Musikgeschichten aus Steppach
Ortsgeschichte: Für den „Mussinan-Marsch“ von Karl Carl hatte der ehemalige Steppacher Pfarrer Josef Wilhelm Eberle einst die Vorlage komponiert
Kürzlich bekam ich einige alte Notenblätter in die Hand. Dabei fand ich auch einen Zithernotensatz des Mussinan-Marsches. Das Stück besticht durch seinen zackigen Auftakt, mehrere interessante Rhythmuswechsel sowie einem mitreißenden Schlussteil. Das Besondere an diesem Militärmarsch ist aber die unmittelbare Verbindung zu Steppach. Die Wurzeln dieser Melodie gehen auf einen früheren Geistlichen zurück, auf Pfarrer Josef Wilhelm Eberle. Er übernahm vor rund 160 Jahren, genauer im Mai 1859, die Gemeinde und prägte sie musikalisch. Er gründete eine eigene Blaskapelle und komponierte (nachzulesen in der Steppacher Ortschronik). Insgesamt wirkte Pfarrer Eberle 26 Jahre in Steppach, war außerdem Gründungsmitglied der Freiwilligen Feuerwehr und komponierte im Juli 1874 das „Festlied der Steppacher Feuerwehr“. Diese musikalische Leidenschaft teilte Pfarrer Eberle mit einem Zeitgenossen, dem Marschkomponisten Karl Carl (1830 – 1898), manchmal auch Carl Carl geschrieben. Karl Carl war zu jener Zeit Militärmusikdirigent in Augsburg und ein „hervorragender tüchtiger Stabstrompeter“, so ist es aus alten Archivaufzeichnungen zu entnehmen. Er formte seine Musiker zu einem Trompeterkorps „wie es bisher in Bayern ohne Beispiel war“, hieß es später im Nachruf der Augsburger Abendzeitung vom August 1898 und, dass Carl „einer der begabtesten, tüchtigsten und vielleicht der volkstümlichste Militärkapellmeister der bayerischen Armee“ gewesen sei. Diese beiden Musiker, Pfarrer Eberle und Trompeter Karl Carl, verband eine langjährige Freundschaft. Aus diesem Grund übergab Eberle kurz vor seinem Tod einige seiner Notenaufzeichnung an Carl mit der Bitte, er solle aus diesen an seiner Beerdigung spielen. Pfarrer Eberle starb 1884 in Steppach und wurde auch hier beerdigt. Diese Kompositionen waren Grundlage für den bekannten „Mussinan-Marsch“, benannt nach Ludwig Ritter von Mussinan (1826-1908). 1925 wurde dieser Marsch zum Armeemarsch II,248 bestimmt. Wegen dieser Noten kam es in späteren Jahren noch zu einer Gerichtsverhandlung. Karl Carl wurde wegen Verletzung des Urheberrechts angeklagt. Bei einer Aufsehen erregenden Gerichtsverhandlung wurde die Klage aber abgewiesen und festgestellt, dass „Karl Carl, fußend auf der ihm noch dazu ausdrücklich überlassen musikalischen Grundidee, ein Werk ganz persönlichen Gepräges geschaffen hatte, das mit Recht seinen Namen trägt.“