Bescherung war gestern ...
Trotzdem wir uns versprochen hatten unsere Geschenke an Weihnachten nicht so üppig ausfallen zu lassen, hat mich meine Gattin doch reichlich mit Lesestoff versorgt. Neben diversen Kriminalromanen gab es auch einige Bücher zum Thema Schreiben. Natürlich habe ich mich darüber gefreut.
Seit ich lesen kann, gab es an Weihnachten und an Geburtstagen mindestens ein Buch. Als ich noch Kind war, war es an Weihnachten meist so, dass ich vormittags schon ein Buch als Geschenk erhielt, damit ich die lange Wartezeit bis zur Bescherung durchhielt.
Der Einzug in die Welt der Bücher fiel mir jedoch schwer. Als ich meine ersten Sätze mehr oder weniger fließend lesen konnte, ich las übrigens laut, da ich dachte man würde mit dem Mund lesen, legte ich das Geld, das ich von meinen Tanten für Lesestoff erhielt, nicht etwa in Büchern, sondern in Comic-Heftchen an. Mir gefielen die bunten Bilder, die Figuren wie Micky Maus, Felix der Kater, Fix und Foxi und später Akim, Tibor, Sigurd, Falk und Nick der Raumfahrer.
Ich war diesem Comic-Genre jedenfalls total verfallen, das ging sogar soweit, dass ich bei den Büchern, die ich geschenkt bekam, nur die Seiten las, auf denen sich eine Abbildung befand. Meine Eltern staunten dann immer, wie schnell ich doch ein Buch lesen konnte.
Leider litt das Lesen und Schreiben in der Schule darunter. Mein Lehrer, dem dies auffiel und der von meiner „Heftchenlesesucht“ wusste, sprach mit meinen Eltern darüber und so kam es, dass ich an einem Heiligabend ein Buch erhielt, bei dem sich auf jeder Seite ein farbiges Bild befand. Der Titel war „Die Fahrten des Odysseus“.
Ich habe dieses Buch begeistert gelesen und mich an den Bildern erfreut. Und was mein Lehrer und meine Eltern erhofft hatten, trat tatsächlich ein. Ab diesem Zeitpunkt war ich in der Lage auch Bücher zu lesen, die nur das Bild auf dem Buchumschlag besaßen. Ich konnte somit dann mein erstes Karl-May-Taschenbuch lesen. Doch das ist eine andere Geschichte.
Bürgerreporter:in:Rainer Güllich aus Marburg |
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