Bäume sterben leise
Nach den gründlichen „Pflege“-Maßnahmen des Wasserwirtschaftsamtes im letzten Herbst ging ein Aufschrei durch die Schrobenhausener Bevölkerung. Erst nachdem die Bäume gefällt waren, fiel den Bürgern auf, dass sie doch einen sehr wohltuenden Einfluss auf das Stadtbild gehabt hatten. Mittlerweile haben zumindest die Weiden an der Paar wieder ausgeschlagen. Es sind jetzt zwar nicht mehr die hundertjährigen fassdicken Weidenstämme, sondern eher Büsche, aber immerhin die großen, kahlen Baumstümpfe sind verschwunden und so auch die Empörung der Schrobenhausener.
Doch hinter den Kulissen geht das Baumsterben weiter. Leiser, nicht so spektakulär, aber dafür sicher. Man hört keine Motorsäge, sieht keine Arbeiter und trotzdem... Tatort: Busbahnhof. Eigentlich sind die Ufer begleitenden Gehölze nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz ja sogar geschützt und stehen im FFH-Gebiet...
Grund für den schleichenden Tod ist der vor fast drei Jahren aufgeschüttete Hochwasserschutzwall am Paarufer. Dieser Wall läuft quer über die Wurzelbereiche der dort stehenden Bäume. Er ist in seinem Kern aus einem Sandsackwall aufgebaut, darüber liegen zusätzliche Plastikfolien zur Abdichtung, abgedeckt wurde er mit einigen Kubikmetern Bausand, die mit schweren Baufahrzeugen ordentlich verdichtet wurden. Baumwurzeln vertragen aber keine Verdichtungen, denn unterirdisch findet ein großer Teil des Stoffwechsels statt.
Normalerweise ist der Boden von einem Porensystem durchzogen. Diese Poren sind lebenswichtig für den Gasaustausch der Wurzeln. Wird der Boden verdichtet, verschwinden die Poren und mit ihnen Raum für Gase, wie z.B. Sauerstoff und Flüssigkeiten. Als Folge kommt auch das Bodenleben zum Erliegen. Stattdessen macht sich Fäulnis breit. Dies jedoch kann kein Baum auf Dauer überstehen. Die Bäume ersticken und verhungern gleichermaßen, denn Sauerstoff liebende Bodenlebewesen und Pilze helfen den Wurzeln Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen.
Wie immer im Hochwasserfall „brennt’s“! Die Feuerwehren müssen überall gleichzeitig sein und leisten Übermenschliches. Dies war der Grund warum die Stadt darauf drang den Sandsackdamm zu befestigen und als „Provisorium“ ohne weitere Prüfverfahren, die normalerweise bei Wasserausbauten (wozu Deiche gehören) Pflicht sind, liegen zu lassen. Vom Landratsamt gab’s dafür, trotz „Bauchweh“ der Naturschutzbehörde, eine Ausnahmegenehmigung für zwei Jahre.
Nach 1 1/2 Jahren, im November letzten Jahres, stürzte einer der Bäume um. Er riss ein riesiges Loch in die Uferböschung. Schnell war das Wasserwirtschaftsamt mit der Motorsäge zur Stelle. Der Stamm wurde abgesägt, der Stumpf mitsamt Wurzelballen wieder aufgerichtet und in das Loch zurück gehieft. Bäume tragen nämlich zum Hochwasserschutz bei, sie halten mit ihren Wurzeln das Ufer fest.
Zuvor hatten Mitglieder des Bund Naturschutz die Wurzeln des Baums untersucht und festgestellt, dass das Erdreich einen fauligen Geruch ausströmte und auch die Wurzeln regelrecht abgefault waren. Sofort schlugen sie Alarm, die Stadt allerdings reagierte träge. Nach Zusage durch Bürgermeister Dr. Stephan den Hochwasserwall sofort zu entfernen, passierte gar nichts mehr. Nach vier Monaten brachte man die Sache vor den Stadtrat und entschloss sich zu einem Kompromiss. Die Bäume sollten um den Stamm herum frei geräumt werden. Der Bund Naturschutz wies darauf hin, dass dabei auf keinen Fall schweres Gerät benutzt werden darf, um den ohnehin schon vernässten und verdichteten Wurzelraum nicht noch stärker zu belasten, das aber wurde getrost ignoriert. Pressewirksam fand die Maßnahme zum „Tag des Baumes“ statt und Dr. Stephan ließ sich als „Baumretter“ feiern.
Seit Mai ist die Genehmigung nun abgelaufen und die Bäume im Einflussbereich des Walls haben bereits massiven Schaden genommen. Aber anstatt den Wall jetzt zu entfernen und die Bäume soweit möglich durch baumpflegerische Maßnahmen zu sanieren, ringt die Stadt weiter mit dem Landratsamt um eine Verlängerung. Wieder will sie ein externes Gutachten zum Baumzustand beauftragen, obwohl der wohl mittlerweile sogar für Laien erkennbar schlecht ist. Alle überschütteten Bäume haben kaum noch Feinäste, auffallend weniger Laub, sind kleinblättrig und haben größere abgestorbene Äste, bzw. Kronenteile. Ein Gutachten des BN ignorierte die Stadt.
Für die Bäume ist diese Spiel auf Zeit tödlich. Die Ortsgruppe des Bund Naturschutz hat deshalb mittlerweile die Höhere Landesplanungsbehörde an der Regierung von Oberbayern um Unterstützung gebeten.
Sowohl die Planungen für den Busbahnhof, als auch die Planungen für die Hochwasserfreilegung berücksichtigen den wertvollen Baumbestand (größtenteils Eichen und Linden).
Das "Provisorium" wird die Bäume allerdings schaffen, bevor auch nur eine dieser Planungen in die Umsetzung geht!
Übrigens: ein relevantes Hochwasserereignis gab es seit dem Bau des Dammes nicht mehr..... während der Nutzen also fraglich ist, ist der Schaden bereits deutlich sichtbar.
Bürgerreporter:in:Renate Schwäricke aus Schrobenhausen |
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