Das Marburger Problem: Gegner der Überwachung durch Kameras verhindern mehr Sicherheit

Oberhessische Presse, 16. Oktober 2014, Seite 3

In Marburg ist wieder eine Diskussione im Gange, die nervt.

Was auf der ganzen Welt für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum, aber auch in Kaufhäusern, in Kaufpassagen oder auch an den Tankstellen sorgt, das sind Aufzeichnungskameras. Nur in Marburg wird nicht nach Möglichkeiten der Aufstellung solcher Kameras gesucht, um die öffentliche Sicherheit zu verbessern. Sondern in Marburg wird nach Argumenten gesucht, auf keinen Fall beispielsweise in der Oberstadt Kameras zur Überwachung der Sicherheit aufzustellen.

Dabei widersprechen sich die Kameragegner selbst. Allein der Bericht der Oberhessische Presse vom 16. Oktober 2014 „Polizei soll im Partyviertel patrouillieren“ zeigt die Hilflosigkeit.

Hier ein paar Beispiele:

Zum einen wird in dem Bericht deutlich dargestellt, dass der Magistrat keine Videoüberwachung in den Problemzonen will. Zum anderen wird am Ende des Berichts dringend nach Augenzeugen gesucht, die eine Täterbeschreibung zur letzten Bluttat in der Reitgasse abgeben können.

Besser kann man die eigene Hilflosigkeit an Argumenten und Taten nicht darstellen. Das heißt doch: Die Anwohner sollen gefälligst bis nachts um 6 Uhr - das die angegebene Tatzeit - an den Fenstern stehen und beobachten. Doch die Oberstadtbewohner sind schon oft durch zu starken Lärm am Schlafen gehindert und sollen jetzt noch zur Beobachtung wach bleiben. Nur der Magistrat schläft offenbar gut.

Weiterhin wurde ernsthaft von Verantwortlichen der Stadt (man mag es kaum glauben) dargelegt, dass in den engen Gassen der Oberstadt eine Videoüberwachung kaum möglich sei. Die Oberstadt sei dazu ungeeignet. Es gibt im Rathaus sicherlich eine Reihe von Zuständigen, welche diese Meinung vertreten. Diese „Experten" sollten schnellstens ausgetauscht werden. Die meisten Bewohner der Oberstadt, ja von gesamt Marburg könnten ohne jede Mühe ideale Anbringsorte für Kameras angeben. Und selbst mit wenigen Kameras - intelligent angeordnet - könnte ein großer Bereich abgedeckt werden. Nur wer kann dafür sorgen, dass kompetente Leute in der Verwaltung sitzen, die intelligente Lösungen anbieten?

Die Gegner der Videoüberwachung haben als Hauptargument, sie wollten kein Foto von ihnen aufgenommen und gespeichert haben. Diese große Angst ist wahrlich unbegründet. Von ihnen sind bereits viele Fotos und Videos vorhanden, mehr werden zur Beurteilung beispielsweise des Gesichtsausdrucks - wie vielleicht befürchtet - überhaupt nicht benötigt.

Nur, wer sich jetzt vorstellt, was damit alles angestellt werden kann, dem kann man kaum helfen. Nur wer sich ganz besonders wichtig hält, ist davon überzeugt, mit seinem Foto würde irgendjemand irgendwo irgendwas anstellen. Allerdings sollten Straftäter nicht so sicher sein.

Die Kameras sorgen, wie anfangs dargestellt, für Sicherheit in vielen Bereichen. Alle sind froh, dass sie sich unbehelligt am Flughafen bewegen können, neuerdings auch im vorherigen Problembereich Ebene B im Hauptbahnhof Frankfurt usw. Warum nicht in der Marburger Oberstadt? Wie soll den Touristen vermittelt werden, dass sie spät Abends oder in der Nacht von einer Gastwirtschaft in der Marburger Oberstadt auf dem Weg zum Hotel am Pilgrimstein durchaus in eine Schlägerei kommen können - und dies fast jede Nacht? Die jetzt angeblich geplante Polizeistreife wird ein Märchen bleiben.

Wenn gar kein Argument mehr hilft, kommen Vergleiche mit der Stasi. Hier wird gleichgesetzt eine Videoüberwachung bei uns mit den Stasimethoden in der DDR. Wie war es in der DDR? Dort wurde auf Gesetzestreue gegenüber dem Verbrecher- und Unrechtstaat peinlich geachtet. Dort war bei Verstößen der Art: „Sie haben den Staat DDR beleidigt - Sie haben die Partei beleidigt“ Zuchthaus die Folge: psychische Folterung als Mindesterlebnis und eventuell Ermordung (Bautzen II). Welche Infamie, dies zu vergleichen.

Meine Vermutung, warum so viele Leute Gründe gegen eine Videoüberwachung suchen:

Die Angst um das eigene Bild ist nur vorgeschoben. Man akzeptiert Videos zur Sicherheit am Flughafen, auf Bahnhöfen, in S-Bahnen, alles OK. Aber man will offenbar nicht dort fotografiert werden, wo man seine "kleinen Sünden" begeht:

- mal kurz bei Rot über die Straße (als Fußgänger oder Autofahrer) - man hat es ja eilig
- mal einen durchgezogenen Streifen auf der Straße ignorieren (als Autofahrer) - was soll der Umweg?
- mal "kurz nur" in einem strikten Halteverbot sein Auto abstellen (wenn es etwas länger dauert, hat man Gründe)
- von den unzähligen Übertretungen und Gesetzesverletzungen der Radfahrer ganz zu schweigen.

Dies ist purer Egoismus. Man will bei seinen „kleinen Sünden“ nicht ertappt werden.

Kameras würden die Mehrheit dieser kleinen und natürlich auch viele der großen Gesetzesverletzungen verhindern. Alleine deshalb, weil die Leute Angst haben erwischt zu werden. Diese Angst vor einer Kamera ist mir recht.

Bürgerreporter:in:

Karl-Heinz Gimbel aus Marburg

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