Warum sind alte Bäume innen hohl?
Bäume sind klüger als Behörden glauben wollen - dieser Umstand wird ihnen häufig zum Verhängnis! Oft heißt es: Der Baum ist innen hohl, also nicht mehr standsicher, er muß ab, die Verkehrssicherungspflicht gebietet es. Manchmal wird dem Baum auch "geholfen", indem die Höhlung mit Beton ausgegossen wird, wie das Beispiel der alten Weide an der Mündung des Kupfergrabens zeigt. Doch der Baum weiß ganz genau was er tut, wenn er es zuläßt, daß Pilze und Mikroorganismen ihn innerlich aushöhlen, denn:
Ein Hohlzylinder ist gegen Knickung stabiler als ein massiver!
Und dies aus zwei Gründen:
Zum einen geht dies aus der Eulerschen Theorie der Knickung hervor: Die entscheidende Größe der Knickkraft, unter der ein Stab zerbricht, ist das polare Flächenträgheitsmoment. Wenn die gesammt-Querschnittsfläche des Stabes A vorgegeben ist, wird dieses am größten, wenn die Abstände r der einzelnen Flächenelemente dA von der Hauptaxe des Stabes möglichst groß werden. Dies ist der Fall, wenn die Fläche A die Form eines Kreisringes hat. Der Querschnitt durch einen Baumstamm sollte also die Form eines Kreisringes haben!
Zum andern hat ein Hohlzylinder gegenüber einem massiven hinsichtlich einer Knickung einen großen Vorteil: Er kann sich unter Biegung verformen! Stellt man sich einen Baumstamm als ein Bündel aus Fasern vor, meinetwegen Spaghetti, und biegt man diesen massiven Spaghettizylinder von sich weg, indem man seine Enden mit den Händen ergreift, so sind es zwei Spaghetti, die die größten Kräfte auszuhalten haben: die eine an der konvexen Seite des Bündels, die von einem am weitesten entfernt ist, erleidet die größte Ausdehnung, während die einem zunächst gelegene die größte Stauchung erleidet. Wenn diese eine Faser jeweils reißt bzw. bricht, so entsteht dadurch ein Keim für Risse und Brüche der angrenzenden Fasern. Das ganze Bündel, der ganze Stamm zerbricht dann sehr viel leichter, so, wie ein Tuch leichter reißt, wenn ich in seinen Rand einen kleinen Schnitt setze. Ist das Faserbündel jedoch innen hohl, ein Hohlzylinder, so plattet es sich unter der Durchbiegung ab, nimmt einen annähernd elliptischen Querschnitt an. Nun ist es nicht mehr nur eine Faser, die die größte Dehnung, bzw. Stauchung erleidet, sondern es ist ein ganzer Streifen benachbarter Fasern. Und diese Fasern sind "gemeinsam stark", die reißen, bzw. knicken nicht mehr so schnell wie eine einzige. Ein hohler Baum vermag also viel größerem Winddruck standzuhalten als ein massiver. Bei alten Bäumen mit ihren hohen und breiten Kronen, die dem Winddruck eine große Angriffsfläche bieten, ist das hohl-Sein also überlebenswichtig! Gießt man seine Höhlung mit Beton aus, so verhindert man diese heilsame Verformung des Stammes und bringt den Baum dadurch um - so, wie es der alten Weide im Bild geschehen ist!
Siehe hierzu auch: http://www.myheimat.de/marburg/natur/din-19712-199...
weitere Beiträge zur Naturgeschichte:
http://www.myheimat.de/marburg/wetter/die-klimakat...
Bürgerreporter:in:Heinrich Rautenhaus aus Marburg |
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