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Hainhofen damals
VOM STIER BLIEB NUR EINE WIESE

  • Der Gemeindestier geführt von Johann Wittmann, dem letzten Landwirt auf dem Hof in der Dorfmitte
    (Bild: Familie Wittmann)
  • hochgeladen von Helmut Weinl

Erinnerung an ein ganz besonderes Tier

In Zeiten, in denen wir noch nicht navigesteuert per GPS durch die Landschaft fuhren oder wanderten, waren Flurnamen das gängige Mittel zur Orientierung in freier Natur. Jeder Ortsansässige wußte ohne Geodaten wo man den "Hopfengarten" oder das "Fuchshohl" suchen mußte. Ein Relikt dieser Ära ist die sog. "Stierwiese", die sich am südwestlichen Ortsrand von Westheim zwischen dem Spielplatz an der Hainhofer Straße und dem Freiland-Gänsestall der Familie Böhm befindet. Eng verbunden ist der Name dieses Flurstücks jedoch mit der Geschichte des Nachbarorts Hainhofen.

Wie in fast allen Bauerndörfern wurden in Hainhofen ein oder zwei Gemeindestiere gehalten. Alle Landwirte des Dorfs gehörten der sog. "Zuchtgenossenschaft" an. Einmal jährlich wurde der Viehbestand jedes Hofs durch eine amtliche Kommission gezählt und je nach Stückzahl war ein festgelegter Betrag in die Genossenschaft einzuzahlen. Aus der Gemeinschaftskasse wurden die Zuchtstiere eingekauft und deren Unterhalt bestritten. Die Stierstände, zu dem die Kühe zur Besamung gebracht wurden, befanden sich nach dem gültigen "Stierrecht" in Stallungen von einem oder zwei dafür festgelegten Höfen. In Hainhofen war das z.B. beim Welzhofer oder für lange Jahre auf dem Wittmann-Hof in der Dorfmitte. Da die Bullenhaltung sehr aufwendig ist, kamen dafür nur die größeren Gehöfte in Frage.

Die Stiere hatten in Zeiten, in denen es noch viele Betriebe mit Viehbestand in der Gemeinde gab, ausreichend zu tun und so kamen fast täglich Bauern mit ihren Kühen zu den Stallzeiten zum Wittmannhof. Ein Obulus von 1 DM war für jeden dieser Besuche zu entrichten, ob er nun erfolgreich war oder nicht. Für die Dorfkinder war es stets ein spannendes Spektakel den furchteinflößenden Stier einmal durch die trübe Scheibe des Stallfensters zu beobachten. Für die Besamung gab es einen speziell dafür gebauten "Stierstand". Doch nicht jeder Stier bzw. nicht jede seiner ihm zugeführten "Bräute" hatte in diesem sterilen Umfeld Lust auf körperliche Liebe. Dann verlagerte man den Akt der Vereinigung ins Freie, was jedoch nicht völlig frei von Gefahren war und im Hof, der im Winter von Glatteis überzogen war, soll es dabei zu einigen kuriosen Ausrutschern gekommen sein.

Um standhaft ihre volle männliche Leistung abzuliefern, mußten die Stiere natürlich gut im Futter stehen. Dafür wurde dem Halter u.a. das Recht zur Nutzung der eingangs genannten "Stierwiese" zugesprochen, die sich im Besitz der Gemeinde befand. Die Wiese ist auch heute immer noch eine landwirtschaftliche genutzte Grünfläche. Einen Stier gibt es in Hainhofen allerdings schon viele Jahre nicht mehr, obwohl das alte "Stierrecht" immer noch einem der letzten Höfe des Neusässer Ortsteils zugesprochen ist. Die Befruchtung der Kühe erfolgt heutzutage in den meisten Fällen völlig unspektakulär durch künstliche Besamung, wobei die Trefferquote, daß eine Kuh trächtig wird, beim sogenannten "Natursprung" statistisch deutlich höher liegt.

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