DIE SUPERGIRLS DER PHILATALIE

Vignette oder Briefmarke?
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Teneriffa.| Am 6.Mai 1840 erschien in Großbritannien die erste Briefmarke der Welt: die berühmte „One Penny Black“ mit dem Portrait der Königin Victoria von Großbritannien, gleichzeitig Kaiserin von Indien. Ihr deutscher Ehemann Prinz Albert war der Initiator für diese schlichte Briefmarken-Erstausgabe, die allerdings Geschichte schreiben sollte.

Zu jener Zeit ging im britischen Weltreich die Sonne nie unter. Besitzungen auf allen Kontinenten dienten England als Rohstoffquellen, militärische Stützpunkte und kostengünstige Manufakturen. Auch die zur Inselgruppe der Mascarenen gehörende Insel Mauritius mit ihrer Schwester Rodriguez wurde nach einer gewonnenen Seeschlacht gegen Frankreich dem Commonwealth einverleibt.

Im Jahre 1846 erwirkte der britische Gouverneur William Maynard Gomm einen Parlamentsbeschluss zur Ausgabe von 2 Briefmarken nach englischem Vorbild. Der Graveur Joseph Barnard erhielt den Auftrag je 500 Exemplare einer 1 Penny Marke (orange) für die Postbeförderung innerhalb St.Louis, sowie eine 2 Pence Marke (blau) für andere Sendungen zu drucken.

Der Graveur übernahm von der britischen „One Penny Black“ das Portrait der jungen Königin Victoria sowie die obere Zeile „Postage“ und den Wert im unteren Randbalken. Neu war rechts senkrecht die Gravur „Mauritius“ (auf der englischen Marke wurde überheblicherweise kein Land genannt) und links senkrecht „Post office“ (Postdienst). Auf späteren Ausgaben wurde dies in „Post paid“ (Porto bezahlt) abgeändert. Eine Legende war geboren, denn man behauptete fälschlicherweise, der Graveur hätte einen Fehler gemacht. Eigentlich waren dies keine Briefmarken der königlichen britischen Post, sondern ein Privatdruck. Es gibt jedoch Aktennotizen, die klar belegen, dass die Marken den Eindruck „Post office“ tragen sollten.

Madame Gomm, die Gattin des Gouverneurs, benutzte viele diese Marken für die Organisation und Einladungen zu einem Ball. Am 4. Oktober1847 bestätigte in der Hauptstadt Port Louis auf Mauritius die Weinhandlung Edward Francis & Co. ihren Geschäftspartnern Duncan & Lurgnie im französischen Bordeaux den Verkauf und Versand von 40 Rotweinfässern „Mont Ferrand“ an Bord der „Augusta Sophie“. Mit einem Segler schipperte der Brief um das Kap der Guten Hoffnung herum als »Ship Letter Plymouth« nach Plymouth in England, von dort aus nach London. Die Ankunft in Frankreich bestätigen die beiden roten Stempel von Boulogne auf der Vorderseite und Paris vom 26. Dezember 1847. Der schwarze Datumsstempel vom 28. Dezember 1847 beendet die Reise bei seinen Adressaten in Bordeaux. 85 Tage hatte diese Reise gedauert - eine für damalige Verhältnisse ganz normale Beförderungsdauer. Bestechend an diesem Brief ist einmal die Tatsache, dass beide Marken (blau und orange) gemeinsam benutzt wurden. Außerdem dokumentieren die vielen Stempel des Briefes alle oben genannten Stationen des Weges um die halbe Welt.

Dieser heute teuerste Brief der Welt wurde Anfang des 20.Jahrhunderts von einem französischen Schuljungen im Archiv der Weinfirma in Bordeaux entdeckt. Der Junge begann sich für Briefmarken zu interessieren, weshalb er auf der Suche nach den kleinen Kunstwerken war. Inzwischen wechselte das Prachtstück öfters seinen Besitzer und wurde 1993 für mehr als 6 Millionen Schweizer Franken an Unbekannt versteigert.

Die letzten Abbildung dieses Beitrages veranschaulicht eindrucksvoll, dass in den folgenden 11 Jahren entsprechende Briefmarken von der Königlichen Postbehörde selbst gedruckt wurden. Benutzt wurde bei jeder Neuauflage die alte Druckplatte, sodass die Qualität des Druckes von Mal zu Mal stark nachließ, bis man schließlich kaum noch eine Abbildung auf der Marke erkannte. Sodann wurde ein völlig neues Design entworfen und andere Druckplatten hergestellt.

Von der orangefarbenen Mauritius Marke sind heute noch 14 Exemplare bekannt, davon 12 gebraucht. 12 Stück gibt es noch von der blauen Mauritius, davon 8 gebraucht.

Fest steht, diese Primadonnen der Philatelie sind nicht die seltensten Briefmarken der Welt. Diesen Platz nimmt eine nur in einem einzigen Exemplar erhaltene Marke aus Britisch Guyana ein.

Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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