Billi aus der Kreuzgasse
Billi, du lieber Freund aus der Kreuzgasse . . . ja, ja, ja ich tue es jetzt und heute. Ja, es wird Zeit, dass ich von dir berichte. Seit vielen Tagen, Wochen gehst du mit mir – oder ich mit dir? Manchmal so, und dann wieder so.
Also jetzt mal ganz von vorne, damit jeder weiß wer du bist und mit wem ich fast täglich unterwegs bin:
klein und blond, kurzbeinig und einäugig, kurzatmig und schon ein bißchen älter, ja das bist du und so in etwa siehst du aus. ABER – du bist fröhlich, liebenswert, tapfer und neugierig. Du bist eben der Billi, der kleine Herzensbub von deinem blinden „Fraule“.
Ich kam zu dir wie die „Jungfrau zu ihrem Kind“. Du wohnst mit deiner Lebensretterin mitten in der Altstadt von Nördlingen, ganz nah bei dem Zuhause der Störche, neben dem Brot – und Tanzhaus. Deine Herzensdame ist blind, total blind. Sie sieht nicht hell und auch nicht dunkel – aber sie schafft ihr Leben tapfer und ohne Klagen. Sie ist eben DEINE Herzensdame. Sie hat dich mit vier Wochen im Müll entdeckt, hat dich umsorgt, geliebt und großgezogen – gerettet – und behalten – ein Versprechen für dich abgegeben.
Damals, ja damals war deine „Ziehmutti“ noch nicht blind, damals ging alles wie von selbst. Sie konnte bis vor sieben Jahren die Welt noch mit offenen und gesunden Augen erleben – auch dich Billi, auch dich den Einäugigen hat sie mit offenen Augen und offenem Herzen lieben gelernt. Jetzt bist du 12 Jahre alt – oder jung? Und sie liebt dich noch immer aus ganzem Herzen – deine Herzensdame, deine Ziehmutti, deine Gefährtin im nicht ganz einfachen Alltag für eine BLINDE . . .
Die blinde Mitbürgerin in unserer Stadt sollte eigentlich einen Blindenhund bekommen, einen Begleiter in ihren dunklen Tagen der sie sicher von hier bis dort und von hüben bis drüben führen kann. Noch geht es nicht – denn da ist Billi. Der kleine Wicht will alleine mit Frauchen leben – Billi duldet keinen anderen Hund neben sich. Und Frauchen? Sie sieht das ein, hegt und pflegt den kleinen Mann. Sie liebt ihn seit 12 Jahren und will sich auch nicht von diesem kleinen Wonneproppen trennen . . . finde ich einmalig schön und vor allen Dingen - selbstlos.
Frau H. hat Schlimmes erlebt und ist seit sieben Jahren total blind – ohne Licht und Schatten. Sie meistert ihr Leben vorbildlich mit einer besonderen Heiterkeit und Ausstrahlung. Mit Billi kann sie aber nicht Gassi gehen. Sie würde sich in seiner Leine verwickeln, stolpern und erst recht nicht auf der Straße zurechtfinden.
Durch Zufall habe ich sie kennen gelernt und von ihrem Schicksal erfahren. Ich helfe ihr den kleinen Lichtblick ihrer blinden Tage auszuführen und mich ein bisschen um Billi aus der Kreuzgasse in Nördlingen zu kümmern. Und das Schönste, das Allerbeste – ich mag ihn, ich liebe ihn.
Darum Billi, bis bald – bis zum nächsten Spaziergang durch unsere schöne Stadt, bis hinüber zur Brücke über die Eger, bis zur Walkmühle . . . deine kleinen und großen Freunde treffen - bis nachher . . .
Bürgerreporter:in:Heidi Kaellner aus Nördlingen |
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