Der Kreuzweg im Ahrntal (Südtirol) - Einleitung

Der Blick auf den Weg hinunter nach Sand in Taufers, den wir bis zum Nachmittag bis St.Johann geschafft haben wollen, weil dann dort der letzte Bus wieder nach Bruneck abfährt
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  • Der Blick auf den Weg hinunter nach Sand in Taufers, den wir bis zum Nachmittag bis St.Johann geschafft haben wollen, weil dann dort der letzte Bus wieder nach Bruneck abfährt
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Der Kreuzweg im Ahrntal (Südtirol) - Einleitung

Lassen wir uns einladen zum Nachdenken - über "Gott und die Welt" - über Dich und mich und über die Menschen neben uns.

Von 1973 bis 1991 waren wir zwei in jedem Jahr mindesten einmal zu Gast in Südtirol, mindestens für drei Wochen, bis auf eine Ausnahme jedes Jahr in dem selben kleinen Dorf hoch droben auf 1.400 Meter Höhe - weit über dem Tal der Rienz.
Schon damals war es unser Standart, im Urlaub auch Pause vom Autofahren zu machen.
Und 1983 sollte uns eine Fahrt mit Linienbussen (2x umsteigen) über Bruneck und Sand in Taufers nach Kasern im Ahrntal bringen. Einer der vielen im Handel erhältlichen Reiseführer versprach uns dort eine "sehenswerte" Wallfahrtskapelle mit einem wahrlich in die Weltgeschichte reichenden Hintergrund.
Und wir ahnten nicht, dass wir dort auch einen ganz neu errichteten und ausgestatteten Kreuzweg finden würden.
Kasern ein unbedeutender Flecken auf der Landkarte, die Höhe beträgt dort unspektakuläre 1600m und der eher wie ein Einschnitt wirkende Talboden ist schon karg zu nennen. Es gab eine Zeit, in der hier oben Erze abgebaut wurden - mühevoll und nicht im geringsten der Gesundheit der Bergleute zuträglich. Es gibt noch Relikte aus dieser Zeit, die auch besichtigt werden können. Und damals auf dem großen Parkplatz, wo auch Linienbus für seine Rückfahrt wenden musste, war eigentlich das Ziel erreicht, besagtes Heilig-Geist-Kirchlein. Mitten im September schon im Bergschatten des Mittags gelegen. - Aber es auch war ein Weg zu erkennen, der noch weiter hinauf führte, markiert. Ein Blick auf die Karte benannte den Pass am Ende des Weges - wir waren unvorbereitet und so gar nicht in Form für einen Aufstieg nach 2200m, aber seltsames Zeug in der Landschaft machte mich neugierig. ich ging vom Weg ab auf die Weiden und dann kam der Schrecken direkt greifbar als Fund- und Bruchstücke zu mir. Metallsplitter, Achsfedern von ehemals größeren Fahrzeugen, eine nahzu komplette Bohle aus Holz und Eisen und daran ein Nummernschild mit dem eindeutigen Kennzeichen eines Wehrmachtfahrzeuges (WH) der Deutschen Truppen, die hier einem idiotischem Befehl folgend die unmittelbar nahe Grenze zu Österreich verteidigen sollten. - Später erzählte mir eine ältere Frau aus Prettau, dass es fürchterlich gewesen sei, was sie als Kind aus der Zeit in Erinnerung habe. Mehr mochte sie nicht sagen!

WAS FÜR MENSCHEN SIND ES,
DIE SOLCHE BEFEHLE GEBEN,
AN DEREN ENDE MENSCHEN
GETÖTET WERDEN?

Wir hatten uns vorgenommen, nach dem Besuch des kleinen Kirchleins den parallel zur Straße führenden Wanderweg bis St.Johann herunter zu gehen. Wir ahnten, es würde ein sehenswerter Gang durch eine beeindruckendes Tal - und so kam es dann auch.

Doch zunächst das Kirchlein "Heilig Geist"

Heilig Geist ist ein ehrwürdiger, durch die Geschichte und den Glauben vieler Generationen geheiligter Ort. Man weiß nicht genau, wann hier das erste Kirchlein errichtet wurde für die vielen Reisenden, die vor allem den Krimmler Tauern als Übergang in den Pinzgau und nach Salzburg benützten.
Gesichert scheint für die Forschung, dass der Brixner Bischof Kardinal Nikolaus Cusanus im Jahr 1455 die Kirche und einen Friedhof geweiht hat. Dieser Freidhof war nötig für die Menschen, die bei der Überquerung der Alpen erfroren oder sonst wie zugrunde gegangen sind,
und dann auch für die Bergknappen des Prettauer Kupferbergwerks.
Schon um 1500 wurde die Kirche vergrößert. In den 1970er Jahren sind umfangreiche Restaurierungsarbeiten durchgeführt worden. Leider musste man aus Sicherheitsgründen die Kunstwerke entfernen. Selbst das Wallfahrtsbild wurde für einige Jahre sichergestellt, kam aber 1981 wieder in die Kirche zurück, geschützt durch einen Panzerschrank und in seiner Bedeutung hervorgehoben durch einen Strahlenkranz.

------------- Das Kreuz -----------------

Bekannt in dieser Kirche ist das durchschossene Kreuz. Vor etwa 200 Jahren stand es auf der anderen Seite der heutigen Straße beim Prastmann-Hof. Ein Schütze soll auf dem Weg zum Preisschießen im Pinzgau daran seine Treffsicherheit erprobt haben. "Dreimal traf er den Gekreuzigten freventlich. Dafür erhielt er den ersten Preis, einen Stier, und führte in freudig heim. Als er beim Kreuz vorbei ging, soll das Tier wildgeworden sein und den Schützen getötet haben."

Und dann gab es für uns eine seltsame Begegnung in dieser Kirche, die zu dem gehört, was ich "meine Geschichten" nenne, weil sie mir wichtig geworden sind, gewissermaßen prägend! - und sie gehört den oben schon beschriebenen Funden für die berühmte "Faust auf's Auge" - auch weil sie noch immer weh tut.

Wir beide stehen in diesem Kirchlein, schauen uns um und entdecken und staunen, wir reden leise, weil die Ausstrahlung der Kirche dazu irgendwie auffordert, wir sind lange Zeit allein. Die Tür hinter uns steht offen und so bekommen wir gar nicht mit, dass noch jemand herein gekommen ist.
Nach einer Weile kommt dieser Mann zielgerichtet auf uns zu und brüllt uns geradezu an - benutzt dazu ausschließlich die italienische Sprache...
Ich verstehe genauso wenig, wie meine Frau, weil zu der Zeit es in Südtirol ohnehin verpönt war, auch nur einen Fetzen Italienisch zu sagen (dazu könnte ich jetzt schon wieder vieles erzähle). Ich versuche mit der typischen Handbewegung und dem dazu gehörenden "pssst" den Mann zu beruhigen und sage erst auf Deutsch, dass ich leider kein Wort verstanden habe und dann wiederhole ich es mit der gestelzten Formel "no italian io tedeski" - ob es richtig war oder falsch, er hatte es aber sowas von verstanden und für drei einhalb Sätze konnte er mit einem herrlichen Akzent auf einmal selber Deutsch sprechen, und wir erfuhren: Ihr seit hier in Italien und hier wird gefälligst italienisch gesprochen! Der dann folgende Satz begann zwar mit deutschen Worten ging aber für uns ohne einen Sinnzusammenhang ins Italienische über... und der Mann verschwand immer noch wütend!

Der dann von eingeschlagene Wanderweg tat sich überraschend als Kreuzweg auf - nur dass wir ihn in die falsche Richtung gingen und wir durften von Station zu Station wirklich Nach-Denkende werden, denn es waren ungewohnte Darstellungen, wie sich in den kommenden Folgen noch zeigen lässt.

An dieser Stelle soll jedoch schon auf den Hintergrund eingegangen werden, weil er mir wichtig erscheint. Ich habe dazu aus dem später in einer Buchhandlung gefundenen Pilgerbüchlein, den Text abgeschrieben:

~~~~+ Zitat Beginn +~~~~

Bei einer Dekanatskonferenz im Jahre 1978 haben die im Tauferer-Ahrntal wirkenden Priester beschlossen, Heilig Geist in Prettau als Wallfahrtsort aufzuwerten, um zu verhindern, daß diese Stätte des Gebetes nach und nach zum touristischen Rummelplatz herabsinkt. Diese Anregung hat der Ausschuss des Jugenddienstes aufgegriffen und 1981 auf einem Teilstück des uralten Tauernweges einen Kreuz­weg errichtet, von dem in diesem Büchlein die Rede sein wird.
Im Jahre 1982 wurden erstmals Wallfahrtstage in Heilig Geist veran­staltet. Es sind dies Tage des Gebetes und verschiedener religiöser Feiern, die in Zusammenarbeit mit der Pfarre Prettau von anderen Pfarreien des Dekanats oder Jugendgruppen veranstaltet werden. Diese Tage fanden ein großes Echo bei der Bevölkerung des Tales und auch außerhalb desselben.
Für das Heilige Jahr 1983/84 wurde Heilig Geist unter jene Stätten des Gebets eingereiht, an denen der Jubiläumsablass gewonnen wer­den kann. Das wird einen neuen Zustrom von Wallfahrern geben, die in Gruppen und einzeln kommen, um inmitten dieser Bergwelt an einer traditionsreichen Stätte zu beten.
Für die Menschen, die aus religiösen Gründen diesen Wallfahrtsort besuchen, also für Wallfahrer, habe ich diese Zeilen verfasst. Sie sollen eine Anregung zum Beten sein und ein weiterer Anstoß. Heilig Geist als Wallfahrtsort aufzuwerten.
Schließlich möchte ich noch danken: Der Pfarrgemeinde Prettau mit ihrem Seelsorger und den Kath. Jugendgruppen des Tales, die sich vorbildlich für den Wallfahrtsort einsetzen. Vor allem aber sei jenen Menschen gedankt, die in Heilig Geist beten und so diesen Ort heiligen.
Leo Munter
Taufers i.P, im Juli 1983

Zum Kreuzweg
Der Kreuzweg von Kasern nach Heilig Geist ist eine Gemeinschafts­arbeit der Kath. Jugendgruppen folgender Pfarreien: Gais, Lappach, Taufers i.P., Luttach, Weißenbach, St. Johann i. A, Steinhaus, St. Jakob, St. Peter und Prettau.
Der Jugenddienst des Dekanats Taufers hatte die Aktion gestartet und im Winter 1980/81 durchgeführt. Im Herbst 1981 wurde der Kreuz­weg anläßlich der jährlichen Fußwallfahrt der Dekanatsjugend von Weihbischof Msgr. Heinrich Fohrer geweiht. An der Planung war vor allem der Absolvent der Ahrner Schnitzschule, Gottfried Lamprecht, beteiligt. Er ist derzeit als Missionshelfer in Kamerun tätig. Geschnitzt wurde der Kreuzweg von 13 verschiedenen Jugendlichen. Einen von ihnen, den Schöpfer der XV. Station (Anm: Auferstehung und Text dazu "Tod, wo ist dein Sieg?") möchte ich namentlich erwähnen. Es ist Hartmann Daverda, aus Prettau, der leider durch einen Berg­unfall auf der nahen Rötspitze im Alter von 20 Jahren den Tod fand. Als Christen hoffen wir, dass die Darstellung dieser Station, die er mit viel Liebe und aus christlichem Geist geschaffen hat, für ihn zur Wirk­lichkeit geworden ist.
Es sei noch auf die Art der Darstellung hingewiesen: Die Jugendlichen, die diesen Kreuzweg geschaffen haben, wollten Christus und die an­deren Personen ganz in unsere Zeit hereinstellen und haben das auch in der Kleidung betont. Ein Teil der Stationen dient als Hintergrund für einige brennende Probleme unserer Zeit, die jeweils auf dem Kreu­zesbalken angedeutet sind. Die Stationen tragen nicht die übliche Überschrift, sondern es wurde zu jeder Station ein passendes Wort aus der Heiligen Schrift gewählt.
Da die Errichtung dieses Kreuzweges eine Sache der Jugend sein sollte, sorgten die einzelnen Jugendgruppen auch für die Finanzierung, wobei sie in erster Linie bei den Jugendlichen sammelten. Die Jugend­lichen haben durch diese Aktion einen dankenswerten Beitrag gelei­stet, um aus dem altehrwürdigen Tauernweg einen echten Wallfahrer­weg zu machen.
Der Kreuzweg war beim Bekenntnistag der Jugend in Taufers im Mai 1981 ausgestellt, und hernach schrieb unser Diözesanbischof Dr. Jo­seph Gargitter dazu: „Möge der Kreuzweg, der mit viel Opfersinn und Hingabe von den einzelnen Gruppen erstellt worden ist, für die ein­heimische Bevölkerung des Tales und für die Gäste eine wirksame Stütze sein auf ihrem Weg zu Gott".

~~~~+ Zitat Ende +~~~~

Lassen wir uns einladen zum Nachdenken - über "Gott und die Welt" - über Dich und mich und über die Menschen neben uns.

Bürgerreporter:in:

Christel Pruessner aus Dersenow

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