Ein Gedenkstein im Wehrdaer Wald - verbirgt sich dahinter ein Drama?
Nördlich von Elsenhöhe in Marburg steht mitten im Wald an einem Weg zwischen dem Behring-Mausoleum und dem Teufelsgraben ein Denkmal. Manchmal wird der Weg als Rundstrecke für Jogger benutzt. Da bleibt keine Zeit, sich den Denkmaltext anzusehen. Nur wenige Wanderer kommen vorbei. Diese können im Vorbeigehen erkennen, dass das Denkmal schon sehr alt ist: 1879 wurde es erstellt. Aber zu dem kurzen Text werden noch heute spannende, ja dunkle Geschichten überliefert.
„Hier starb plötzlich Konrad Dittmar von Wehrda durch Schussentladung des Gewehrs eines Jagdgenossen am 3. Januar 1897.“ Soweit der Text. Er gibt nur den Hergang des Ereignisses wieder. Aber wie so oft bei solchen außergewöhnlichen Begebenheiten ranken sich bis heute darum Geschichten und Deutungen. Ein Drama hatte sich dort abgespielt. Aber war es ein Drama mit mehreren Ebenen?
Damals gehörte dieses Gebiet zur Gemarkung Wehrda. Wahr ist, dass sich eine Jagdgesellschaft aus Wehrda am Morgen des 3. Januar 1897 an dieser Stelle zum Frühstück niedergelassen hatte. Damals war diese Stelle noch nicht – wie heute – gänzlich umschlossen von Wald. Auf einer Seite war nur Gestrüpp, Jutegestrüpp, vorhanden. Es bestand noch freie Sicht zum Jagen. Wahrscheinlich war die Jagd bereits beendet. Man lagerte zum Ausklang zusammen an einem Feuer. Dabei soll sich bei einem der Jagdgenossen das Gewehr entladen haben und einen Kameraden tödlich getroffen haben.
Zufall oder nicht Zufall, Ungeschicklichkeit oder vielleicht Absicht?
Hinterher rankten sich Geschichten und Verdächtigungen. Zufällig waren die beiden Betroffenen - der Jagdgenosse, dessen Gewehr sich auslöste und der Getroffene - beide waren angeblich Konkurrenten. Sie waren Konkurrenten um eine Frau. Sie sollen die gleiche Frau geliebt haben.
Aufzulösen war die Geschichte natürlich nicht. Aber bei Nachkommen der in Wehrda weit verzweigten Familie Dittmar sind noch immer die Unklarheiten im Gedächtnis erhalten. Der Gedenkstein, wohl bald nach dem Ereignis errichtet, ist ungewöhnlich mächtig geraten. Er sollte die Größe der Tat widerspiegeln – so kann man annehmen.
Vor mehreren Generationen wurde der Stein aufgestellt. Aber die Zeitläufe brachten es mit sich, dass in eher unruhigen Abschnitten der Stein mehrmals umgeworfen wurde. Von der Gemeinschaft der Wehrdaer Waldinteressenten wurde er jeweils wieder aufgestellt. Zuletzt wurde einen Stift unterhalb angebracht, der in die Erde reicht und besseren Stand verspricht.
Manche Geschichten und Gerüchte halten sich über Zeiten.
(Recherche bei Mitbürgern, die in Marburg bzw. Wehrda ihre Wurzeln haben und alte Geschichten aufbewahren.)
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Gimbel aus Marburg |
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