Wilhelm Neurohr: „WOHIN FLIESST DIE GEWERBESTEUER DER KETTENLÄDEN AUS DEN GLITZERNDEN ARKADEN?“ (Leserbrief)

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Leserbrief an die Recklinghäuser Zeitung:

„WOHIN FLIESST DIE GEWERBESTEUER DER KETTENLÄDEN AUS DEN GLITZERNDEN ARKADEN?“

Von Wilhelm Neurohr

Das in der Freitagausgabe veröffentlichte Luftbild des fast fertigen Rohbaus der „Recklinghäuser Arcaden“ verdeutlichte noch einmal mit ganzer Wucht die Ausmaße des riesigen Baukörpers (als Fremdkörper) in der historischen Altstadt. Dabei war sogar nur die eine Hälfte des im Bau befindlichen Einkaufscenters abgebildet.

Nachdem sich von Anfang an eine breite Allianz aus Rathaus, Lokalzeitung, Kaufmannschaft und Betreiber auf eine durchweg positive und werbewirksame Darstellung des Projektes eingeschworen hat, das auf Gedeih oder Verderb zum Erfolg verurteilt ist, gilt mittlerweile jeder Kritiker und Bedenkenträger als Spiel-verderber, wenn nicht sogar als „Nestbeschmutzer“ in dieser Stadt.

Mit der gemeinsamen massiven Öffentlichkeitsarbeit als kostenlose Werbung für das kom-merzielle Projekt ist längst auch „in Vorfreude auf die Eröffnung“ ein Großteil der Bürger-schaft als künftige Käufer, Kunden und Konsumenten für das Vorhaben eingenommen wor-den, das nicht nur für den Betreiber, sondern auch für unsere Stadt und ihre Bürger ein „Gewinn“ sein soll.

Es bleibt beim kritischen Betrachter und Altstadt-Liebhaber gleichwohl ein gehöriges Unbe-hagen: Die Glitzerwelt großer Einkaufszentren, auch „Malls“ genannt, mit ihren Modebou-tiquen, Schuhgeschäften und Parfümerien bekannter Ketten trägt zum Bild der Gleichmacherei bei. In jeder (verwechselbaren) Stadt dasselbe Angebot mit Verlust der örtlichen Individu-alität. Nach einer Studie des „Institutes für Gewerbezentren“ gibt es in Deutschland - trotz aller Kritik von Architekten und Ökonomen - mittlerweile fast 700 solcher gleichförmiger Einkaufszentren in den gewachsenen Innenstädten mit mindestens 8000 qm Größe bzw. 25.000 qm Durchschnittsgröße. Ganz viele davon heißen übrigens „Arcaden“. Und in zahlreichen Städten hat sich, allen gegenteiligen Beteuerungen, Konzepten und Anstrengungen zum Trotz, nach wenigen Jahren ein Nachteil für die Kaufkraftströme in den historischen Altstädten mit ihren individuellen, von ortsansässigen Inhabern geführten Läden herausgestellt.

Auch hat man dort mittlerweile die steuerlichen Nachteile erkannt. In Recklinghausen wurde leider noch gar nicht der Beitrag eines solchen Einkaufscenters mit seinen bekannten Einheits-Kettenläden für die systematische Verarmung der Kommune diskutiert: Die überregionalen Ketten sowie die Center-Betreiber zahlen nämlich in der Regel vor Ort kaum einen Cent Gewerbesteuer, anders als die heimische Kaufmannschaft. Wohin fließt die Gewerbesteuer der Kettenläden in den glitzernden Arcaden? Ob die Stadtverwaltung und ihr Kämmerer be-reit und in der Lage sind, unserem Stadtrat und der Öffentlichkeit einmal die steuerliche Kal-kulation bezüglich der Arkaden offenzulegen? Dann würde sich wahrscheinlich manches relativieren mit Blick auf die hochgesteckten Erwartungen zu den erhofften „positiven Effekten“ für unsere Stadt. Hoffentlich erweist sich das Ganze nicht als Bumerang für die Einnahmesi-tuation unserer Stadt, die ohnehin schon allerlei an planerischen und infrastrukturellen Vor-leistungen für den Großinvestor ausgegeben hat.….

Wilhelm Neurohr, Westviertel

Bürgerreporter:in:

Dietrich Stahlbaum aus Recklinghausen

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