Kernkraftwerk Grohnde: Eine Ära geht zu Ende
Freitag, 31. Dezember 2021, 14.30 Uhr: Ich fahre zum Kernkraftwerk Grohnde an der Weser. Heute soll es vom Netz gehen. Unwiederbringlich. Als ich mich dem Kraftwerk auf dem rechtsseitigen Weserufer nähere, sehe ich nur noch leichte Dampffahnen aus den Kühltürmen weichen. Das ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Reaktor heruntergefahren wird.
Das Kernkraftwerk Grohnde ist eines der drei Leistungsbringer, für die heute am 31. Dezember 2021, der „shut down“, also die Stilllegung, politisch angeordnet worden ist. Warum? 2011, also mit der Reaktorkatastrophe im 9.000 Kilometer entfernten Kernkraftwerk Fukushima in Japan, sind die deutschen Kernkraftwerke von der Politik unter Angela Merkel in Haft genommen worden. Obwohl ein eigens bestellter Sachverständigenrat die sicherheitstechnische Zuverlässigkeit aller deutschen Kernkraftwerke bestätigte, wurde der schrittweise Ausstieg aus dieser Technologie beschlossen.
Ende 2022 sollen dann die letzten drei „Atommeiler“ (Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2) abgeschaltet werden. Damit werden die letzten „nuklearen Feuer“ erloschen sein. Deutschland ab 2023 ohne „Atomstrom“? Die Politik hatte seriöse Hinweise genug, ältere Kohlekraftwerke statt der Kernkraftwerke vom Netz zu nehmen, um auf diese Weise Millionen von Tonnen an CO2 einzusparen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die verbliebenen Anlagen, einschließlich jener, die heute vom Netz genommen werden, sich in sicherheitstechnischem Top-Zustand befinden. Aber die Politik will im Plan bleiben. Bis 2030 (idealerweise), so der Jamaika-Koalitionsvertrag, sollen auch die Feuer in den Kohlekraftwerken erloschen sein. Bis dahin wird weiterhin CO2 aus deutschen Kohlekraftwerken in die Luft geblasen.
Gewiss ist, dass der Strombedarf in den nächsten Jahren enorm wachsen wird. Der größte Wachstumstreiber wird die Elektromobilität sein. Bis 2030, so das politische Kalkül, sollen achtzig Prozent des Strombedarfs aus regenerativen Energien stammen. Aber das ist nur eine Prozentzahl. Denn Wind und Sonne richten sich nicht nach dem tatsächlichen momentanen Stromverbrauch – wenn die Sonne nicht scheint, oder die Moduln mit Schnee bedeckt sind oder kein oder nur mäßiger Wind weht, gibt es kaum Strom aus diesen Quellen.
Der massive Ausbau erneuerbarer Energien wird nicht reichen, warnen bereits energiewirtschaftliche Experten. Es müssen neue Gaskraftwerke gebaut werden, um den Strombedarf zuverlässig decken zu können, sagen sie. Also wird Deutschland zunehmend auf Stromimporte angewiesen sein. Denn wir haben heute die Situation, dass Deutschland über keine großtechnischen Massenspeicher verfügt. Auch wenn Fachleute den Ausbau von Speichertechnologien immer wieder von der Politik forderten. Wir können nicht einmal überschüssigen Wind- oder Solarstrom in eigenen Speichern bis zum Bedarf zwischenlagern. Stattdessen werden Überschüsse buchstäblich ins Ausland „verklappt“ bzw. verramscht. Und das wird mit fortschreitendem Ausbau der Wind- und Solarenergie sogar noch kritischer.
Die Sicherheit und Preiswürdigkeit der Stromversorgung, wie wir sie hierzulande bis zum Jahr 2000 kannten, gibt es nicht mehr. Und die Stromimporte (Kernenergiestrom aus Frankreich, Kohlestrom aus Polen oder Tschechien) werden die Börsenstrompreise in die Höhe treiben. Die Strompreise werden also von der Strombörse gemacht: Die Nachfrage bestimmt den Preis. Oder: „Wat den eenen sien Not is'n annern sien Brot"
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
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