Energie-Versorgungssicherheit – die Stunde der Wahrheit
Kommentar zum Artikel „Der nächste Winter könnte dunkel werden“ Seite 11, HAZ 5. März 2022
Es macht heute keinen Sinn, auf Vergangenheitsfehler hinzuweisen. Es gab immer wieder fachlich fundierte Hinweise darauf, dass infolge der Abschaltpolitik von Kern-, Kohle- und Gaskraftwerken es mit der Stromversorgung eng werden könne, zumal es keine großtechnischen Speicher für „Grünen“ Strom gäbe. Diese Hinweise wurden als fundamentale Kritik an Ausbauzielen der Erneuerbaren und den Klimazielen abgewertet, ja, abqualifiziert.
Nun hätten wir eine "Zeitenwende" in der europäischen Geschichte, so der Bundeskanzler in der Sondersitzung am 27. Februar im Deutschen Bundestag. Seiner Bilanz ging der Überfall auf die Ukraine durch die Russen voraus. Scholz Vortrag war schonungslos, seine Ankündigungen vor vollen „hohen Haus“ wurden durch die Bank weg per Akklamation begrüßt.
Dass aus der Ukraine-Krise eine Energie-Krise in Deutschland werden würde, war allen schnell klar. Denn unsere Abhängigkeit von russischen Gas-, Kohle- und Ölimporten war im Zusammenhang mit den Klimadiskussionen hierzulande schon länger bekannt.
Robert Habeck brachte es aktuell auf den Punkt „Versorgungssicherheit im Zweifel wichtiger als Klimaschutz!“ Und er brachte auch eine mögliche Laufzeitverlängerung für die Kern- und Kohlekraftwerke ins Spiel und erntete dafür Kritik nicht nur aus eigenen Reihen.
„Die Bedeutung der Energiesicherheit erfährt eine neue Priorität“, rief Finanzminister Lindner den Abgeordneten im Bundestag zu. Erneuerbare Energien würden uns von Abhängigkeiten lösen, so Lindner. Deshalb seien sie „Freiheitsenergien“.
Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer meldete sich per Twitter zu Wort: „Fossile Energien zerstören nicht nur Lebensgrundlagen. Sie finanzieren auch Putins Krieg gegen die Ukraine & machen uns erpressbar. Energiepolitik ist Sicherheitspolitik.“ Deutschland müsse jetzt noch früher auf erneuerbare Energien setzen, wird sie von der „Deutschen Welle“ zitiert.
In der Stunde größter „Energienot“ und in der Sache sind sich alle einig: „Wir haben ein großes Problem!“ Allerdings steht zu befürchten, dass mit dem hoffentlich baldigen Ende der russischen Invasion in der Ukraine, überkommene Positionen wieder eingenommen werden.
"Atomenergie ist wie ein Flugzeug ohne Landebahn", titelte die Süddeutsche Zeitung am 27. Mai 2010. Heute müssen wir uns fragen: „Wo sind die Landebahnen (Speicher) für die Erzeugungsspitzen der Erneuerbaren?“ Deutschland musste 2018 rund 50 Milliarden Kilowattstunden überschüssigen Ökostrom statt ihn speichern zu können, ans Ausland entweder zu Schleuderpreisen oder kostenlos abgegeben. Klappte das nicht, wurden Windräder abgeschaltet. Dafür erhielten die Betreiber Ausfallentschädigung.
Großtechnische Speicher für die Überproduktion aus Erneuerbaren in Sicht? Fehlanzeige! Aber wie soll die Energiewende dann funktionieren? Auch wenn Pumpspeicherkraftwerke als unwirtschaftlich klein geredet werden, sie könnten schneller gebaut werden, als eine Wasserstoffinfrastruktur, die die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik insgesamt garantieren kann. Man muss es nur wollen! Das allein wird jedoch kaum reichen. Denn darüber hinaus brauchen auch Kraftwerke, die bei längeren Dunkelflauten zur Verfügung stehen, die beispielsweise konventionell mit Erdgas bzw. Wasserstoffs betrieben werden können.
Ich finde, Politiker haben nun genug an Versorgungskonzepten gebastelt, Windenergie im Norden, Solarenergie im Süden und zwischendurch Biogas, ganz zu schweigen vom „Süd Link“, haben uns bis heute nicht weiter gebracht. Was wir jetzt brauchen ist energiewirtschaftlicher Sachverstand. Hierzulande ruht ein gewichtiges Pfund an fachlicher Expertise im Fundus der Ingenieure, Physiker und Energiewirtschaftler – allesamt ehemalige Mitarbeiter in Energiewirtschaft, Industrie und Forschung. Mit diesen Damen und Herren könnte frei von Ideologien ein zukunftssicheres Versorgungskonzept entwickelt werden, das flexibel, realistisch und deshalb rasch umsetzbar ist.
Noch haben wir das Glück, Stein- und Braunkohlekraftwerke zu haben. Ihr baldiges Ende ist hierzulande aus Klimagründen politisch beschlossen. Da sie systemrelevant sind, sollen sie am Netz bzw. in der Reserve bleiben, bis ........????.
Dass die Öl- und Gasversorgung nun auf eine breitere und sichere Lieferbasis gestellt werden muss, ist sicherlich ein Gebot der Stunde. Was die Steinkohle angeht, so sind Australien, Südafrika, USA oder Kanada wie in der Vergangenheit verlässliche Partner. Was die Stromversorgung angeht, so sollten die Politiker mit den Erzeugungssystemen, die uns jetzt noch zur Verfügung stehen, sorgfältig umgehen.
Gleichwohl: Wir müssen handeln. Jetzt. Reserven sichern und Speicher bauen.
Bürgerreporter:in:Friedrich Schröder aus Springe |
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