Der Mann mit der Krawatte

DER MANN MIT DER KRAWATTE:

Krawatten gibt es in verschiedenen Längen,
wer lang hat, der lässt lang hängen. (s.Bi. 1)
Früher – Leute glaubet mir – war sie stets
des Mannes Zier.
Heute, die Männer sie weniger lieben,
aber einer ist ihr treu geblieben.
Weil er so viele davon hatte,
trägt er von früh bis spät eine Krawatte.
Ich will es leise nur erwähnen,
ich glaub` er hat das in den Genen.
Vermutlich hat er das vom Vater übernommen,
der einst mit der „Fliege“ ist zum Dienst gekommen.

Er glaubt – das ist ungelogen –
ohne Krawatte sei er nicht angezogen.
Dass er im Büro eine Krawatte trug,
das war ihm längst noch nicht genug.
Auch, wenn er schmutzige Arbeit zu verrichten hatte,
trug er um den Hals seine Krawatte.
Musste er im Garten schuften bis zum Taumeln,
hatte er am Hals seine Krawatte baumeln.
Er war von diesem Zierstück nicht unbedingt besessen,
meist hat er sie abzulegen, nur vergessen.
Und das passiert ihm immer wieder,
sie gehört zu ihm, wie seine Glieder.
Hat er mit der Kettensäge Baumstämme zersägt,
hatte er die Krawatte um; sie hing oft schräg.
(s. Bi. 2)
Nur abends geschah dann das große Wunder,
im Bett nahm er die Krawatte runter.
Trotzdem die Krawatte aus der Mode kam,
er am Tag sie nicht vom Halse nahm.
Sie gehörte einfach fest zu seinem Stil
als prähistorisches Krawattenfossil.

Böse Zungen behaupten von dem Manne,
er trüge die Krawatte auch in der Badewanne.
Doch das – liebe Leute – ist gelogen,
beim Baden hat er sie wirklich abgezogen.
Vielleicht hat er unter seinen Vorfahren
einen Henker vor vielen hundert Jahren.
Denn er braucht jedenfalls,
so etwas Ähnliches, wie einen Strick um den Hals.

Nun macht er sich Sorgen in seinen alten Tagen,
dass, wenn sie ihn zu Grabe tragen,
sie so modebewusst sind und vermessen
und seine Krawatte auf dem letzten Hemd vergessen.
Der Mann mit dem Krawattenfimmel
fürchtet, er kommt nicht in den Himmel.
denn liegt er mit blankem Hals vor`m Himmelstor auf der Matte,
erkennt ihn Petrus doch nicht als den Mann mit der Krawatte.