Von Anfang an: Mehr Bürgerbeteiligung bei Verkehrsprojekten!

Die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat eine Studie zur Bürgerbeteiligung bei Verkehrsprojekten in Auftrag gegeben. Unter dem sperrigen Titel: „Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltmediation bei großen Infrastrukturprojekten -Ansatzpunkte für eine verbesserte Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik Deutschland“ haben die AutorInnen Felicia Petersen und Michael Zschiesche den Fokus auf Infrastruktur-Großprojekte gelegt, nicht nur, aber auch, weil diese – mit dem prominenten Beispiel Stuttgart 21 – bundesweit derzeit viele Menschen bewegen.

Die Studie bringt klar zum Ausdruck, dass es nicht nur darum geht, lediglich die Beteiligungsverfahren zu verbessern. Die Menschen wollen vielmehr (mit-) entscheiden. Das Vertrauen in die gewählten VertreterInnen und Regierungen schwindet; Demokratie braucht mehr als allgemeine Wahlen.

Die Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens und Thomas Lutze (DIE LINKE) schreiben im Vorwort der Studie:

Über zwei Jahrzehnte hinweg sind die demokratischen Beteiligungsrechte an Planungsverfahren für Verkehrsprojekte und Industrielle Anlagen “hinter dem Rücken der Öffentlichkeit“ schrittweise abgebaut worden. Doch mit dem Streit um Stuttgart 21 erlebt das Thema Bürgerbeteiligung allgemeine Aufmerksamkeit. Aller Orten beziehen sich Bürgerinitiativen auf diesen demokratischen Protest - sei es „München 21“ (gegen den Flughafenausbau), oder „Baden 21“ (Ausbau der Güterbahnstrecke).

Überall monieren die Betroffenen, dass Stellung­nahmen, Vorschläge und Einwände erst am Ende der Planungen überhaupt eingebracht werden können: Dann, wenn das „Ob“ einer Maßnahme gar nicht mehr zur Debatte steht, sondern nur noch das „Wie“ ein wenig verändert werden kann.

Das Problem ist offensichtlich. Unter dem Druck der Protestbewegung gegen S21 hat sich selbst die Bundeskanzlerin Angela Merkel für mehr Bürgerbeteiligung ausgesprochen.

Immerhin wurde Anfang 2011 ein Gesetz­entwurf des Innenministeriums, mit dem die unseligen Planungsbeschleunigungsgesetze der großen Koalition ins allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz übertragen werden sollten, gestoppt. Damit wurde allerdings vorerst nur der weitere Abbau von Beteiligungsrechten verhindert. Weder die Regierung, noch die Opposition hat seitdem aber einen konkreten Entwurf für eine tatsächliche Verbesserung der Beteiligungsverfahren auf den Tisch gelegt.

Viele sind auf der Suche, allerdings nach Unterschiedlichem: Der jetzigen schwarz-gelben Koalition und den Wirtschaftsverbände geht es darum, ihre Vorhaben besser zu legitimieren, um störende Proteste zu vermeiden.

Für uns steht hingegen die Frage im Zentrum, wie die gesellschaftliche Infrastruktur möglichst gut, bürgernah und demokratisch gestaltet werden kann.[1] Das heißt, dass zu Beginn eines Verfahrens öffentlich breit diskutiert und entschieden wird, ob dieser Umbau, Ausbau oder Neubau überhaupt zukunftsfähig und gewünscht ist. Nach dieser grundsätzlichen Entscheidung über das Ob ginge es dann darum, im Dialog Lösungen zu finden, die an die Bedürfnisse der Menschen angepasst sind.

Die vorliegende Studie beleuchtet die Grenzen und Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung. Sie zeigt Möglichkeiten auf, wie Bürgerinnen und Bürger frühzeitig beteiligt werden können, wenn über das Ob sowie über Alternativplanungen noch ergebnissoffen diskutiert werden kann.

Für die Fraktion DIE LINKE. Im Bundestag geht es um Wege, wie insbesondere der notwendige sozial- ökologische Umbau von unten mit breiter Unterstützung gestaltet werden kann. Dieses Gutachten soll dazu beitragen, dass die breite und bundesweite Diskussion um Stuttgart 21 keine Eintagsfliege bleibt.

Die Studie kann hier heruntergeladen werden

[1] Auf Grund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und Verfahren beschränkt sich diese Untersuchung auf Verkehrsinfrastrukturprojekte. Wesentliche Teile der Ergebnisse sind aber auch auf Planungsprozesse bei Industrieanlagen und Kraftwerken übertragbar.

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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