Manni for ever! Geschichte eines Meerschweinchens

"Manni" und sein Kumpel auf dem roten Sofa
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Manni for ever!

Habt Ihr Kinder? Wisst Ihr wie das ist, wenn diese kleinen Kinderseelen traurig sind? Ja?! Schlimm! Ganz schlimm!! Da werden dann schnell alle guten Vorsätze über den Haufen geworfen, nur um das Lächeln wieder zurück zu bekommen. Manchmal dann auch mit unabsehbaren Folgen.

Unsere kleine Tochter, Janine 12 Jahre, hatte eine Meerschweinchen-Dame namens „Sofie“ in ihrem Zimmer. Es sollte das definitiv letzte Tier von einst vieren sein, was sein Gnadenbrot bei uns bekam. Danach wollten wir der Nager-Episode ein Ende setzen. Endgültig!

„Sofie“ entschlief sanft in Janines Armen und wurde feierlich in unserem Garten beigesetzt. Eine Meerschwein-Arie ging zu Ende. Doch das Kind trauerte sehr und flehte nach einem neuen Schwein. Den Eltern wurde der Himmel auf Erden versprochen, wenn sie doch nur wieder ein Meerschwein haben dürfte!

Am Samstag darauf erkundeten wir dann die Tierheime, die aber allesamt keine abgabefähigen Tiere hatten. Auch die Zoohandlungen konnten nur Kaninchen anbieten. Frust und Verzweiflung kamen auf.

Das Internet wurde bemüht. Und während das kleine Kind mit Mama sonntags auf dem Flohmarkt fleißig am Verkaufen war, wurden die einzelnen Angebote abtelefoniert. Und siehe da, in der hannoverschen City gab es über Privat abgabefähige Tiere.

Während ich als Mutter am Verkaufstand verweilte, rückte die Großmutter an, um gemeinsam mit dem Kind in die City zu fahren und ein Schwein sich auszusuchen. Eine Stunde später standen beide wieder glücklich strahlend vor mir, mit einer ganz jungen Meerschwein-Dame auf dem Arm.

„Lucy“, 10 Wochen alt fand auf diesem Wege zu uns. Die Welt war wieder in Ordnung. Endlich, das Kind konnte wieder Lachen!

„Lucy“ war jedoch so etwas wie ein „Trojaner“. Die Vermutung wurde vier Wochen später zur Gewissheit, die Schweine-Dame war schwanger! Zwei kleine Meer-Säulis lagen eines Abends da im Heu. Auweia!

Der Züchter verpflichtete sich „den Überhang“ zurück zunehmen, sofern wir keine passende Bleibe für den Nachwuchs finden würden. Okay, das war ja schon mal ein Wort.

Schon bald war unschwer zu erkennen, dass es sich bei dem Nachwuchs um einen Bengel „Manni“ und ein Mädel „Bella“ handelte. Und der Bengel musste dann halt kurzfristig „weg“. Das Mädel „Bella“ wurde begnadigt und durfte ebenfalls bei uns bleiben.

Eine tierliebe Nachbarin wollte trotz vorhandener Katze den Versuch wagen, den Meerschwein-Bock aufzunehmen. „Manni“ war knapp drei Wochen alt als er zur Nachbarin Maren übersiedelte. Schweren Herzens trennte sich unsere Tochter von dem liebgewonnenen Tier. Aber in der selben Straße wohnhaft, konnte man ihn ja hin und wieder besuchen.

Doch Maren stellte fest, dass das alles nicht so recht passte und so landete „Manni“ drei Tage später wieder bei uns. Jetzt wurde der Züchter in die Pflicht genommen und bereits am nächsten Tag ging „Manni“ in die City zurück.

Und so bekam auch ich das erste Mal die Meerschweinchen-Zucht-Anlage zu Gesicht. Alles sauber, ordentlich und gepflegt. Großer Stall mit viel Auslauf, viel Bewegung und Spielfläche, genügend Häuser und Futter. Auf einem Balkon erwartete mich ein tolles Meerschweinchen-Gehege mit getrennt lebenden 8 Meer-Sau-Damen oben und von drei Herren unten in einem Stall. Alle in einem absolut gepflegten Zustand.

Und der Züchter? Ja, der war zuvorkommend, freundlich und nett. Doch in meinem tiefen Inneren machte sich Skepsis breit. Die Freundin vom Züchter war gegen Meerschweinchen allergisch. Oh! Und er züchtet trotzdem? Warum? Ah, lukrativ!

Der Züchter selbst hatte Null Ahnung, welches Schwein von welchem Vater abstammte oder wer von unserer „Lucy“ die Mutter gewesen sein könnte. Aha?!

Und Namen hatten nur ganze drei Tiere. Alle anderen waren namenlos.
Auf einmal erinnerte ich mich wieder, dass dieser Züchter am günstigsten von allen im Netz war. Ja, er hätte halt auch Stammkunden. Stammkunden?!?

Ein mulmiges Gefühl stieg in mir auf. Dieser Herr züchtete nicht nur, um andere zu beglücken, sondern anscheinend auch Schlangen, Reptilien und Greifvögel mit Frischfleisch zu versorgen. „Stammkunden“ , die immer wieder kommen. Kommen müssen, schoß es mir durch den Kopf!

Wir gaben unseren „Manni“ dort ab und verabschiedeten uns. Keines meiner beiden Kinder hatten den Zwiespalt begriffen, in dem ich mich befand. Unser „Manni“ als Schlangenfutter? Ich mochte es ihnen nicht erklären. Aber es beschäftigte mich und ließ mich nicht los.

Zuhause erzählte ich leise meinem Mann davon. Auch er erschrak. Aber was sollten wir mit „Manni“ machen? Wir waren froh, ein Schwein weniger zu haben. Eigentlich wollten wir gar keins und nun hatten wir schon zwei! Und die Kosten für eine Kastration sind auch nicht ohne! Wir würden die Welt nicht retten könne, weil der Typ ja trotzdem immer weiter züchtet!

Aber es war halt „unser Manni“. Und „unser Manni“ durfte kein Schlangen-Futter werden, da waren wir uns einig.

Als wir am nächsten Morgen die Kinder in der Schule hatten, telefonierten wir mit dem Züchter. Wir gaukeltem ihm vor, dass das Kind tot traurig sei, sich von „Manni“ getrennt haben zu müssen, und wir das Schwein gerne zurück haben möchten. Er zeigte Verständnis.

Schnell holten wir „Manni“ aus der „Schlangen-Grube“ heraus, wickelten ihn in ein Handtuch und flohen mit ihm wieder nach Hause. „Manni“ war gerettet und bezog seinen alten, separaten Stall in unserer Küche, den wir vom Vortag noch nicht weg geräumt hatten. Zu seiner Mutter und Schwester durfte er auch im Alter von nur drei Wochen halt nicht mehr.

Gegen 17.00 Uhr kamen unsere Kinder dann von der Schule zurück und bemerkten „Manni“ erst nicht. Zögerlich fingen wir das Thema noch mal an. Was war das für ein Meerschwein-Züchter? Was passierte mit den Schweinen? Warum hatten sie keine Namen? Und warum hatte er keinen Plan über die Abstammung? Was sind das für Stammkunden?

Unsere kleine Tochter begriff, dass sie ihren „Manni“ seinem Schicksal beim Züchter überlassen hatte. „Manni“ sollte evtl als Schlangen-Futter enden. Ihr „Manni“, den sie doch so sehr liebte, und von dem sie sich nur schweren Herzens von getrennt hatte.

Dicke Tränen flossen über ihre Wangen. Sie wollte nur noch ihren „Manni“ retten. „Manni“ musste wieder zurück und da rausgeholt werden. „Manni“ durfte nicht als Schlagen-Futter enden! „Manniiiiiiii“!

Und während sie bitterlich weinte und flehte, das Schwein wieder haben zu dürfen, holte es ihre große Schwester bereits aus dem Stall und setzte es ihr auf den Arm. Denn die war eingeweiht.

Im Taumel der Emotionen zwischen „Verzweiflung“ und „Rettung in letzter Minute“ kamen dann nur noch die Freuden-Tränen. Ein Happy-End, wie es schöner nicht sein kann.

„Manni“ muss nun noch einige Wochen in einem separaten Stall heranreifen, bevor er sich einer „Schönheits-OP“ unterzieht und kastriert wird. Fünf Wochen später kann er dann zu den Damen zurück. Er darf dann bei uns bleiben und sich auf eine Lebensstellung bei uns freuen.

Wir sind uns durchaus im Klaren darüber, dass der Züchter weiterhin seine Stammkunden bedienen wird und auch ansonsten die Großen stets die Kleinen fressen werden. Aber unser „Manni“ durfte kein solches Ende erfahren. Das war uns wichtig.

Bürgerreporter:in:

Jaqueline Rohde aus Sarstedt

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