Michel von Obentraut - Gedicht zu seinem Tode
Des Deutschen Michels Tod
(MichaeI Obentraut)
Bei Seelze liegen die Felder brach
Und kennen nicht Sense noch Sichel,
Bei Seelze liegt im brachen Feld
Todwund der Deutsche Michel.
Bei Seelze war lang keine Furche gedüngt
Anders, als wie mit Blute,
Und wenn da Gottes Frucht nicht läg,
Kein andre darin ruhte.
Die Frucht des Gottes, der Schlachten liebt
Und Männer in Schild und Schienen,
Heut säte er breit seine Menschensaat
Und den Deutschen Michel mit ihnen.
Er lag gelehnt in den wilden Porst
Und sah geruhig zum Himmel,
Und sah auf der Straße hannoverwärts
Des Heerzugs wildes Getümmel.
Ihm war, als wäre die Welt ein Bild,
Wie ein Mädchen es stickt ins Linnen,
Und Wolken und Bäume und Heere darin,
Und auch er gemalt darinnen.
Ihm war, als ginge ihn nichts mehr an,
Daß so treu und heiß er gefochten,
Jetzt war er selber ein Faden nur,
In den ewigen Teppich geflochten.
Sein wildes Leben harte er an,
Als ob es ihm einer erzählte,
Im Thüringer Dörfchen der Mutter Lied
Ihn immer und immer quälte:
'Wenn se jung sin, treten se uf de Scherze,
Wenn se alt sin, treten se ufs Herze,
Un se fulgen dir in keenen Falle,
Un en Kalbfell fulgen se doch alle!’ –
Da kam übers Feld ein greiser Obrist,
Der sah den Sterbenden liegen,
Und die mit ihm ritten, verhielten das Pferd
Und sahen ihn an und schwiegen.
Da sagte der eine: "Es war ein Spiel,
Der tat nichts Gutes erlosen!"
Sagte der Michel: „Auf solchem Feld
Da pflückt man solche Rosen!"
Sie ritten fort, auf Hannover zu,
Und er ging ans Sterben indessen,
Ein Vaterunser er beten wo,",
Doch hatt' er die Worte vergessen,
Er wußte nur noch den Fahneneid
Und sprach ihn langsam, bedachtig,
Und der alte Gott, der die Schlachten will,
War in dem Sterbenden mächtig,
Und nahm den blutigen Fahneneid
Auf in die segnenden Hände,
Der Deutsche Michel streckte sich,
Das war sein seliges Ende!
Bürgerreporter:in:Andreas Schulze aus Seelze |
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