Lübeck: Achtersteven zur Begrüßung der Stadtbesucher?
Auf seinem Weg vom Hauptbahnhof zum Holstentor überquert der Stadtbesucher den Stadtgraben und ist über die überlebensgroßen Sandsteinfiguren erstaunt, die die „Puppenbrücke“ zieren. Je vier männliche und weibliche Figuren stehen auf der Brücke, die Männer gut gebaut und mehr oder weniger bekleidet, die Frauen ihre ästhetisch geformten Körper unter faltenreichen Kleidern versteckend.
Die aus Sandstein gefertigten Figuren stammen vom Bildhauer Dietrich Jürgen Boy, der sie in den Jahren von 1774 bis 1776 schuf. Sein Auftraggeber, der Rat der Stadt Lübeck, wollte den westlichen Zugang zur Stadt mit Darstellungen verschönern, die gut zur Freien und Hansestadt passen, durch Figuren aus antiker Mythologie, die die Bürgertugenden Freiheit, Frieden, Eintracht und Klugheit symbolisieren sollten.
Die wohl berühmteste und volkstümlichste Figur stellt den Gott Merkur dar, der sein nacktes Hinterteil in Richtung Westen streckt, in Richtung der Dänen, die ja einst von der See kamen. Diese Statue ist sogar zu literarischen Ehren gekommen, da sie in einem Gedicht von Emanuel Geibel erwähnt wurde: "Zu Lübeck auf der Brücken, da steht der Gott Merkur. Er zeigt in allen Stücken olympische Figur. Er wusste nichts von Hemden / in seiner Götterruh’. Drum streckt er allen Fremden / den nackten Podex zu." Eine Anekdote erzählt aus der Zeit, als Lübeck noch groß und Kiel noch unbedeutend war, dass ein alter Lübecker den Weg nach Kiel auf Plattdeutsch so beschrieb: "Kiel? Datt licht dor, wo de Gott siin Mors hinstreckt!"
Alle Figuren besitzen eine symbolische Bedeutung, die durch ihre Attribute im 18.Jahrhundert von jedem verstanden wurden. Heutzutage ist es allerdings notwendig, das ausgeklügelte Bildprogramm der Lübecker Puppenbrücke zu erläutern.
Bürgerreporter:in:Helmut Kuzina aus Wismar |
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