29 Wo bleibt das Selbstvertrauen der Ronnenbergerinnen und Ronnenberger in ihre Traditionen?
Eine gesunde Portion Lokalpatriotismus kann nicht schaden aber man muß es nicht unbedingt den Thüringern nachmachen.
Wo bleibt nur das Selbstvertrauen der Calenberger und in Sonderheit der Ronnenberger?
Angesichts der Überzeugung früherer Generationen, Ronnenberg sei der Schlachtort, an dem 530 die Thüringer gegen die Franken gekämpft haben, forderte ein thüringischer Professor der Philosophie vor 250 Jahren seine Landsleute auf, den belegten Schlachtort Runibergun für Thüringen zu requirieren und rief seine Studenten auf, an Saale und Unstrut zu graben. Bis auf den heutigen Tag blieben diese Grabungen freilich ergebnislos, nicht ein einziger Fund kann dieser Schlacht zugeordnet werden.
Doch es kommt noch heftiger. Das auch von der hiesigen Wissenschaft wegen der Namensähnlichkeit als Schlachtort bevorzugte thüringische Runneburg hat den Fürsten Potemkin an die Unstrut versetzt. Aus reinem Übereifer, Runibergun für sich zu beanspruchen, hat man bereits seit dem Mittelalter immer wieder versucht, den für die Burg seit 1174 und für die Stadt etwas später belegten Namen Weißensee in Runneburg umzubenennen. Erst in den 30er des letzten Jahrhunderts gelang schließlich mit Unterstützung der Nazis, was zuvor immer wieder aus Schamgefühl scheiterte. Die Umbenennung wurde vollzogen. Bleibt also festzuhalten, daß Runneburg seine spätere Popularisierung allein der NS-Zeit verdankt.
Eine Anmerkung sei noch gestattet: Von verschiedenen Seiten werden Klagen gegen die Umbenennung geführt. Mehrere wissenschaftliche Gutachten für die gerichtliche Auseinandersetzung belegen inzwischen das begangene Unrecht.
Auch ohne Grabungen in Ronnenberg selbst stellt sich dagegen die Situation im Calenberger Land völlig anders. Unzählige Funde im unterstellten Kampfgebiet längs der Straße vor dem Sandforde von der Enge zwischen Benther- und Gehrdener Berg bis zur Leinefurt am hohen Ufer werden in den Beginn des sechsten Jahrhunderts datiert. Ein reiner Zufallsfund in Ronnenberg am Hellweg wird von einem Wissenschaftler sogar direkt mit der Schlacht in Verbindung gebracht.
Trotzdem bleibt es vorerst dabei: Widukinds Runibergun ist bisher nicht zweifelsfrei identifiziert. Alle bisherigen Festlegungen auch von wissenschaftlicher Seite auf thüringische Orte oder Ronnenberg und das Calenberger Land bleiben Thesen, solange keine eindeutigen Datierungen vorliegen.
Allerdings ist es mir inzwischen gelungen, Belege für die Existenz einer Besiedlung Ronnenbergs in der fraglichen Zeit sicherzustellen. Wissenschaftler des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalschutz und der Universität Göttingen datieren heute den Siedlungsbeginn an den untersuchten Stellen auf das dritte Jahrhundert vor Chr. mit Siedlungskontinuität bis in die merowingische Zeit, eine permanente Siedlungskontinuität wird allein an diesen Orten nicht ausgeschlossen. Allerdings greifen in dieser Zeit bereits durchgängige Grabungsfunde auf dem Kirchenhügel und im Velsterfeld.
Die These einer Identität Runiberguns mit Ronnenberg reiht sich ein in die archäologischen Datierungen und mutiert so zu einem belegähnlichen Indiz, das die Zeit bis zur belegten Ersterwähnung Ronnenbergs 968 maßgeblich überbrückt.
Vielen Dank
Karl-Fr. Seemann
10.5.2010
NS
Bild 1. Das Grundstück mit dem wunderschönen Fachwerkhaus oberhalb einer Beeke ist als Siedlungsstelle altersrekordverdächtig. (Zeitenwende!)
Bild 2. Das Bonifatiusportal auf dem Kirchenhügel als ältestes Baudenkmal.
(neuntes Jahrhundert?, die Seitenteile sind vermutlich älter)
Bild 3. Detail eines Kapitells der Bonifatiuskapelle. Insgesamt sind drei Kapitelle dieser Urkirche (Eigenkirche) des Deisterlandes erhalten.
Bild 4. Eines von den Dreien.
Bild 4. Die Michaeliskirche, ältestes noch erhaltenes Gebäude Ronnenbergs, erstmals urkundlich belegt 1291 wurde vermutlich um 1150 auf den Grundmauern einer früheren Holzkirche unmittelbar neben der Bonifatiuskapelle erbaut.
Vorabdruck eines Textbausteines der in Arbeit befindlichen Buchkritik.
Bürgerreporter:in:Karl-Fr. Seemann aus Ronnenberg |
3 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.