Liegestuhl reservieren im Morgengrauen – Unsitte am Hotel-Pool
Ein Urlaubshotel irgendwo im Süden, wo es noch sommerlich warm ist. Nur ein paar Tage Sonne tanken, die Batterie aufladen – man gönnt sich ja sonst nicht viel. Als Frühaufsteher betrete ich im Morgengrauen den Balkon, um mit der Kamera den Sonnenaufgang zu erwarten. Irgendetwas stimmt nicht: Unter mir huscht eine Person durch den Hotelgarten, am Pool ein klapperndes Geräusch.
Es ist gerade erst 06:00 Uhr. Und tatsächlich, bewaffnet mit Badelaken flitzen Hotelgäste wie die Cucarachas, Kakerlaken, im Schutz der Dämmerung durch die Anlage, um sich ihren Platz an der Sonne auf einer der Liegen zu reservieren. Da scheut man sich nicht einmal, eine bereits “besetzte“ Liege zu klauen, um sie an anderer Stelle als die eigene aufzuschlagen und schnell wieder in der Dunkelheit unterzutauchen.
Schnell die Kamera gezückt und ein paar Schnappschüsse von der nächtlichen Szenerie festgehalten. Dass die Bilder verwackelt sind, stört nicht weiter, schließlich gilt es, die Persönlichkeitsrechte der Liegen-Reservierer zu wahren. Wir Deutsche gelten dabei als touristische Besatzungsmacht Nr.1, gefolgt von Engländern und neuerdings auch Russen. Die allerdings stellen es letztere schlauer an und schmieren das Hotelpersonal. Schämen sollten sie sich – alle miteinander!
Ein paar Stunden später folgt das böse Erwachen. Nahezu alle Liegen sind belegt, zumindest mit akkurat darauf drapierten Handtüchern. Was uns bleibt ist der schäbige Rest, den die anderen verschmähten. Am nächsten Morgen renne ich selbst mit den Laken zum Pool, um von den teuer erkauften Sonnentagen auch etwas abzubekommen. Und ich schäme mich, ebenfalls eine Cucaracha zu sein.
Und was meint Justitia dazu? „Wer auf einem Liegestuhl liegt, hat bloß einen Kurzbesitz an der Sache, was jedoch keine zu schützende Rechtsposition darstellt (BGB § 854 Abs. 1, § 858 Abs. 1, § 859, Abs.1,2 sowie Art. 460 Código Civil, Spanien). Reservierungen mit Handtüchern, Taschen oder Reiselektüre sind daher juristisch nicht haltbar“. Verlässt man seinen Platz, ist er eben weg.
Allerdings, wer einen “besetzten Liegestuhl in Anspruch nimmt, wozu er stets das Recht hat, sollte das Eigentum anderer nicht achtlos ins Meer werfen, sondern sorgsam und ordentlich beiseite räumen und dann den begehrten Platz selbst besetzen.
Dabei ist alles ganz einfach zu regeln: Jedem Gast eine nummerierte Liege zuweisen. Und die kann er aufstellen wo er will. Und wenn die belegt ist, dem Besetzer statt des Stinkefingers höflich die Chipkarte zeigen.
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Töpfer aus Marburg |
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