Poller sind Stadtgeschichte …
ist der Titel eines Berichtes im Naumburger Tageblatt vom heutigen Tage (17.06.2016).
Darin erfährt der Leser, dass der Naumburger Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung mit 20 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung einem Antrag der Freien Wähler gefolgt ist, die auf Ratsbeschluss vom Jahr 2000 errichtete Polleranlage nach der derzeitigen Sanierung der Marienstraße nicht wieder in Betrieb zu nehmen, sondern abzubauen.
Anlass des damaligen Beschlusses waren die zahlreichen Klagen von Innenstadtbewohnern über nächtliche Lärmbelästigung durch Verkehrsteilnehmer, die Spaß daran fanden, immer wieder durch die Innenstadt zu rasen. Danach galt für die Altstadt ein Durchfahrverbot von Montag bis Freitag von 19:00 bis 6:00 Uhr und von Samstag 17:00 bis Montag 6:00 Uhr. Die Polleranlage ist aus diversen Gründen schon seit Jahren außer Betrieb und das aufgestellte Verbotsschild wird, wie schon früher berichtet, von vielen Verkehrsteilnehmern ignoriert. Die für die Überwachung des rollenden Verkehrs zuständige Polizei hat dieses Fehlverhalten nie geahndet.
Jetzt zu behaupten, die Polleranlage hätte nichts bewirkt, ist in diesem Lichte betrachtet einfach nur lachhaft. Auch die Argumente, in den letzten Jahren hätte keiner den Defekt der Poller moniert und es hätte keine Beschwerden über Lärm gegeben, sind falsch. Die Innenstadtbewohner müssen sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, nicht immer wieder mit ihren Klagen in der Öffentlichkeit aufgetreten zu sein.
Warum haben sich nun 20 Stadträte gegen die Polleranlage ausgesprochen? Bekanntlich wohnen die wenigsten von ihnen in der Altstadt und wissen deshalb gar nicht, was hier des Nachts so los ist. Außerdem sind Sperrzeiten wochentags ab 19:00 Uhr natürlich Stadtrat feindlich, irgendwie müssen die Damen und Herren schließlich zu ihren Sitzungen kommen. Die kurze Strecke bis zu den nächsten Parkmöglichkeiten ist für manche scheinbar unzumutbar. Das einige von ihnen auch die Festlegungen zum ruhenden Verkehr in der Innenstadt ignorieren, war selbst schon im Naumburger Tageblatt nachzulesen.
Die Gegner der Polleranlage behaupten, dass die Innenstadt dadurch, dass sie jederzeit befahren werden kann, belebt wird. Bringt ein mit Autos vollgestellter Markt der Außengastronomie wirklich mehr Gäste? Verbessert man dadurch wirklich die Attraktivität einer historischen Altstadt? Sollte man nicht vielmehr darüber nachdenken, die Innenstadt zu beleben, indem man dort ein solches Umfeld gestaltet, dass die zahlreichen leer stehenden Wohnungen wieder Mieter finden?
Wie wird es also weitergehen? Wir hoffen auf eine Aufnahme in die Welterbeliste und damit verbunden auf eine steigende Anzahl von Besuchern. Fühlen diese sich in einer solchen Altstadt wohl, in der sie als Fußgänger nicht den Vorrang vor Fahrzeugen haben? Darüber sollten unsere Stadträte einmal nachdenken und über ihren Tellerrand hinaus in andere Städte, zum Beispiel nach Quedlinburg oder Wernigerode schauen.
Bis zum Ende der Bauarbeiten in der Marienstraße hat der nunmehr gefasste Beschluss keine Auswirkungen. Danach muss leider wieder mit verstärkten Durchfahrten und damit verbunden mit zunehmender Ignoranz der geltenden Parkregeln gerechnet werden. Schon seit längerer Zeit ist das dafür zuständige Ordnungsamt nicht mehr in der Lage (oder willens?) den ruhenden Verkehr entsprechend der aufgestellten Schilder zu regulieren. Man betrachte dazu auch einige in den letzten vier Wochen aufgenommene Schnappschüsse.
Bürgerreporter:in:Gerd Henschel aus Naumburg (Saale) |
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