Nimm nur mit, was du tragen kannst - Schreibwerkstatt Loccum
Was hatte ich mit, auf der denkwürdigen Herbstwanderung auf der Insel Korsika? Am Nachmittag wollte ich ja zurück sein!
Nur kleiner Rucksack mit Plastiktrinkflasche und zwei Scheiben Brot.
Gut eingelaufene Halbschuhe! Es war warm. Trotzdem lange Hose, die sich beim Kampf durch fast weglose Macchia bewährte. Endlich den bezeichneten Weg gefunden! Markierung aber spärlich. Nach Erreichen des 1. Gipfels wieder zurück. Zwischendurch Brombeeren gepflückt. Doch die Markierung wird schlechter. Der Weg zurück ist endlos.
Schließlich erreiche ich einen 2. Gipfel. Von dort kann ich den Küstenstreifen sehen. Die Pause tut gut!
Die Sonne versinkt langsam im Meer und zaubert rötliche, sich wandelnde Farben. Ich fühle mich eins mit der Natur und bin glücklich!
Doch nun der weglose Abstieg. Im Tal sehe ich Rauch aus dem Schornstein eines einsamen Hauses aufsteigen. Dorthin mußte ja ein Weg führen. Ich habe Angst, bei meinen Sprüngen über Stock und Stein, die wildlebenden Schweine aufzuscheuchen. Endlich ist der Weg erreicht. Der Hund im Försterhaus schlägt an. Der Fahrweg ist fast eben und im Licht des Vollmondes kann ich zügig voranschreiten. Am gegenüberliegenden Berghang brennt die Macchia. Licht von zwei Seiten. Faszinierend!
Durst quält mich. Endlich höre ich irgendwo ein Plätschern. Ich beschleunige meine Schritte in diese Richtung. Nie habe ich reines Quellwasser mehr genossen!
Ich erreiche die Straße und lande in einer korsischen Kneipe. Fremde Klänge! Ich fühle mich unbehaglich. Bin ich unter Bombenlegern?
Auf der Ladefläche eines Pick-ups werde ich mitgenommen und an der nächsten Kreuzung abgesetzt. Dort entlang!
Die Straße zieht sich endlos, aber es geht immer bergab.
Schließlich erreiche ich die Küstenstraße und finde eine noch offene Bar. Bestelle ein Wasser. Zwei Engländer sagen: "This is a Bar." Also etwas alkoholisches und Wasser dazu.
Erzähle auf englisch meine Geschichte und sie fahren mich dann zum "Störrischen Esel", meinem Standquartier in der Nähe von Calvi.
Nur zwei Stunden Schlaf. Dann geht die Tour los, die ich für heute gebucht habe. Wir fahren dorthin, wo ich heute und gestern schon gewesen bin. Erst jetzt realisiere ich, wo ich war und welche Gewalt-Tour hinter mir lag!
Ich war ins falsche Tal abgestiegen, aber es war ein unvergeßliches Erlebnis!
Bürgerreporter:in:Wolfgang Jenke aus Seelze |
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