Vom Schnee und vom Schneeglöckchen.
Aus einem Grundschullesebuch für die Provinz Sachsen
Kind und Heimat
um 1920?
Als der Herr alles erschaffen hatte, Gras und Kräuter und Blumen, und ihnen die schönen Farben gegeben, in denen sie prangen, machte er zuletzt auch den Schnee und sagte zu ihm: " Die Farbe kannst du dir selbst aussuchen. Einer, der alles frißt, wird ja wohl etwas zu finden wissen!"
Der Schnee ging also zum Gras und sagte: "Gib mir deine grüne Farbe!" Er ging zur Rose und bat sie um ihr rotes Kleid, dann zum Veilchen und dann wieder zur Sonnenblume. Denn er war eitel und wollte einen schönen Rock haben. Aber Gras und Blumen lachten ihn aus und schickten ihn seines Weges. Da setzte er sich zum Schneeglöckchen und sagte betrübt: "Wenn mir niemand eine Farbe gibt, so ergeht es mir wie dem Winde, der nur darum so bös ist, weil man ihn nicht sieht." Da erbarmte sich das Blümchen und sprach bescheiden:" Wenn dir mein schlechtes Mäntelchen gefällt, magst du es nehmen." Der Schnee nahm es und ist seitdem weiß; aber allen Blumen bleibt er feind, nur nicht dem Schneeglöckchen.
Oskar Dähnhardt
Bürgerreporter:in:Christel Hammer aus Nebra (Unstrut) |
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