatzteile zu nehmen, damit wenigstens einer von beiden noch weiter fahren kann. Gemeinsam wurde also geschraubt und geschwitzt. Auch die Lenkung hatte noch Schaden abbekommen, was bedeutete, dass der Motorträger abgesenkt werden musste und der komplette Vorderwagen auseinandergenommen werden durfte.
Alles sah schon gut aus, doch dann wieder ein Rückschlag. Die Antriebswelle war ebenfalls verbogen. Und Saschas Mini hatte eine besondere Version von verstärkten Wellen, die niemand anders im Fahrerlager zur Verfügung stellen konnte. „Die ganze Arbeit war umsonst und wir fingen an, unsere Sachen zusammen zu packen. Ein Zuschauer vor dem Zelt, der schon länger unsere Arbeit beobachtet hatte, fragte nach dem Grund dafür“, erinnerte sich Sascha. Es stellte sich nun heraus, dass dieser Mann ca 30 km entfernt in Heidelberg dieses Teil liegen hatte. Also wurde sich schnell ein Auto geliehen und die Antriebswelle geholt. Die nächste Katastrophe lies aber nicht auf sich warten: es war die falsche Seite. Ja, die andere hat er auch, aber noch eingebaut in einem Auto in seiner Halle….Also wieder nach Heidelberg, Welle ausgebaut, zurück zum Hockenheim Ring und weiter schrauben…die letzten Muttern wurden dann noch in der Startaufstellung zum ersten Rennen festgezogen.
Bei einem Starterfeld von über 70 Fahrzeugen im Wertungslauf blieb für Sascha dann der Platz irgendwo im hinteren Drittel, aber immerhin mit einem heilen Auto. Die ersten Runden fuhr er auch noch etwas ängstlich und zurückhaltend und mit einem Ohr im Motor und an der Radaufhängung. Aber schon im ersten Rennen war es ein Platz in den Top 10. Noch eine kurze Kontrolle und Abstimmung für das zweite Rennen und es konnte starten. Ein erfolgreicher 2. Platz belohnte Sascha dann für die viele Arbeit. „Diese sechs Stunden werden mir immer in Erinnerung bleiben. Auch wenn ich seit 2008 aus Zeitmangel als Fahrer nicht mehr starte, so besteht immer noch Kontakt zu vielen Leuten. Und mit meiner Familie bin ich als Zuschauer immer wieder auch bei den „Zwergenkämpfen“ dabei. Das lässt einen nicht wieder los“, sagt Sascha.
Der Mini ist immer noch in seinem Besitz und wartet auf den nächsten Renneinsatz. Wohl aber erst mit der nächsten Generation im Hause Rinne, wenn der siebenjährige Mads oder dreijährige Henry dann Spaß daran haben.
Bürgerreporter:in:Regina Tegeler aus Stadthagen | |
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