„Wir brauchen einen City-Manager“

Nach der gewonnenen Bürgermeisterwahl mit Frau Angela
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myheimat: Herr Dr. Stephan, wie kamen Sie zur Politik? Woher stammt Ihr Interesse an politischen Zusammenhängen?
Dr. Stephan: Zur Kommunalpolitik hat mich definitiv Josef Plöckl gebracht. Er hat mich im Jahr 2000 zur Ehrenamtspreisverleihung des Bayerischen Fußballverbandes nach Schwandorf begleitet, wo ich für mein Engagement in dem Ehrenamtsprojekt „ARGE Silberne Raute“ ausgezeichnet worden bin. Am Rande der Veranstaltung hat mich Josef Plöckl gefragt, ob ich auf der CSU-Liste für den Stadtrat 2002 kandidieren möchte. Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich für eine Kandidatur zu entscheiden. Meine Basis ist die Vereinsarbeit und vor allem die Nachwuchsarbeit. In der Jugendarbeit wollte ich mich gerne weiter engagieren. Aber schließlich habe ich dann doch „Ja“ gesagt und bin dann prompt bei meiner ersten Kandidatur in den Stadtrat gewählt worden. Man kann also durchaus sagen, dass ich ein Spätberufener bin, denn davor hat mich die Kommunalpolitik nur mäßig interessiert. Die politische Denke habe ich woanders verinnerlicht. Als Ministerialbeamter gehört das zum täglichen Geschäft unabdingbar mit dazu.
myheimat: In welchem Jahr haben Sie begonnen, sich politisch zu engagieren?
Dr. Stephan: Wenn Sie mein Engagement zur Etablierung des lokalen Ehrenamtprojektes mitzählen wollen, dann war das im Jahr 1999. Das Bayerische Sozialministerium hatte Modellprojekte zur Erprobung neuer Formen des Ehrenamtes zur Förderung ausgeschrieben und ich hatte da eine Idee, die ich zu Papier brachte und einreichte. Damit das Projekt mit in die engere Auswahl einbezogen wurde, brauchte ich ein Unterstützerschreiben der Stadt. Ich musste schwer kämpfen, um es schließlich durchzusetzen. Vor allem der damalige Sportreferent wollte den Sinn des Projektes nicht einsehen. Aber Josef Plöckl hat mitgezogen und mir das gewünschte Papier sehr unbürokratisch direkt in die Hand gedrückt. Was folgte, war der Ehrenamtspreis des BFV ein Jahr später, dann meine Kandidatur zum Stadtrat und schließlich meine Wahl zum Bürgermeister 2006. Vielleicht wird dadurch verständlich, wenn ich sage: „Ich bin ein Plöckl-Fan.“
myheimat: In unserem letzten Interview erklärten Sie Standortpolitik zur „Chefsache“. Das Gewerbegebiet „Rinderhoferbreite“ sei eine Erfolgsstory. Etliche ortsansässige Firmen seien auf Expansionskurs. Inwieweit haben Sie in Ihrer Eigenschaft als Erster Bürgermeister im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass ausreichend Flächen für Gewerbe und Industrie zur Verfügung stehen?
Dr. Stephan: Das war gar nicht nötig, denn wir haben ja erst im Frühjahr 2006 den neuen Flächennutzungsplan verabschiedet, der genügend potenzielle Erweiterungsflächen für Industrie und Gewerbe beinhaltet. Vorerst haben wir noch etliche Flächen in Hörzhausen, Edelshausen und auch noch im neuen Gewerbegebiet „Augsburger Straße“, so dass die Anfrage von ansiedlungswilligen Firmen sofort positiv beschieden werden kann.
myheimat: Das Ausbluten der Innenstädte ist deutschlandweit ein Thema. Der Trend geht zur Verlagerung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben aus den Innenstädten in Randgebiete, auf die grüne Wiese. Lässt sich diese Entwicklung aufhalten?
Dr. Stephan: Wohl nicht. Dagegen anzukämpfen ist in etwa so aussichtsreich wie Don Quichotes Kampf gegen die Windmühlen. Die Lösung des Problems muss anders lauten. Wir müssen die natürlich vorhandene Attraktivität der Schrobenhausener Innenstadt nutzen und positiv vermarkten. Dazu muss ein Bündel von Maßnahmen geschnürt werden. Begegnungsstätten für Jung und Alt müssen geschaffen werden. Mit einem breit gefächerten Warenangebot in Verbindung mit speziellen Veranstaltungen, „Events“, können die Menschen trotz der Supermärkte „vor den Toren“ in die Innenstadt gelockt werden. Eine vernünftige Verkehrsführung in Verbindung mit fußläufig erreichbaren Parkplätzen muss Platz greifen. Das alles muss in sich stimmig gemacht werden. Bürgermeister und Verwaltung können das alles genauso wenig leisten wie die Geschäftswelt. Wir brauchen endlich den täglichen „Kümmerer“, den City-Manager, den viele Städte vergleichbarer Größe längst haben. Der Mann beziehungsweise die Frau muss aber nicht bei Null beginnen. Wir haben seit fünf Jahren eine entsprechende Studie vorliegen, die auch einiges an Geld gekostet hat, ohne jemals umgesetzt worden zu sein. Mittlerweile muss sie sicherlich in Teilbereichen den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Aber im Prinzip liegt eine Handlungsanleitung vor, die nur darauf wartet, von der Theorie in die Praxis umgesetzt zu werden. Wer da sagt, er wisse nicht, womit sich ein City-Manager den ganzen Tag beschäftigen solle, dem empfehle ich, einmal einen flüchtigen Blick in dieses Papier zu werfen. Es ist allen Stadträten bekannt, auch wenn es bisher noch nicht öffentlich diskutiert worden ist. Aber ich werde dafür sorgen, dass man dieses für die Schrobenhausener Innenstadt so enorm wichtige Thema jetzt umso zügiger aufgreift.
myheimat: Sie sind promovierter Chemiker und waren viele Jahre im Bayerischen Umweltministerium beschäftigt. Wie begann Ihre berufliche Karriere?
Dr. Stephan: Meine berufliche Laufbahn begann als Naturwissenschaftler nach meiner Promotion im Jahr 1989 an der TU München. Mein Doktorvater, der Chef des Instituts für Radiochemie in Garching bot mir eine auf drei Jahre befristete „Post-doc“ Assistentenstelle an. Ich bekam den Auftrag, eine neues Spurenanalytik-Labor für die schweren Elemente Uran, Americium und Plutonium aufzubauen. Um das analytische „Know-how“ zu erwerben, hat man mich für eine Woche nach Chicago an den Lehrstuhl eines befreundeten Professors geschickt. Das war im Januar 1989. Kurze Zeit später wurde mein erster Sohn geboren. Er hat Gott sei Dank so lange gewartet, bis ich wieder zurück war. So konnte ich bei seiner Geburt mit dabei sein. Mein Chef, Professor Baumgärtner, war wohl mit meinem Job zufrieden, schließlich wurde mein Anstellungsvertrag nach kurzer Zeit in einen unbefristeten Angestelltenvertrag umgewandelt. Als dann 1992 der Ruf ans Umweltministerium kam, habe ich mich dennoch entschlossen, das Labor gegen Büro und Schreibtisch zu tauschen. Direkt von der Uni in eine oberste Staatsbehörde zu wechseln, ist eher die Ausnahme. Normalerweise hat man erst ein paar Jahre Dienst in einer nachgeordneten Behörde zu leisten, in der die fachlichen Aspekte deutlich dominieren. In meinem Fall wäre das wohl das jetzige Landesamt für Umwelt gewesen. So wurde ich von heute auf morgen von der relativen Freiheit der Forschung und Lehre in das enge Korsett eines großen Beamtenapparates mit seinen strengen Hierarchien und Vorgaben des Verwaltungsablaufs umgepflanzt. Zugegeben war das anfangs ein ziemlicher „Kulturschock“, aber wer ins kalte Wasser geworfen wird, der lernt eben Schwimmen oder er geht unter. Nach gut einem Jahr in der Fachabteilung für „Kerntechnik und Strahlenschutz“ habe ich dann auch noch die Fachrichtung gewechselt, in dem ich in die Abteilung für Luftreinhaltung gewechselt bin. Fast zwölf Jahre habe ich mich dann dem überaus spannenden Thema Klimaschutz gewidmet, das sich in dieser Zeit von der grauen Maus zum Megathema aufgeschwungen hat. Seit 2003 gibt es dazu am Rosenkavalierplatz in München ein eigenes Referat, dessen Leitung der bayerische Umweltminister Dr. Schnappauf mir anvertraut hat.
myheimat: Herr Dr. Stephan, vielen Dank für dieses Gespräch.

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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