Vor 150 Jahren wurde ein Lüneburger im "Wilden Westen" massakriert. Seine Frau wurde von Buffalo Bill befreit.
Vor 150 Jahren wurde der Sohn eines Lüneburger Böttchermeisters von Indianern im „Wilden Westen“ massakriert. Seine Frau und das ungeborene Kind wurden sechs Wochen gefangen gehalten und dann von dem berühmten „Buffalo Bill“ befreit.
Sehnsucht nach Freiheit, Reichtum und einem besseren Leben: Tausende von Pionieren hetzten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts voller Euphorie in den Wilden Westen, um nach Gold, Silber und Kupfer zu graben. Unter ihnen war auch ein Lüneburger, Georg H. Wiechel. Er verließ Deutschland 1865, um sich in Kansas den Traum von einer eigenen Rinderfarm zu erfüllen. Im Sommer 1868 lernte er Maria Schwab, eine deutsche Auswandererin kennen. Kurze Zeit später heirateten die beiden und machten eine Anzahlung auf eine Rinderfarm in Kansas. Das Glück der beiden währte allerdings nur kurz.
In den Jahren 1868 und 1869 gab es eine ganze Reihe von Cheyenne-Indianerangriffen in Nord-Zentral-Kansas und wie das Schicksal es wollte, traf es auch die Jungvermählten.
In den frühen Abendstunden des 30. Mai 1869 entführten Cheyenne Dog Soldiers, angeführt von ihrem Häuptling Tall Bull, während eines blutigen Überfalls auf ihre Häuser zwei Frauen, Maria Wiechel und Susanna Alderdice. Maria Wiechel, eine 20-Jährige, die nur Deutsch sprach, wurde in Dänemark, Kansas, östlich von Lincoln, Kansas, bei einem Überfall gefangen genommen, der zur Ermordung ihres Mannes George Wiechel führte. Dies war einer von mehreren mörderischen Angriffen auf Siedler an diesem Tag.
Sechs Wochen liefen die beiden Frauen etwa 200 Meilen, in die Gegend von Summit Springs, Colorado, sie wurden misshandelt und dienten als Sklaven im Lager der Cheyenne. Das Elend der beiden Frauen kann man sich nur schwer vorstellen; sie konnten es auch nicht teilen, da Maria nur Deutsch sprach.
Die U.S. Armee stellte eine Truppe unter dem Kommando von General Carr zusammen, um den vermissten Frauen zu folgen und sie zu befreien. General Carr's 5. Kavallerie holte schließlich die Cheyenne in einer malerischen Gegend in den Ebenen ein, dort wo Quellen fließen; dies war ein idealer Campingplatz für die Cheyenne. Carrs Späher war der berühmte William F. Cody, auch bekannt als Buffalo Bill. Cody und seine Pawnee-Indianer Scouts fanden das Cheyenne Lager am 11. Juli 1869 um 12 Uhr. Die 5. Kavallerie bestand aus 244 Soldaten und 50 Spähern. Das Lager wurde auf 450 Mitglieder geschätzt.
Als der Häuptling und seine Cheyenne Indianer merkten, dass sie angegriffen wurden, versuchten sie, die beiden Frauen zu töten. Susanna Alderdice traf ein Tomahawk mehrmals im Gesicht, was sie schließlich tötete. Der Täter war, den meisten Versionen der Erzählungen zufolge, der Häuptling Tall Bull selbst.
Während des Angriffs der Kavallerie wurde schon befürchtet, dass Tall Bull Maria erschossen hat, aber glücklicherweise traf sie eine Kugel nicht tödlich. Sie lebte, und durch einen deutschen Dolmetscher und ihre herzzerreißenden Tränen beschrieb sie die Folter, den Missbrauch und den Gestank.
Das Dorf wurde erobert und niedergebrannt. Laut dem offiziellen Armeebericht wurden 52 Indianer getötet, darunter auch Häuptling Tall Bull. Siebzehn Indianer wurden gefangen genommen. Keiner der Soldaten wurde getötet. Insgesamt wurden 274 Pferde, 144 Maultiere, ein großer Vorrat an Waffen und Munition und 1.500 Dollar sichergestellt.
Frau Wiechell, kam ins Fort Sedgwick in den nordöstlichen Winkel von Colorado, wo sie sich erholte. Die Armee gab ihr die sichergestellten 1.500 Dollar. Am 4. August 1869 verließ sie Fort Sedgwick und ging nach Omaha in Nebraska. Dort wurde auch Minnie, die Tochter von Georg & Maria geboren. Ihre Nachfahren sind bereits seit 1894 auf Spurensuche zu den Eltern, der Farm und den deutschen Wurzeln.
Summit Springs beendete den Konflikt mit den Indianern auf den Colorado Plains. Buffalo Bill Cody sollte später in seiner berühmten Wild West Show die Schlacht nachstellen.
Diese erschreckenden Vorgänge sind für die Nachkommen der dortigen Siedlungspioniere identitätsstiftend und besonders wegen der diesjährigen 150jährigen Wiederkehr mit Gedenkveranstaltungen sehr präsent.
Seit Jahrzehnten waren die Nachfahren ganz besonders auf der Suche nach weiteren Informationen zu Georg H. Wiechel. Es war bekannt, dass er ca. 1839/40 in „Lundaborg“ Deutschland geboren wurde. Nachdem bereits viele Orte in Deutschland ausgeschlossen werden konnten, musste es sich um Lüneburg handeln. Bei der Suche in den Kirchenbuchunterlagen half die Familien- und Ahnenforscherin Claudia Stock, Inhaberin der Firma Genealogie „Unsere Ahnen“ in Lüneburg, www.unsereahnen.de.
Sie suchte in den „alten“ Lüneburger Kirchenbüchern nach Georg H. Wiechel und seinen Vorfahren. Der Taufeintrag von Georg Heinrich Jacob Wiechel fand sich im Kirchenbuch der St. Nicolai Kirche. Er wurde am 28. Sep 1839 geboren und am 30. Sep 1839 dort getauft. Interessanterweise war er das uneheliche Kind des Böttchermeisters Georg Hartwig Wiechel und der Maria Catharina Meyer aus Kirchweihe. Die beiden haben nie geheiratet. Die Familie Wiechel konnte in Lüneburg bis ins Jahr 1695 zurückverfolgt werden. Alle männlichen Vorfahren waren in langer Familientradition als Salztonnenböttcher in Lüneburg tätig.
Seine Herkunft war für die sehr interessierten Nachkommen auch hinsichtlich seines traurigen Schicksals im damals "Wilden Westen" der USA bisher im Dunklen geblieben, gleichermaßen für die mit der Aufarbeitung der Geschehnisse beschäftigten dortigen Historiker, für die alle jener und seine Frau Maria identitätsstiftende Gestalten waren und sind.
Bürgerreporter:in:Claudia Stock aus Lüneburg |
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