Kindheitstrauma - Schlachtfest auf dem Bauernhof
Beim Lesen des ungemein detaillierten autobiografischen Berichts von Traudel Schmidt über den Ablauf einer Hausschlachtung wurden mir die Bilder meiner eigenen Empfindungen dabei als eher traumatische Kindheitserinnerung so präsent, als seien sie erst gestern entstanden:
Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, eine wunderbare Zeit. Bis auf den Schlachttag im Winter - der war für mich schrecklich. Zusehen, wie das Schwein auf seinen letzten Weg getrieben wurde, wissend um seinen nahen Tod, spätestens als es den Metzger erblickte, ein letztes Aufbäumen, dann der finale Bolzenschuss, der Stich in den Hals, das Auffangen des Blutes. Mir trieb es als Kind die Tränen in die Augen. Armes Schwein! Der Anblick des aufgehängten, aufgeschnittenen, noch dampfenden Körpers, die heraushängenden Gedärme, der Geruch und dann noch die zufriedenen Minen in den rosigen Gesichtern der der Umstehenden - irgendwann musste ich mich übergeben. Ganz entziehen konnte man sich diesem für mich schaurigen Treiben leider nicht.
Aber bereits mit der frischen Bratwurst am Abend und mit dem Duft, den der Räucherschrank im Haus verströmte, kam der Appetit auf Wurst allmählich wieder zurück. Heute zählen für mich Hausmacher - Wurstwaren mit zu höchsten kulinarischen Genüssen, die leider immer seltener werden. Und ich verstehe selbst nicht, warum das, trotz der bleibenden, schlimmen Erinnerungen, so ist.
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Töpfer aus Marburg |
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