Friedensdemo in Schleiz 03.03.2022
Frieden!
Erst seit wenigen Tagen ist das Thema „Corona“, das die Medien zwei Jahre lang tagtäglich beherrscht hat, aus den Nachrichten verschwunden. Es hat dem noch viel schlimmeren Grauen des Krieges Platz gemacht, den Russland gegen die Ukraine führt. Die Ukraine – in unseren Köpfen ist sie ganz weit weg. Wer hat dort schon mal Urlaub gemacht? Und doch ist sie erschreckend nah. In Kiew war der Eurovision Song Contest vor ein paar Jahren, und auf dem Globus sind es gerade mal 1.000 km bis zur Grenze! Spätestens seit dem Reaktorunfall von Tschernobyl, der die Welt in Atem hielt, wissen wir, dass die Entfernung recht gering ist.
Und nun herrscht da Krieg. Ein Angriffskrieg! Russland will sich nach der Krim nun auch den Rest der Ukraine einverleiben – gegen das Völkerrecht und alle Konventionen.
Allzu viel deutet darauf hin, dass Putin sich die Länder wieder zurückholen will, die einst zum sowjetischen Einflussbereich gehört haben. Wenn er mit der Ukraine Erfolg gehabt hat, wird er es anderswo versuchen. Und dann ist es auch bis Deutschland nicht weit. Es hat ja schon mal unter sowjetischer Herrschaft gestanden.
Das macht mir große Angst. Ich gehe sonst grundsätzlich nicht zu Demos. Ich halte nämlich nichts davon, irgendwelchen Anführern hinterherzulaufen, die ich gar nicht kenne und dann vielleicht mit Meinungsmachern in einen Topf geworfen zu werden, was ich gar nicht will.Aber dieser Krieg lässt mich nicht kalt, und ich hatte einfach das Bedürfnis, Flagge zu zeigen.
Krieg kennt keine Gewinner.
Bei der Friedensdemo, die die Initiative Jugendparlament vor dem Schleizer Landratsamt am 03.03.2022 organisiert hatte, war ich dabei. Alles kam sehr kurzfristig, sehr spontan, und dass in der Kürze der Zeit doch immerhin 80-100 Besucher dabei waren, zeigt, wie sehr uns die furchtbaren Nachrichten betreffen.
Die Organisation der Demo war weit professioneller als die meisten der Plakate und das wurde vom Landrat Thomas Fügmann ausdrücklich gelobt.
Die Vorsitzende des Jugendparlaments Juliane Oelschlegel führte durch die Veranstaltung, und es kamen sowohl Deutsche als auch Ukrainer zu Wort. Jeder hatte die Möglichkeit, ans Mikrofon zu treten und seine Meinung zu äußern.
Besonders auf den Punkt gebracht hat es Kurt Tucholsky in den 1930er Jahren in einem Gedicht, das verlesen wurde. Es war so aktuell, als wäre es gerade erst aus der heutigen Perspektive geschrieben worden.
Auch eine Russin sprach sehr bewegende Worte, entschuldigte sich für die russische Regierung und berichtete von ihrem Vater, der durch die politische Entwicklung in Russland um sein Leben fürchten muss, weil jede Opposition dort lebensgefährlich ist und er den Krieg ablehnt.
Auch der Pfarrer von Schleiz beteiligte sich an den Reden. Er stimmte den Friedenssong „Give Peace a Chance“ an, der aber dem Publikum offenbar nicht sonderlich geläufig war. Heute, am Tag darauf haben sämtliche Radiosender ihn um 08:45 Uhr als Mahnung gegen den Krieg in der Ukraine gespielt. Indes wäre es schön, wenn die Feldherren, die den Krieg führen, dem Frieden wirklich eine Chance geben würden.
Mein Gefühl war von jeher, dass eine Demo wenig oder gar nichts verändern wird. Trotzdem finde ich, muss man in diesen Zeiten Zeichen setzen. In Berlin und anderen Großstädten haben es Hunderttausende getan. Wir hier in der Provinz waren nun auch auf der Straße, auch wenn es für das Fernsehen nicht spektakulär genug war. Dafür ist Schleiz im Saale-Orla-Kreis einfach zu klein. Und es ging um Frieden. Dafür protestiert man friedlich.
Die Hilfsbereitschaft für die Flüchtlinge aus der Ukraine ist in Deutschland riesengroß. Das Entsetzen und die Angst auch. Man versucht, kein Öl ins Feuer zu gießen, greift nicht in den Konflikt ein, so lange es sich vermeiden lässt, denn wir stehen wirklich haarscharf an der Kante zum nächsten Weltkrieg. Der Aggressor ist diesmal Russland, und das besitzt Atomwaffen! Die Ukraine hat ihre 1994 abgegeben. Vielleicht war sie deshalb für Putin ein vermeintlich „leichtes Ziel“, doch offenbar hat er sich damit ziemlich verschätzt.
Den Protest im eigenen Land unterdrückt er mit Gewalt und Strafen. Auch das bedeutet viele weitere Opfer. Wenn wir hier von „Putin“ sprechen, sollten wir nicht vergessen, dass das nur der Name ist, der ständig in den Medien auftaucht. Vielleicht ist es eine Riege, die aus viel mehr Köpfen besteht, aber längst nicht alle Russen würden den Bruderkrieg gutheißen, wenn sie die Wahrheit wüssten und sich dazu äußern könnten.
Bürgerreporter:in:Charlene Wolff aus Blankenberg |
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