Lkw-Fahrer aus Castrop-Rauxel spendete Stammzellen für Blutkrebspatienten
Seit einem Jahr pflegt Pierre Kückelmann aus Castrop-Rauxel (Kreis Recklinghausen) regelmäßig über das Internet Kontakt mit einem Mann in Kalifornien. Sie sind nicht verwandt und haben sich noch nie getroffen. Trotzdem haben sie eine besondere Verbindung: Vor mehr als drei Jahren war der 46-jährige Amerikaner auf eine Stammzelltransplantation angewiesen. Denn er hatte Leukämie. Die Transplantation von Stammzellen eines fremden Spenders war seine letzte Chance – Pierre Kückelmann sein Retter.
Die Geschichte beginnt 2005: In Castrop-Rauxel ist eine Frau an Leukämie erkrankt. Pierre Kückelmann will helfen. Bei der Stefan-Morsch-Stiftung, Deutschlands ältester Stammzellspenderdatei, lässt er sich als Stammzellspender registrieren. Die Stefan-Morsch-Stiftung im rheinland-pfälzischen Birkenfeld leistet seit fast 30 Jahren Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke. 350 Mal waren Mitarbeiter der Stiftung im Jahr 2013 unterwegs, um über Stammzellspende aufzuklären und potenzielle Stammzellspender in der Spenderdatei der Stiftung zu registrieren. Ein kleines Röhrchen voll Blut – so viel, wie in einen Fingerhut passt – genügt, um sich in der Datei aufnehmen zu lassen. Im Labor der Stiftung wird die Blutprobe dann auf die Gewebemerkmale, die HLA-Werte, hin untersucht. Diese Untersuchung nennt man Typisierung. Um als Spender für einen Leukämiepatienten in Frage zu kommen, sollten zehn der HLA-Werte mit denen des Patienten übereinstimmen. Passt ein möglicher Spender wird er von einer Mitarbeiterin der Stiftung kontaktiert.
Pierre Kückelmann erinnert sich noch ganz genau an den Tag, an dem er einen Brief der Stefan-Morsch-Stiftung bekam: „Das war mein 27. Geburtstag. Ich habe mich darüber gefreut, dass ich helfen kann.“ Gespendet hat der Lkw-Fahrer kurz vor Weihnachten 2010. Ähnlich wie bei einer Blutplasmaspende wurden ihm Stammzellen aus seinem Blut gefiltert. Was in der Regel drei bis fünf Stunden dauert, ging bei ihm ein bisschen schneller: „Ich hatte das Glück dass ich nicht so lange brauchte. Nach zweieinhalb Stunden hatte ich sogar die doppelte Menge Stammzellen.“ Seine Familie hatte er auf seiner Seite: „Meine Eltern und mein Bruder sind selbst auch typisiert.“ Die Vorgesetzten der Vestischen Dach- und Wandbaustoffe GmbH unterstützten ebenfalls sein Engagement und stellten ihn für die nötigen Termine frei.
Am Tag der Spende erfährt Kückelmann, dass seine Stammzellen in den USA von einem Mann Mitte 40 gebraucht werden. Nach der Entnahme bleibt der Patient präsent bei Kückelmann: „Ich habe viel an den Patienten gedacht und immer gehofft, dass er wieder gesund wird.“ Doch zu diesem Zeitpunkt bleiben Spender und Empfänger noch anonym. „Ich habe ganz oft bei der Stiftung nachgefragt, wie es ihm geht.“ Vier Monate nach der Transplantation können Spender bei ihrer Betreuerin zwar nachfragen, wie die Stammzelltransplantation beim Empfänger angeschlagen hat, aber ein direkter Kontakt ist vor dem Ablauf von zwei Jahren nicht möglich. Erst dann ist ein persönlicher Kontakt möglich, wenn beide damit einverstanden sind.
Im Frühling 2013 ist es soweit: Pierre Kückelmann, der seine Freizeit mit seinem verspielten Rodesian Ridgeback-Rüden „Bhanu“ verbringt, hat sein Einverständnis gegeben, dass die Adressen ausgetauscht werden dürfen. Da kommt auch schon eine E-Mail aus Kalifornien: „Er war sehr dankbar und schrieb, ich wäre sein Lebensretter und ein Held. Es würde ihm wirklich gut gehen.“ Während er das erzählt, ist er ein bisschen verlegen. Für den 30-Jährigen ist das, was er getan hat, eine Selbstverständlichkeit: „Es nicht getan zu haben, wäre ein Unding.“ Per Mail erfahren beide mehr von einander. Inzwischen nennen sie sich „Blutsbrüder“: „Er ist verheiratet, hat drei erwachsene Töchter und ist vor kurzem zum zweiten Mal Opa geworden“ – Fakten, die Pierre Kückelmann noch mehr überzeugen, das Richtige getan zu haben: „Ich freue mich ungemein, dass ich da jemandem helfen konnte.“
Seitdem halten die beiden Männer via sozialem Netzwerk im Internet Kontakt: „Wir haben uns gleichzeitig bei einem sozialen Netzwerk angemeldet, um uns besser schreiben zu können. Ohne, dass wir uns abgesprochen haben.“ Jederzeit würde Pierre Kückelmann wieder helfen, denn für ihn gilt: „Gibt es etwas schöneres, als nach einer Typisierung einem Menschen eine Zukunft zu geben?“
Antworten auf die häufigsten Fragen rund um das Thema Stammzellspende:
Wie wird man Stammzellspender?
Prinzipiell kann jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 40 Jahren Stammzellen spenden. Informationen über Ausschlussgründe lassen sich auf der Internetseite der Stefan-Morsch-Stiftung (www.stefan-morsch-stiftung.de) nachlesen. Die Typisierung ist für alle Spender kostenlos, jedoch werden Spenden zur Finanzierung der Blutuntersuchungen gerne entgegen genommen – da jede Spenderregistrierung mindestens 50 Euro kostet.
Die aktuellen Termine für die Typisierungsaktionen der Stefan-Morsch-Stiftung findet man auf der Homepage. Zudem gibt es dort auch die Möglichkeit sich online registrieren zu lassen. Über den Button „Online-Registrierung“ auf der Startseite kann man sich eingehend informieren, die Einverständniserklärung ausfüllen und sich ein Entnahmeset zuschicken lassen – entweder für eine kleine Blutprobe oder einen Abstrich der Mundschleimhaut. In dem Päckchen ist das entsprechende Material, um sich bei seinem Hausarzt eine Blutprobe entnehmen zu lassen oder den Wangenabstrich durchzuführen. Dieses Päckchen wird einfach an die Stefan-Morsch-Stiftung zurückgesendet. Falls Sie Fragen zu den Ausschlusskriterien haben, rufen Sie einfach unsere gebührenfreie Hotline (08 00 - 766 77 24) an.
Ab welchem Alter kann man sich typisieren lassen?
Jeder gesunde Erwachsene ab 18 Jahren kann sich als Stammzellspender registrieren lassen. Mit dem Einverständnis der Eltern kann man sich bereits ab 16 Jahren typisieren lassen. Die Eltern sollten dann die Einverständniserklärung mit unterschreiben. Für die Spendersuche wird man erst mit Erreichen der Volljährigkeit freigeschaltet. Bevor das geschieht, wird der Spender von der Stefan-Morsch-Stiftung noch einmal angeschrieben, um die Einverständniserklärung zu bestätigen.
Warum liegt das Typisierungsalter bei der Stefan-Morsch-Stiftung bei 40 Jahren?
Prinzipiell kann sich jeder gesunde Erwachsene zwischen 18 und 60 Jahren registrieren lassen. Das Höchstalter für eine kostenlose Neuaufnahme haben wir für unsere Datei so festgelegt, da wir wissen, dass Spender, die älter als 40 Jahre sind, nicht mehr oder nur noch sehr selten von den Transplantationszentren als Spender angefordert werden. Das liegt unter anderem daran, dass sich mit zunehmendem Alter die Zellteilung verlangsamt und die Beschwerden zunehmen. Deshalb bitten wir, Spender, die älter als 40 Jahre sind, einen Beitrag für die Typisierungskosten zu leisten. Denn als gemeinnützige Organisation finanzieren wir die Registrierungen aus Spendengeldern. Und diese Gelder wollen und müssen wir so verantwortungsvoll wie möglich einsetzen.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient einen passenden Spender findet?
Die Wahrscheinlichkeit, für einen Patienten einen kompatiblen Stammzellspender zu finden liegt in der Größenordnung von 1:10.000 und 1:1.000.000 und ist abhängig von den Gewebemerkmalen (HLA-Merkmalen) des Patienten. Je genauer die Übereinstimmung zwischen den Merkmalen dieses DNA-Teilstückes des Spenders und denen des Patienten ist, umso größer sind die Erfolgsaussichten für eine Stammzelltransplantation.
Ich bin bereits typisiert. Soll ich nochmal?
Wer bereits typisiert ist, sollte sich nicht noch einmal registrieren lassen. Egal, wo er registriert ist, die Daten aller Stammzellspenderdateien stehen anonymisiert über das deutsche Zentralregister des ZKRD für weltweite Suchanfragen zur Verfügung. Wer mehrfach registriert ist, würde als Mehrfach-Treffer erscheinen und so zunächst den Eindruck erwecken, es gäbe mehrere Spender zu Auswahl. Letztendlich wäre das eine trügerische Hoffnung. Wer schon typisiert ist, sollte jedoch überlegen, ob die Spenderdatei noch die aktuellen Kontaktdaten hat.
Sollten Sie noch Fragen haben – die Stefan-Morsch-Stiftung ist unter der gebührenfreien Hotline 08 00 - 766 77 24 oder über info@stefan-morsch-stiftung.de erreichbar. Auf der Homepage www.stefan-morsch-stiftung.de oder via Facebook kann man sich ebenfalls informieren.
Die Stefan-Morsch-Stiftung
Die Stefan-Morsch-Stiftung mit Sitz im rheinland-pfälzischen Birkenfeld ist die älteste Stammzellspenderdatei Deutschlands. Unter dem Leitmotiv “Hoffen – Helfen – Heilen“ bietet die gemeinnützige Stiftung seit 1986 Hilfe für Leukämie- und Tumorkranke – in jeder Frage. Leukämie - 11. 000 Mal pro Jahr wird allein in Deutschland diese Diagnose gestellt. Mal ist es ein berühmter Fußballer, mal die Frau eines Arbeitskollegen, mal der Sohn eines Vereinskameraden, mal der Bekannte eines Freundes – es könnte aber auch Ihr Kind, Ihre Frau, Sie selbst treffen.
Hilfe ist oft nur möglich, wenn es Menschen gibt, die sich freiwillig als Stammzellspender und damit als potenzieller Lebensretter für Patienten zur Verfügung stellen. Deshalb wirbt die Stefan-Morsch-Stiftung dafür, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen. Mit jedem neu gewonnenen Spender erhöht sich die Chance, für einen Patienten einen passenden Stammzellspender zu finden. Nur dann hat die Übertragung von Stammzellen den gewünschten Erfolg, bei Krankheiten, für die es ansonsten keine vergleichbaren Möglichkeiten der Heilung oder des Überlebens gibt. So vermittelt die gemeinnützige Stiftung täglich Stammzell- oder Knochenmarkspender aus der Spenderdatei als Lebensretter für Patienten weltweit.
Die Stiftung ist Teil eines Netzwerkes, das Menschen über alle Grenzen hinweg das Leben rettet. So ist die Stefan-Morsch-Stiftung an das Zentrale Knochenmarkspender-Register für die Bundesrepublik Deutschland (ZKRD) angeschlossen, in dem alle für die Suche nach einem passenden Spender relevanten Daten aus ganz Deutschland zusammenlaufen und damit weltweit zur Verfügung stehen.
Aufgrund der internationalen Zusammenarbeit kann es sein, dass ein deutscher Patient Stammzellen aus Kanada erhält, oder ein Stammzellspender in Deutschland für einen Erkrankten in Griechenland gefunden wird.
Zudem bringen Vertreter unserer Stiftung über die Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD), European Group of Blood and Marrow Transplantation (EBMT) und World Marrow Donor Association (WMDA) auf nationaler und internationaler Ebene ihre Erfahrungen ein, wenn Experten die neuesten Forschungsergebnisse diskutieren und das weltweite Netzwerk optimieren.
Des Weiteren hat sich die Stefan-Morsch-Stiftung zum Ziel gesetzt, Patienten und ihren Angehörigen zur Seite zu stehen. Wir helfen bei der Vermittlung von Kliniken oder Ärzten, beraten aber auch den Patienten nach der Transplantation. Die Stiftung gibt im Notfall finanzielle Hilfen. So können ungedeckte Kosten des Patienten, die durch eine Leukämie-Erkrankung entstanden sind und zu einer wirtschaftlichen Notlage geführt haben, übernommen werden.
Bürgerreporter:in:Annika Zimmer aus Birkenfeld |
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