DIE LINKE im Bundestag: Keine Milliarden für Spaniens Banken
Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, erläutert im Interview der Woche der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, warum DIE LINKE auf der Sondersitzung am 19. Juli gegen die beantragte Milliardenhilfe für spanische Banken stimmen wird, warum die Intervention in Karlsruhe gegen ESM und Fiskalpakt schon jetzt erfolgreich ist und wie lange die herrschende Politik noch ihren Irrweg verfolgt.
Für Donnerstag hat Bundestagspräsident Lammert alle Abgeordneten zu einer Sondersitzung noch Berlin zurückbeordert, um über die Finanzhilfen für spanische Banken abzustimmen, auf die sich gerade die EU-Finanzminister in Brüssel geeinigt haben. Spaniens Probleme sind seit Wochen bekannt. Hätte der Bundestag da nicht langfristiger planen können?
Axel Troost: Da kann der Bundestages wenig dafür. Solange sich die EU-Finanzminister nicht auf ein Paket geeinigt haben, kann der Bundestag darüber auch nicht abstimmen. Dies liegt nun seit letzten Montag auf dem Tisch. Das Problem ist ein ganz anderes: Das ganze Krisenmanagement ist ein mutloses Hinterherstolpern hinter den Ereignissen. Merkel und Co. machen das Überleben der Währungsunion davon abhängig, ob private Investoren einzelne Euro-Länder gut oder schlecht finden. Nichts hat so wenig mit Demokratie und Berechenbarkeit zu tun wie die Entscheidungen privater, teilweise spekulativer Finanzanleger. Wir müssen die Refinanzierung der Staaten im Krisenfall von der Willkür der Kapitalmärkte abkoppeln, kurzfristig durch eine übergangsweise EZB-Finanzierung und längerfristig durch die Emission solidarisch getragener Euro-Anleihen.
Wodurch sind die spanischen Geldhäuser jetzt ins Wanken geraten?
Die spanischen Banken wanken nicht erst jetzt. Die Situation verschlechtert sich bereits seit vier Jahren. In Spanien gab und gibt es eine gewaltige Immobilienblase mit dramatisch überhöhten Hauspreisen. Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Arbeitslosigkeit auf 20 Prozent angestiegen. Viele können ihre Raten nicht mehr bezahlen und inzwischen stehen in Spanien fast eine Million Wohnungen zum Verkauf. Die Preise fallen weiter, und die Banken müssen täglich zusätzliche Milliarden fauler Immobilienkredite abschreiben, weil die Eigentümer bankrott gehen und der Wert der Häuser die noch ausstehenden Kredite nicht mehr abdeckt. Wer mal die Kleinstädte gesehen hat, die dort samt Shoppingcenter und Golfplatz mitten auf der grünen Wiese aus dem Boden gestampft wurden, der fragt sich: Wie konnten die Banken nur so dumm sein?
Die Vereinbarung der Regierungen sehen Finanzspritzen für die spanischen Banken in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro vor. Eine erste Rate von 30 Milliarden Euro soll Ende Juli fließen. Aus welchem Topf kommt jetzt diese Wahnsinnssumme?
Die erste Rate wird vom Europäischen Rettungsschirm EFSF der spanischen Regierung zur Verfügung gestellt, die das Geld dann an ihre Banken bei Bedarf weiterleiten kann.
Aber Moment mal bitte! Das Bundesverfassungsgericht hat doch noch gar nicht über die Klagen gegen den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM entschieden?
Der EFSF und der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM sind zwei Paar Schuhe. Den EFSF gibt es als übergangsweisen Rettungsschirm seit 2010, und er soll noch bis 2013 fortbestehen. Der ESM, gegen den wir nun beim Verfassungsgericht geklagt haben, soll nach der Vorstellung der EU ein dauerhafter Rettungsschirm werden, der zum Teil andere Spielregeln hat. Eigentlich hätte das Geld für die spanischen Banken quasi das Pilotprojekt des ESM werden sollen. Nicht zuletzt aufgrund unserer Klage liegt der ESM erst mal auf Eis und das Geld muss deshalb bis auf weiteres vom EFSF kommen.
Wenn also das Geld im EFSF ausreicht: Wozu braucht man dann den ESM?
Der EFSF kann nur bis Mitte 2013 Geld verleihen, dann wird er geschlossen. Deswegen soll er das Geld für Spanien nach dem Willen der EU-Regierungen nur "vorstrecken". Später sollen die Kredite dann vom EFSF auf den ESM übertragen werden, sonst müsste Spanien das Geld komplett bis Mitte 2013 zurückzahlen.
Damit kann doch aber Karlsruhe die Einstweilige Verfügung erlassen, die dem Bundespräsidenten untersagt, das Gesetz über den ESM auszufertigen. Oder?
Der Finanzbedarf von Spanien wird erst mal über den EFSF abgedeckt und begründet daher sicher keinen Zeitdruck, den ESM in den nächsten Wochen überstürzt zur Unterschrift freizugeben. Wenn das Präsidialamt das selber einsieht, braucht es auch keine Verfügung aus Karlsruhe. Hauptsache: Das ESM-Gesetz wird vorläufig nicht vom Bundespräsidenten unterschrieben.
Welche Chancen rechnet sich DIE LINKE für ihre Klage aus?
Unsere Intervention ist schon jetzt sehr viel erfolgreicher als unsere Gegner erwartet hatten. Dies stärkt uns und die kritische Diskussion über den richtigen Weg aus der Euro-Krise während der Sommerpause. Allen, die meinten, wir würden mit unserer Klage nur einen PR-Gag verfolgen, muss ich klar sagen: Seit die ersten Vorschläge für einen Fiskalpakt als europäische Schuldenbremse mit Ewigkeitsgarantie laut wurden, haben wir uns juristisch vorbereitet. Und die Klage ist eben nicht nur irgendeine Klage. Es geht nicht um juristische Haarspalterei. Die Leute auf der Straße verstehen durchaus, dass es um die Souveränität ihrer Volksvertreterinnen und -vertreter geht und dass eine Parlamentsentscheidung wenig Legitimation hat, wenn sie von keinem Parlament der Zukunft jemals wieder aufgerufen und anders entschieden werden kann.
Wie wird DIE LINKE am Donnerstag stimmen und warum?
Wir werden die Kredite für Spanien aus unterschiedlichen Gründen ablehnen. Die derzeitige Strategie der vermeintlichen Euro-Rettung – sei es die sinnlose Sparpolitik, die mangelnde Finanzregulierung, die Selbstgefälligkeit der deutschen Bunderegierung in den Verhandlungen oder die fehlende Bereitschaft, die deutschen Fehler in der Währungsunion wie Lohndumping, Agenda 2010 etc. anzugehen – all das löst die Krise nicht. Bestenfalls wird die Krise für ein paar Tage oder Wochen vertagt. Meistens macht es die Situation aber nur noch schlimmer. Wir brauchen einen gründlichen Politikwechsel, in Europa und vor allem in Deutschland.
Als nächste Kandidaten, die bald unter den Bankenrettungsschirm müssen, kursieren bereits Zypern, Italien und Portugal. Werden in den kommenden Monaten munter weiter Milliarden bewilligt? Oder glauben Sie, dass die Ursachen dieser Finanzkrise – so wie es DIE LINKE ja fordert – doch noch grundsätzlich angegangen werden?
Solange noch Geld da ist, um den Irrweg weiterzugehen, wird die herrschende Politik es tun. Auch das ist ein wichtiger Grund, den ESM aufzuhalten. Es ist gar nicht grundsätzlich falsch, einen großen Fonds für Krisenfälle zu haben. Wenn aber das Krisenmanagement grundlegend falsch ist und die Probleme nur größer macht, ist kein Krisenfonds groß genug. Irgendwann wird diese Einsicht notgedrungen kommen, aber es kann schlimmstenfalls sein, dass sie für Europa dann zu spät kommt.
Bürgerreporter:in:Hajo Zeller aus Marburg |
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