Karl Kane Krimis: Gangster schreibt, zynischer Privatdetektiv ermittelt
Sam Millar hat mit Privatdetektiv Karl Kane einen ungewöhnlichen Ermittler in Serie geschickt. Der geschiedene Zyniker ist kontinuierlich pleite, dem Glücksspiel verfallen, steht als Ex-Polizist auf Kriegsfuß mit den örtlichen Ermittlungsbeamten, hat immer einen beleidigenden Spruch auf den Lippen und erhält auf seine Romaneinsendungen regelmäßig Absagen von Buchverlagen. Im Atrium Verlag sind seine beiden ersten Fälle „Die Bestien von Belfast“ und „Die satten Toten“ erschienen.
Der erwachsene Karl Kane wird in „Die Bestien von Belfast“ eingeführt, als er sich im Büro gerade den blanken Hintern mit Hämorrhoidensalbe eincremt und seine Sekräterin/Freundin just in dem Moment den Raum betritt. Er bekommt den Auftrag, alles über einen Toten im Botanischen Garten herauszufinden. Weitere Morde kommen hinzu bis Karl Kane herausfindet, dass Rache das Motiv ist. Dabei stirbt niemand, der nicht schon selbst Menschen aus dem Leben befördert oder anderweitig eine riesige Ladung Dreck am Stecken hat - ein Auftragskiller a.D. im Rollstuhl, korrupte Polizisten, kriminelle Gefängnisaufseher.
Nichts für schwache Nerven
Belfast wie es Sam Miller beschreibt, ist ein raues, düsteres Pflaster. Der Autor war IRA-Mitglied und hat einen Raubüberfall; insgesamt verbrachte er acht Jahre im Knast. Diese Erlebnisse äußern sich in einer eigenwilligen, derben Sprache, geprägt von Flüchen und einer emotionalen Distanz seines Protagonisten zum Fall. „Die Bestien von Belfast“ überflutet den Leser mit Kapiteln, in denen sehr viele Figuren in unterschiedlichen Zeiten eingeführt werden, die zunächst gar nichts miteinander zu tun zu haben scheinen. Erst ab etwa der Hälfte der Lektüre laufen die Fäden zusammen, lichtet sich der Nebel. Dann nimmt die Geschichte Fahrt auf, bekommt eine gewisse Dynamik und beginnt zu fesseln. Allerdings hätte das Lektorat eine weitere Korrekturschleife einbauen können. Der erste Band der Reihe um Privatdetektiv Karl Kane ist gewöhnungsbedürftig, aber außergewöhnlich.
Wer sich mit dem Stil von Sam Millar sowie dessen Belfast-Szenario arrangiert und danach den zweiten Band „Die satten Toten“ in die Hand nimmt, hat die Einstiegshürde überwunden und klappt das Werk, in dem Obdachlose einem reichen Sonderling junge Mädchen vermitteln, die dieser vor dem Morden für Snuff-Filme mästet wie eine Weihnachtsgans, nur schwer zu. Zumal Karl Kane sich erneut mit skrupellosen Machtmenschen anlegt, pausenlos Schläge kassiert und auf schlimmeren Wegen eingeschüchtert wird, sich aber trotz – oder gerade wegen - entführter Tochter und toter Transenbekannter mit harten Bandagen aus dem Sumpf zieht. Auch der zweite Band ist düster, kalt, packend und nichts für schwache Nerven.