myheimat Hainhofen
DER SCHÄRFSTE SEELSORGER IM LANDKREIS
Pfarrer Karl Freihalter feierte ein seltenes Jubiläum
Ein falsch berechneter Jahrtag?
Es ist in unserer schnelllebigen Zeit ein ungewöhnliches Dienstjubiläum, welches die Pfarrgemeinde Hainhofen/Schlipsheim an diesem Pfingstsonntag 2023 feierte, obwohl der Termin dafür längst verstrichen war. Pfarrer Karl Freihalter wurde an diesem Tag dafür geehrt, daß er seit unglaublichen vierzig Jahren hier im kleinen Dorf im Schmuttertal als Seelsorger tätig und somit „Hausherr“ der Pfarrkirche St. Stephan ist. Am 15.09.1982 kam er ins Pfarrhaus am Kirchberg, direkt neben dem Torbogen zum "Schwäbischen Himmelreich" und am 03.10.1982 zelebrierte er in der Kirche nebenan seine erste Messe. Das runde Jubiläum hätte demnach rechnerisch bereits im Herbst des letzten Jahres auf dem Terminplan gestanden, doch eine schmerzhafte Krankheit zwang den 83jährigen zu einem wochenlangen Aufenthalt in der Uniklinik, zu der er nebenbei ein ganz besonderes Verhältnis hat.
Von der „Veilchenau“ in die Notaufnahme ...
… soweit spannt sich der weite Bogen der seelsorgerischen Tätigkeiten, die zum Aufgabenfeld Karl Freihalters zählten. Nach seinen Anfangsjahren in der Dompfarrei und einer Berufung als Regionaljugendseelsorger betreute er u.a. 25 lange Jahre als Klinikpfarrer unzählige Patienten und deren Angehörige in ganz schwierigen Situationen. In einer weiteren Funktion als Regionaldekan des damaligen Dekanats Dinkelscherben (heute Augsburg-Land) führte ihn der Weg auch in die Wallfahrtskirche St. Michael in Violau, einem Ortsteil von Altenmünster, dessen heutiger Name „Veilchenau“ bedeutet. Doch der Mittelpunkt seines Wirkens war und ist bis zum heutigen Tag seine geliebte Pfarrgemeinde Hainhofen/Schlipsheim. Das berühmte Zitat, wie er seine berufliche Situation zu Beginn einschätzte, ist einer dieser „echten Freihalter“: „Ich mach's wie viele Hainhofer. Ich wohne in Hainhofen und fahre zum Arbeiten in die Stadt“.
Der Dreißigste schaffte den Vierziger
Karl Freihalter übernahm die Dorfpfarrerstelle von seinem Vorgänger Josef Böhler, der von 1950 bis 1982 als 29. Pfarrer in Hainhofen tätig war. Doch keiner der bisherigen Priester erreichte eine derart lange „Laufzeit“ wie der aktuelle Seelsorger Freihalter, der nun schon im 41. Jahr seine Gemeinde betreut. Mit seiner Amtsübernahme wehte auch ein deutlich frischerer Wind über St. Stephan und den Kirchberg. Nach dem erzkonservativen, in verkrusteten Strukturen agierenden Böhler, fühlten sich nicht wenige unter dem neuen Pfarrer, wie es sein Name insgeheim hoffen ließ, befreiter im Umgang mit der Kirche. Insbesondere zu den Kindern gelang es „dem Neuen“ ein entspannteres Verhältnis aufzubauen, welches sich bis in die heutigen Tage in seinem Wirken durchzieht. Die Ökumene, die Verbundenheit unterschiedlicher christlicher Konfessionen, im kirchlichen Alltag tatsächlich umzusetzen, ist ein weitere Konstante seiner langjährigen Tätigkeit.
Zeitzeugen erweisen ihm die Ehre
Eine derart lange Schaffensperiode hinterläßt sichtbare Spuren in der Gemeinde. Von den vielen Bau- und Renovierungsarbeiten, die von Karl Freihalter fachmännisch begleitet wurden, sei an erster Stelle die erst im letzten Jahr abgeschlossene Erneuerung der Kapelle St. Nikolaus im Ortsteil Schlipsheim genannt. Wie viele Kinder er in den 40 Jahren getauft hat, wie viele Paare er getraut und wie viele Bürger er auf ihrem letzten Gang begleitet hat, weiß wohl wirklich nur der Liebe Gott. Aber wie zu jedem Festakt eines langen Wirkens lädt man gerne einige Zeitzeugen ein. Und man findet heute im kleinen Hainhofen tatsächlich noch drei seiner lebenden "Gesellenstücke" : da ist das Ehepaar Schedel, welches im Jahr 1982 als erstes bei ihm vor dem Traualtar trat und da ist Michael Weinl, der als erster Täufling von ihm mit geweihten Wasser übergossen wurde.
Gottes Mühlen mahlen langsam aber sicher
Doch wie erklärt sich bei soviel Ehrerbietung die despektierlich Andeutung vom „schärfsten“ Priester im Titel dieses Beitrags? Keine Angst liebe Leser, wir driften zum guten Schluß nicht ab in die Niederungen zotiger Stammtischwitze. Pfarrer Freihalter ist kulinarischen Genüssen stets zugetan und man kann mit ihm nicht nur über das biblische Abendmahl, sondern auch über die ideale Garstufe eines schwäbischen Zwiebelrostbratens trefflich diskutieren. Und so kam es, daß wir nach einer Taufe zusammen am Mittagstisch eines Neusässer Gasthauses saßen, als der Ruf nach einer Pfeffermühle zu vernehmen war. Jeder Gourmet schwört darauf, daß das unvergleichliche Aroma eines in der Mühle frisch gemahlenen Pfeffers niemals durch das geschmacksfreie Pulver aus einem Streuer ersetzt werden kann. Und so verkündete Hochwürden stolz, daß es kein Problem wäre, wenn die Bedienung nicht augenblicklich mit einer richtigen Pfeffermühle dienen könne, denn er habe für jegliche gastronomische Notfälle stets eine einsatzbereit draußen in seinem VW Golf. Dort wo andere Seelsorger im „Notfallkoffer“ das Öl für die Krankensalbung mit sich führen, ist bei Pfarrer Freihalter eben auch Platz für stets frischen Pfeffer aus der Mühle!
So lernte man auch in so einem privaten Augenblick mit dem langjährigen Seelenhirten des Ortsteils Hainhofen einen Menschen kennen, in dem sehr viel mehr steckt, als man hinter seinem Beruf bzw. seiner Berufung vermutet. Das ist neben dem Theologen auch der begabte Kalligraph, der engagierte Buchautor, der beflissene Kunstkenner, der frankophile Feinschmecker und in manchen Momenten, wenn sein Dienstherr nicht ganz genau hinsieht, auch der verschmitzte Don Camillo mit der Feuerwehrmütze auf dem Kopf und dem Schalk im Nacken.
Alle Fotos der Jubiläumsfeier: Dieter Weinl
Einige Informationen zum Werdegang sind der Laudatio von Marlene Burkhardt entnommen