Peinlicher Fußnotenkrieg
Gestern traf ich einen guten Bekannten. Ich lud in auf eine Tasse Kaffee ein. „Aber lasse mich in Ruhe mit Golf und Guttenberg“, nahm er die Einladung an. Schon dampften die heißen Getränke in den Tassen. Nach anfänglichem Antichambrieren konnte er allerdings nicht an sich halten. Empörende Worte fand er für Karl-Theodor, die darin gipfelten, dass man den Adel verbieten solle.
Das hast du doch schon einmal in den letzten Tagen gehört, dachte ich. Ich wollte aber nicht noch mehr Öl in die Wogen gießen und erwiderte spöttisch: „Meinst du die Titel, die Adeligen oder beides?“ Er schien zu merken, dass seine Forderung daneben war. Denn, so führte ich weiter aus, allein mit der Abschaffung der Titel würde ich die Ex-Adeligen im Wesen nicht verändern.
Als ich dann gestern Abend die Nachlese der Bundestagsdebatte zu Guttenberg schaute und lauschte, traute ich Augen und Ohren nicht. Ein hagerer Lauterbach überschlug sich moraltriefend am Pult. Man muss sich den Lauterbach mit seiner Designerfrisur bildlich vorstellen: Haben sie ihn vor Augen? Kann, darf man ihn ernst nehmen?
Dann Trittin. Dieses Chamäleon der Politik tobte am Rande eines Herzinfarkts hinter dem Rednerpult, ein Mensch, aber auch ein Meister der Täuschung. Die beiden „Spitzenpolitiker“ führten sich auf, als habe Guttenberg jahrelang „unerkannt“ Hartz IV erschlichen und sei nun ertappt worden. Sühne, Sühne, skandierten sie. Und das angesichts drohender Bürgerrevolten in Nordafrika, mit ungeahnten Folgen möglicherweise auch für uns.
Mir als mündigem Bürger sind solche Schaukämpfe zuwider. Mit meinem Geld in der Tasche nutzen sie das Plenum des Bundestags gnadenlos zur Förderung von Eitelkeit und politischer Profilierung. Noch am Vortag tobte die sogenannte erste Garde der Oppositionsparteien über die Bildschirme. Allen voran Siegmar Gabriel. Und gestern? Gestern jagten sie die letzte Reserve vor das Hohe Haus – von Qualitätsmanagement haben Gabriel und Steinmeier anscheinend noch nichts gehört.
Für wie bescheuert halten die das Volk? Sind fehlende Fußnoten in einer Doktorarbeit wichtiger als alles andere auf der Welt? Guttenberg ist viel zu klug als das er in seiner Doktorarbeit die Kennzeichnungspflicht bewusst oder vorsätzlich missachtet hätte. Der Mann hat Etikettenschwindel nicht nötig. Aber er stand zu seinen Fehlern öffentlich ein. Und zwar unmittelbar und sofort gab er zu, dass er aus Schlampigkeit „fremd“ gegangen sei. Dies derart offen zuzugeben, hat noch kein Politiker vor ihm geschafft. Ist er deshalb noch verdächtiger als verdächtig?
Ich ziehe meinen Hut vor dem Mann, der unseren Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr ihr Selbstbewusstsein zurückgegeben hat. Ich zeige meinen Respekt vor jenem Fehlbaren, der seine „Sünde“ eingestanden hat. Ganz sicher wird er sich dadurch nicht in den Zustand der wissenschaftlichen Unschuld zurückversetzen können. Aber er hat Maßstäbe gesetzt für alle Politiker und auch für jene, die sich dafür halten.
Das musste mal gesagt werden.
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
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