Wie Naumburg vor 100 Jahren zu einem neuen Schulgebäude kam
Obwohl 1899 ein neues Schulgebäude in der Naumburger Seilergasse für die Luisenschule, eine höhere Mädchenschule (ab 1912 „Lyceum“) errichtet wurde, gab es schon wenige Jahre später damit wieder Probleme, weil die am 18. August 1908 erschienenen Bestimmungen über die Neuordnung des höheren Mädchenschulwesens in Preußen die Einrichtung weiterer Unterrichtsräume erforderten. Deshalb wurde zunächst ein physikalischer Unterrichtsraum mit einem Vorbereitungszimmer eingerichtet und mit dem Bau eines großen Zeichensaales begonnen, der ab Weihnachten 1910 benutzt werden konnte. Diese An- und Umbauten an dem Schulgebäude verursachten der Stadt eine Unmenge Kosten und waren auf Dauer unzureichend, weil die Raumprobleme dadurch nur teilweise gelöst werden konnten. Deshalb gab es Bestrebungen, einen Schulneubau zu errichten. Entsprechende Anträge dafür wurden aber immer von der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt.
Einen Mangel an Räumen gab es auch schon seit Jahren im damaligen Gebäude des Oberlandesgerichtes, den man auch durch einen Anbau beseitigen wollte. Das Finanzministerium lehnte einen entsprechenden Antrag aber als zu teuer ab. Stattdessen wurde ein Neubau vorgeschlagen. Von der Stadt wurde erwartet, für die Zeit des Neubaus dem Oberlandesgericht ein Ausweichquartier zur Verfügung zu stellen. Gefordert wurden „mindestens zwei Sitzungssäle und einige dreißig Zimmer“. Natürlich sollte dafür auch die Miete nicht zu hoch sein. Die Erfüllung dieser Forderungen erwies sich jedoch für unsere Stadt als nicht realisierbar, vor allem die Anmietung der zwei Sitzungssäle war unmöglich.
Was also tun? Der damalige Oberbürgermeister Naumburgs, Emil Kraatz, kam auf die Idee, in der heutigen Thomas- Müntzer- Straße einen ausreichend großen Neubau zu errichten, der zunächst das Oberlandesgericht und später das Lyceum aufnehmen könnte. Seine Überzeugungsarbeit hatte Erfolg und so fasste der Magistrat der Stadt am 26. Januar 1912 einen entsprechenden Beschluss. Daraufhin wurde vom Bauamt ein entsprechendes Projekt erarbeitet, das zwei Säle, die Aula sowie einen Zeichensaal, und 32 Räume vorsah. Das Ganze sollte einschließlich Grundstückserwerb 363 000 Mark kosten und durch eine Anleihe aufgebracht werden. Diverse Verhandlungen mit dem Finanz- und Justizministerium folgten, in deren Rahmen der Bauplan genehmigt und der Stadt eine Miete von 20 000 Mark für den gesamten Zeitraum der Nutzung des Gebäudes durch das Oberlandesgericht angeboten wurde.
Am 25. März 1912 erklärte sich die Stadtverordnetenversammlung damit einverstanden und am 16. Juli 1912 kam die Bestätigung vom Finanzminister.
Da die Übergabe des Neubaus an das Oberlandesgericht bereits Anfang Oktober 1913 erfolgen sollte, wurde schon eine Woche später, am 22. Juli 1912 mit dem Bau begonnen. Die Inbetriebnahme erfolgte planmäßig.
Nach der Fertigstellung des neuen Oberlandesgerichtsgebäudes sowie seiner feierlichen Einweihung am 23. Oktober 1917 zog das Lyzeum dann am 18. April 1918 in sein neues Schulhaus ein.
So war es Naumburg gelungen, innerhalb von 35 Jahren sieben neue Schulgebäude zu bauen: 1878 in der Schulstraße einen Anbau an den 1870 zur Schule umgestalteten alten Gasthof „Zum Preußischem Hof“ (Salztorschule), 1889 die Marienschule, 1899 die Georgenschule und das Schulgebäude in der Seilergasse (bis 2009 Berufsschule Naumburg),1904 ein weiteres Gebäude in der Schulstraße (heute Freie Schule im Burgenland), 1905 das Reformrealgymnasium mit Realschule am Theaterplatz (heute Alexander-von-Humboldt-Schule) und schließlich 1913 das erwähnte Schulgebäude in der Thomas- Müntzer- Straße, das heutige „Lepsiushaus“ unseres Domgymnasiums.
Schaut man sich das nunmehr 100-jährige Gebäude genauer an, sieht man deutlich, dass es einst als Mädchenschule gebaut wurde. Die Bilder zeigen einige Details.
Bürgerreporter:in:Gerd Henschel aus Naumburg (Saale) |
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