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Hainhofen damals
Westheim ab 7.05 Uhr

Der Kiosk zur Glückseligkeit

Wenn man in den frühen 60er Jahren in Hainhofen wohnte und "Öffentlicher Nahverkehr" sagte, meinte man damit den Zug von Westheim "in d'Stadt nei". Was anderes gab es nicht und wenn man 12 Jahre alt war und zu den vom Herrn Lehrer auserwählten und von den Kumpels verschmähten Schülern gehörte, welche auf die Mittelschule oder das Gymnasium geschickt wurden, hieß das gleichzeitig Tag für Tag, bei Wind und Wetter mit dem klapprigen Fahrrad auf dem "Wiesenweg" nach Westheim zu radeln, denn Elterntaxis waren noch Lichtjahre entfernt. Das war an warmen Sommertagen einigermaßen lustig, aber in den schneereichen Wintern, wenn es um 7 Uhr morgens noch stockfinster war und ungeräumter Schnee den Dynamo außer Funktion setzte, waren die 2 Kilometer ein ungemütlicher Kraftakt für uns junge Pendler. An der kleinen Unterführung gab es ein richtiges kleines Kaufhaus mit Schaufenstern und einem breiten Angebot von der hölzernen Schneeschaufel bis zum holzfreien Schulheft. Dort durfte man im Garten kostenfrei sein Fahrrad einstellen. Dann gings zu Fuß auf dem "Gängele" am Bahndamm entlang zum Bahnhof. Eine Menge Erwachsene waren auch unterwegs, denn ein Auto besaßen noch die wenigsten und schon gar nicht die einfachen Arbeiter, die man schlicht "Fabrikler" nannte. Der Bahnhof Westheim war respekteinflößend groß, hatte einen Fahrkartenschalter, eine Annahmestelle für Expressgut, einen offenen und einen geschlossenen Wartesaal und es gab diesen wunderbaren Kiosk im hölzernen Anbau, das Wunderland für 12jährige! Hier warteten tausend Dinge, die es in Hainhofen nicht gab: bunte Comics und eine unfaßbare Auswahl an Schleckereien und Wundertüten. Der Verkaufsraum war beängstigend eng und vollgepropft mit Rauchwaren, Zeitschriften und bunten Schnapsflaschen bis unter die Decke. Ein Wunder, daß der riesige Mann mit seinem viel kurzen Arbeitsmäntelchen hinter den Tresen paßte. In einer verqualmten Ecke standen immer ein paar der Fabrikler, pafften was das Zeug hielt und nuckelten Underberg aus winzigen Fläschchen. Um zum Bahnsteig zu gelangen, mußte man erstmal durch die Sperre. In einem kleinen Kabäuschen saß ein uniformierter älterer Herr und kontrollierte unerbittlich die Fahrausweise. Kurz nach sieben gab es zwei Züge in die Stadt: um 7.05 Uhr den Markt Walder und um 7.12 Uhr den Ulmer. Ich bestieg meistens den Markt Walder, denn die "Staudenbahn" hatte keinen Strom und fuhr lange Zeit mit rußenden Dampfloks und später mit den rumpelnden roten Schienenbussen. Dann gings los Richtung Augsburg, vorbei am großen Wärterstellwerk, wo mein Vater die rotweißen Signale auf Fahrt stellte. Das fand ich cool, obwohl dieses Wort dafür erst viel später erfunden wurde.

  • Die qualmende Staudenbahn am Wärterstellwerk Westheim
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  • Das Wärterstellwerk und das Lager der Firma Attinger
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  • Hier wurden die Signalhebel gestellt
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  • Beginn einer neuen Ära mit den ersten Intercity-Zügen gezogen von der legendären E103.
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  • Wie ein Relikt vergangener Tage wirkt der Bahnsteig in Westheim im Zeitalter der ICEs.
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3 Kommentare

Der Bericht ist gut. Erinnert mich an meine eigene Zeit der Berufsausbildung, Pendler zwischen Springe und Hannover. Aus dem Fenster sehen wurde mit einen kleinen Stück Ruß im Auge bestraft.

Vielen Dank für diese kleine Zeitreise.

💕🥰👍

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