Der Unterschied macht nachdenklich..
Eine Exkursion über das Leben Friederike Brions, die große Liebe Goethes im Elsass führte uns sowohl in den Geburtsort Niederrödern als auch nach Meißenheim wo sie 1813 mit fast 60 Jahren als sehr geachtete hilfsbereite "Tante" verstorben ist.
Nicht nur diese beiden Orte sind dadurch miteinander verbunden, sondern auch die Ortschaft Sessenheim wo die junge Pfarrerstochter und der Jura-Student fast 1 1/2 Jahre ein sehr enges Verhältnis pflegten.
Meißenheim liegt in Deutschland, Sessenheim und Niederroedern in Frankreich.
Bekanntermaßen war das Verhältnis beider Länder oftmals nicht das Beste bis 1961 Adenauer und De Gaulle ein neues Zeitalter der Verständigung, ja der Freundschaft einleiteten.
Inzwischen haben wir eine gemeinsame Währung, und jeder kann ohne Kontrollen oder andere Hindernisse die Rheinbrücken von hüben nach drüben überqueren.
Wie wir auch leben inzwischen wie selbstverständlich Deutsche im Elsass wie Franzosen im Badischen.
1870/71 fand der dritte sog. Einigungskrieg statt
in dessen Folge sich das deutsche Reich erst bildete. Angefangen wurde er von Frankreich nach einer gezielten Provokation durch Bismarck (Emser Depesche) und führte u.a. zu einer 6-wöchigen Belagerung und Beschießung Straßburgs durch die deutschen Truppen in der die Stadt und viele seiner Kulturdenkmäler zerstört oder beschädigt wurden; rd. 5000 Menschen starben.
Infolge des Krieges mußte Frankreich das Elsass und Lothringen an das deutsche Reich abtreten.
Wieder einmal war eine ganze Region und die Menschen dort Spielball von Machtinteressen geworden.
Daß jeder Ort seinen Toten gedenkt ist selbstverständlich -aber das Wie doch sehr unterschiedlich.
In Niederrödern eine schlichte, aber eindringliche Skulptur - eine Steinplatte aus der stilisierte Umriss eines Menschen herausgeschnitten wurde als Symbol des Verlustes eines jeden Menschen der durch Krieg, Hass und Verfolgung aus der Gemeinschaft herausgerissen wird, der dort eine Lücke hinterlässt.
Die Inschrift lautet schlicht "Unseren Toten".
Das Denkmal in Meißenheim, geschaffen 1929 von Bildhauer Carl Liebich ist da ganz anders.
Eine Frau bzw. ein Mädchen in Tracht legt einen Kranz der Dankbarkeit um den Stahlhelm der auf einer angebrochenen Säule liegt.
Nun, dies ist sicherlich interpretierbar - die danebenstehende Infotafel ist sehr interessant zumal sie auch die Biographie des Bildhauers beinhaltet.
Gänzlich befremdlich jedoch
empfand ich an der Kirchenwand eine Tafel mit den Namen aller Ortsbewohner die als Soldaten an diesem Deutsch-Französischen Krieg teilgenommen haben - wohl gemerkt nicht nur die der Gefallenen - für sie gibt es noch eine weitere Tafel neben der Kirchentür, nein, hier werden (im Namen der Kirche, der Religion?) alle an einer Kirchenwand geehrt die gegen Frankreich in den Krieg gezogen sind, dort gekämpft und getötet haben.
Empfinde nur ich dies als Anachronismus, als längst überkommenes Relikt einer Zeit als Haß und Nationalismus das Denken der Menschen betimmte in einer Zeit wo das Miteinander, die Freundschaft und das Verbindende bestimmend sind?
Ist es nicht längst an der Zeit sich auch durch das Entfernen solcher Symbole von dieser Zeit zu entfernen?
Nein - ich bin nicht der Einzige (was auch verwunderlich wäre) aber Bestrebungen dies in die Tat umzusetzen sind - nach dem was ich vor Ort auf Nachfrage gehört habe - dort auf heftige Widerstände gestoßen.
Vor kurzem wurde von Schulkindern
der deutschen Friederike-Brion-Schule in Meissenheim und der franzoesischen Ecole Frédérique Brion in Sessenheim ein Trickfilm ueber das Leben einer jungen Franzoesin die sich in einen jungen Deutschen verliebt hatte und hochgeehrt in Deutschland starb produziert.
Vielleicht haben diese jungen Menschen eines Tages den Mut auch diese unsaeglichen Ueberreste einer gluecklicherweise (hoffentlich endgueltig)vergangenen Zeit von der Wand zu nehmen - dann erst wird Europa Wirklichkeit.
Bürgerreporter:in:Edgard Fuß aus Tessin |
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