Der dramatische Wettkampf zum Bundesliga-Aufstieg 1978 der Gewichtheber
Von einem wohl an Dramatik kaum zu überbietenden, abgelaufenen Mannschaftskampf ist hier die Rede: 17.12.1977 – Regionallige Süd – Saison 1977/78 AC Olympia Schrobenhausen: MTV Fürth.
Von einem wohl an Dramatik kaum zu überbietenden, abgelaufenen Mannschaftskampf ist hier die Rede: 17.12.1977 – Regionallige Süd – Saison 1977/78 AC Olympia Schrobenhausen: MTV Fürth.
Nachdem die Lenbachstädter, 1972 nach ihrem Zusammenschluss mit dem AC Olympia 2000 Peutenhausen, in die Landesliga eingeteilt wurde, ging es schlagartig nach oben. Der Aufstieg in die Bayernliga war nach 2 Jahren geschafft und es folgte im „Durchgang“ der Aufstieg in die Regionalliga-Süd.
In der Regionalliga „angekommen“ war die erste Saison als „Schnupperjahr“ zu sehen, jedoch der Blick galt schon in Richtung Bundesliga. So war es auch im 2. Jahr der Regionalliga, dass die Zeichen auf Aufstieg in das Oberhaus der Gewichtheber, voll und ganz ausgerichtet waren. Von den Ergebnissen her wussten wir, dass uns nur der MTV Fürth, in seinen Reihen mit Olympiasieger von 1976 in Montreal Karl-Heinz Radschinsky, im Wege stehen wird. Und so hat sich die gesamte Mannschaft über ein Jahr, auf diesen Wettkampf, eben gegen diese Fürther Mannschaft, vorbereitet. Dass Monate vor dem 17.12.1977 wöchentlich, fünf- bis siebenmal Training angesetzt war, ist wohl eine Erwähnung wert. Die Mühen haben sich gelohnt, wie sich später herausstellte!!!
Die Hürde MTV Fürth schien sehr hoch zu stehen. Während der laufenden Saison 1977/1978 legten die Fürther Ergebnisse von 612, 626, 642 und 638 rel. kg. Vor. Die Lenbachstädter begnügten sich mit 572, 584, 592 und zwei Wochen vor dem 17.12.1977, fand im Auswärtskampf gegen München –Neuaubing die Generalprobe statt.
6 Heber, mit je 3 Versuchen im Reißen, Ergebnis 18 gültige Versuche, neue Bestleistungen aufgestellt, ein einmaliger Vorgang, der sich im Mannschaftssport nicht so schnell wiederholen lässt. Im Stoßen lief es mit nur 3 Fehlversuchen ebenso optimal – Ergebnis 600,2 rel. kg, für Fürth absolut zu wenig. Die Prognose war, unter 650 rel. kg wird der „Superkampf“ nicht zu gewinnen sein.
Das fachkundige Auge konnte jedoch bei dieser Generalprobe feststellen, dass trotz neuer Bestleistungen des einen und anderen Athleten noch etwas mehr „drin“ ist und so wurden entsprechend die Vorbereitungen für den Kampf der „Giganten“ getroffen.
Der Wettkampf wurde bewusst nach Winkelhausen in den „MAllersaal“ gelegt, hier erwarteten die Mannschaften ein volles haus und eine Superatmosphäre. Mit dem was jedoch die Verantwortlichen des AC Olympia nicht gerechnet haben, war, dass die Fürther mit ca. 50 Fans, in einem gut angetrunkenen Zustand nach Winkelhausen angereist kommen und sehr streitsüchtig waren.
Die Fürther ihres Sieges sicher = vergleiche die Vorergebnisse = und klarer Favorit, mussten jedoch während des Reißens schon erkennen, dass mit den Lenbachstädter nicht leicht „Kirschenessen“ ist. Mit nur 1,2 kg Vorsprung der Fürther im Reißen, sahen sie für das Stoßen ihre Felle davonschwimmen.
Im Saal, unter der Bühne im Warmmacherraum und auf der Bühne entwickelten sich Vorgänge, wie sie beim Gesichtheben auf diese Art und Weise völlig fremd sind. Die Fürther Fans pöbelten die Zuschauer an, störten die ACO-Heber in massiver Form bei ihrer Konzentration auf der Bühne, die Fürther Heber rempelten im Warmmacherraum ihren Gegner zur Seite. Radschinsky beschimpfte von der Bühne runter den Kampfrichter, die Zuschauer gerieten sich mittlerweile in die Haare.
Unser umsichtiger Kassier, Erich Dier (zu dieser Zeit noch in Polizeidiensten) erkannte die Situation und forderte einen Polizeieinsatz an, vor Eintreffen der LP Schrobenhausen bat Dier die LP Neuburg um Unterstützung.
Mittlerweile setzten die ACO-Heber mit einer unbändigen Leistung auf der Bühne den Fürthern so zu, dass der Ausgang des Kampfes bis zum letzten Versuch am seidenen Faden hin.
Nachdem in den beiden letzten Stoßversuchen der ACO-Heber von Alfons Mayr und Dieter Waibler, noch jeder 165 kg zur Hochstrecke brachte, mussten die Fürther neu rechnen und sie waren im Vorteil, denn sie hatten noch Hans-Otto Wöhrle in ihren Reihen, der noch seine 3 Stoßversuche ausstehen hatte.
Wöhrle begann mit 175 kg, die Nerven waren auf das Äußerste angespannt, es wurde noch einmal ruhig im Saal – Versuch ungültig.
Die Rechnung ergab, 175 kg reicht nicht (das wusste ich als Betreuer der Schrobenhausener Mannschaft schon zum Zeitpunkt der Fürther Gewichtsangabeder 175 kg), inzwischen ergab auch die Fürther Rechnung, dass selbst 177,5 kg noch um 100 Gramm zu wenig sind. Also musste Wöhrle an die Last von 180 kg –Alles oder Nichts-. Schafft der Fürther dieses Gewicht, gewinnen die MTVler mit 2,4 kg Vorsprung. Bereits in einem Heimkampf brachte Wöhrle dieses Gewicht schon einmal zur Hochstrecke.
Nochmals, die Spannung stieg, um Haaresbreite versagte Wöhrle im 1. Versuch an den 180 kg, beim Durchstoßen konnte er sie nicht fixieren und nicht halten.
2. Versuch: 180 kg, nochmals Ruhe, jedoch diese Last blieb beim Umsetzen schon auf der Strecke, Wöhrle blieb am Boden sitzen.
Die Fürther Fans griffen die Zuschauer an, Radschinsky schlug wie verrückt um sich, wollte dem Kampfrichter mit einer leeren Sektflasche und morddrohenden Worten auf den Kopf schlagen. Der Kampfrichter konnte noch rechtzeitig abgeschirmt werden und die Polizei hatte im Nu alles im Griff – auch Radschinsky im Polizeigriff. Den Kampfleiter fuhr die Polizei im Polizeifahrzeug bis nach Schrobenhausen, von dort konnte er seine Reise nach München im eigenen Pkw fortsetzen.
Die Fürther Reisegruppe wurde in den Bus „verfrachtet“ und fortgeschickt und so ging ein dramatischer Wettkampf, unter dem gleißendem Scheinwerferlicht des Bayerischen Fernsehens zu Ende. Für alle Beteiligten wird dieser Wettkampf noch lange in Erinnerung bleiben (Ich habe an diesem Abend 1,5 kg abgenommen).
Der AC Olympia gewann die Schlacht mit 659,9 : 578,3 rel. kg und die Hürde MTV Fürth genommen, dem Aufstieg in die 1. Bundesliga stand nur noch ein „Anhörungsverfahren“ beim Bundesligaklassenleiter und dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber (BVDG) Herbert Ehrbar, wegen des Vorfalles, im Wege. Das Gespräch fand in einem feudalen Sitzungszimmer im Rathaus von Leimen statt, der Oberbürgermeister von Leimen ist zugleich der Präsident des BVDG (Herr Ehrbar war 1988, bei den 1. Deutschen Meisterschaften der Frauen im Gewichtheben als Gast in Schrobenhausen).
Das Gespräch ging zu Gunsten der Lenbachstädter aus und der lang ersehnte und heiß umkämpfte Aufstieg in die Bundesliga wurde Wirklichkeit.
Bürgerreporter:in:Alexander Aschenbrenner aus Schrobenhausen |
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