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CAPPUCCINO CORONA TO GO

  • Wochenlang bleiben die Tische verwaist
  • hochgeladen von Helmut Weinl

Covid 19 und die Daimlerstraße 7

Ich bin Trainer des FC Augsburg. Und ich bin Sportlicher Direktor. Jeden Freitag! Im Café Schneider in Neusäß beim wöchentlichen "Experten-Stammtisch" mit den Freunden. Wir werfen Punkt 10 Uhr Spieler aus der Mannschaft, bedienen uns großspurig auf dem Transfermarkt, geben bedingungslose Offensive als ultimative Taktik vor und an Länderspieltagen sind wir alle auch ein bißchen Jogi. Zwischen Besserwissen und todsicheren Tipps fürs Wochenende paßt stets eine krosse Butterbreze und ein schaumiger Cappuccino. Das maskulin herbe Pils danach ist Lorbeerkranz oder Trostpflaster, je nach Tabellenstand. Liebgewonnene Rituale unter Kumpels, unverbindlicher Männertratsch, der keine Regeln braucht.
So war das! Bis Covid 19 durch die Daimlerstraße wehte, Tröpfchen für Tröpfchen. Heute komme ich alleine, nur zum Semmelholen im gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand. Noch im Auto fummle ich diese lästige, irgendwie immer feuchte Maske übers Gesicht. Jeder Einkauf ein gut vorbereiteter Banküberfall! Vor der Apotheke stehen die verhüllten Kunden Schlange, drinnen werden die disziplinierten Maskierten zu Desinfizierten gesprayt. Ich husche ohne einzuatmen vorbei Richtung Bäckerei. Ich bin Rentner. Ich gelte als Risikoträger. Im Café riecht es heute nicht nach Hefeteilchen und frisch gebrühtem Kaffee, der Nasenschutz sperrt Viren und Aromen aus. Hochsicherheitstrakt, Linien weisen den Weg, Abstandshalter geben den Takt vor, eine Schiefertafel befiehlt die Richtung: „Bitte rechts herum anstehen!“ Unser Tisch in der Ecke ist seit Wochen abgesperrt mit Polizeibändern wie ein Tatort bei „Hubert und Staller“. Wie immer beschlägt die Brille sekundengenau dann, wenn man an der Reihe ist, Gebäck aussuchen wird zur Lotterie, die Verständigung mit dem Stück Stoff im Mund zum Gestammel. "Fünf Pfefferbrezen" mußt Du mit dem Virenknebel auf den Lippen erstmal unfallfrei den Schneidermädels am Tresen durchstellen. Aber die Profis hinter der sterilen Plastikscheibe machen ihren Job geduldig wie immer, bedienen einen freundlich wie immer, begrüßen einen herzlich wie immer! Viele nennen sie jetzt großspurig "unsere Helden des Alltags" und lassen sich trotzdem jeden schäbigen Cent ihres Restgelds auszahlen. „Geiz ist geil“ übersteht in Schwaben jede Krise! 
Mein Bezahlvorgang gelingt indes erstaunlich gut. Ich sehe zwar mit den bedampften Augengläsern nur verschwommene Umrisse, aber dafür höre ich umso besser, weil die strammen Gummizüge meiner Edeka-Maske die Ohrmuscheln nach vorne klappen. Und ich lasse mich spontan zu einer Sünde hinreißen, tue was ich noch nie wagte und bestelle den ersten Becher Cappuccino-To-Go meines Lebens und eine Butterbreze zum Mitnehmen. Mit schlechtem Umweltgewissen und der Beute schleiche ich verstohlen zum Auto, stelle beides aufs Armaturenbrett, bringe das Smartphone in Anschlag und als ich den ersten Schluck des Heißgetränks genüßlich aus der Schnabeltasse nuckle und in die buttrige Breze beiße, ertönt bei einem halben Dutzend Bundestrainern unisono der WhatsApp-Klingelton und meldet "HaWe schreibt" …

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  • Gespräche gibts nicht zum Mitnehmen!
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