Mit Gisela von Basel bis zum Gotthard-Massiv.
Basel hat 180.000 Einwohner und ist die zweitgrößte Stadt der Schweiz. Sie ist überwiegend Industriestadt. Chemie-Konzerne wie Ciba-Geigy und Sandoz, die fusionierten und heute die Novartis AG sind, sowie Roche sind hier vertreten. Die erste Universität der Schweiz wurde hier in Basel 1460 gegründet. An der Uni wirkten so berühmte Persönlichkeiten wie der Humanist Erasmus von Rotterdam, der Arzt Paracelsus, der Maler Hans Holbein, Nietzsche und noch mehrere andere. Die Rheinschifffahrt ist ab Hüningen frei bis zum Meer. Das Münster sieht immer noch aus wie im 12. Jahrhundert und war Sitz der mächtigen Fürstbischöfe, welche die Stadt bis zur Reformation im 16. Jahrhundert fest in der Hand hielten. Wir befinden uns im Kanton Basel, der unterteilt ist in zwei Halbkantone: Basel-Stadt mit Hauptort Basel und Basel-Land mit Hauptort Liestal.
Wir überqueren, nachdem wir Liestal hinter uns gelassen haben, den Jura in seiner Breite. Der Jura ist ein spärlich besiedelter, steinalter Gebirgszug, der sich von Schaffhausen bis an den Genfer See zieht. Da meine Cousine im Jura wohnte, war ich öfter dort und jedes Mal wieder fasziniert von den ausgedehnten Wäldern, welche die Höhen überdecken und den üppigen Weiden und natürlich von den tiefen Schluchten. Eine richtige beschauliche Bilderbuchlandschaft. Die Menschen hier haben es nicht leicht. Die Winter sind rauh und kalt, Arbeit gibt es wenig und die Abgeschiedenheit wird den Bewohnern oft unerträglich. Früher gab es im Jura eine blühende Uhrenindustrie. Diese Zeiten sind längst vorbei. Der Jura hat sich erst 1978 als selbständiger Kanton von seinem großen Nachbarn Bern getrennt, und zwar vorwiegend aus sprachlichen und kulturellen Gründen. Kantonshauptstadt ist Dalsberg.
Seht Ihr auf der rechten Seite ist die Aare aufgetaucht. Sie ist der Lebensnerv des Aargaus, durch das wir momentan fahren. Früher wurde auf der Aare Getreide verschifft und Holz geflößt. Heute reihen sich Wasser- und Kernkraftwerke am Fluss. Die Aare ist der mächtigste Fluss der Schweiz. Bei der Mündung in den Rhein bringt sie mehr Wasser ein, als der Rhein selbst führt.
Auf der linken Seite sehen wir Aarburg mit seiner Schlossanlage hoch über der Aare. Heute ist das Schloss ein Erziehungsheim.
Ich habe ja eben schon bemerkt, dass wir durch das Aargau fahren. In dem Kanton gibt es eine ganze Reihe von Mineral- und Thermalbäder. Der Hauptort vom Aargau ist Aarau, wo ich vor ein paar Tagen war und die Kamera zu Hause auf dem Tisch liegengelassen hatte. Ich hatte mich ja vielleicht geärgert. In diesem Jahr fahre ich jedenfalls noch mal dorthin und es folgt danach ein separater Bericht.
Jetzt sehen wir auf unseren rechten Seite einen See. Das ist der Sempacher See, der in einer Höhe von 507 m liegt. In seiner Nähe befindet sich ein Schlachtfeld, wo die Eidgenossen 1386 die Österreicher besiegten.
Mittlerweile sind wir im Kanton Luzern angekommen.
Wir fahren über die Reuß und sehen auf der rechten Seite Luzern, das seit eh und je Hauptanziehungspunkt ist. Hier verlässt die reißende Reuß den Vierwaldstättersee. Vor über tausend Jahren war Luzern ein kleines Fischerdorf. Im 13. Jahrhundert wurde der Weg über den Gotthardpass ausgebaut. Damit nahm die Bedeutung der Stadt rasch zu. Im 17. und 18. Jahrhundert war Luzern die größte Stadt der Schweiz. Ab 1860 entstanden prächtige Hotels am Seeufer. 1870 eröffnete Cäsar Ritz das Grand Hotel National. In Luzern traf sich fortan die „Welt“. Alexander Dumas, Kaiser Wilhelm II., Königin Viktoria, Mark Twain und Richard Wagner. Wagner lebte sechs Jahre in Luzern. Die Reuß wird von gedeckten Holzbrücken überspannt. Die berühmteste ist die 1400 erbaute Kapellenbrücke. Sie war bis 1995 die älteste noch erhaltene Holzbrücke Europas. 1995 brannte sie ab. Brandtstiftung! Mittlerweile wurde sie originalgetreu aufgebaut.
Wir sehen jetzt auf der linken Seite den Vierwaldstättersee, aber auch nur, weil wir im Bus sitzen. Wenn man mit dem Auto hier entlang fährt, sieht man nichts, nur Sichtblenden und sonst nichts. Der Vierwaldstättersee ist der viertgrößte See der Schweiz. Er hat eine Fläche von 114 qkm und ist bis zu 214 m tief. Der Vierwaldstättersee ist benannt nach den ihn umgebenden vier Urkantonen: Uri, Schwyz, Unterwalden und Luzern.
Auf der rechten Seite des Sees sehen wir den Pilatus oberhalb von Hergiswil. Er hat seinen Namen wahrscheinlich von „Pileatus“ der Bedeckte. Er ist meist mit Wolken bedeckt. Sein Name wird auch einer Legende zugeschrieben, nach welcher der Leichnam des Pontius Pilatus in dem ehemaligen See auf der oberen Bründleralp versenkt sei.
Bei Stansstad sehen wir rechts und links See. Links ganz weit hinten auf der entferntesten Spitze des Sees liegt Küssnacht am Rigi. Hier ist die breiteste Stelle des Sees. Der Rigi ist 1800 m hoch und einer der berühmtesten Aussichtsberge der Schweiz. Er ragt inselartig über den Vierwaldstättersee empor und bildet mit einer Kammlinie von 50 km Länge ein ausgedehntes Massiv.
Wir umfahren den Bürgenstock, der auf unserer linken Seite liegt. Er ist ein 10 km langer Kalkfelsen. Vom See her geht eine Standseilbahn auf seinen Gipfel. Sie ist die älteste der Schweiz und wurde 1888 eröffnet. Sie überwindet eine 45%ige Steigung. Auf dem Bürgenstock befinden sich mehrere Nobelhotels.
Rechts der Aussichtsberg Stanserhorn.
Wir befinden uns jetzt im Kanton Unterwalden.
Die Autobahn geht jetzt durch den Seelisbergtunnel, der fast zwölf Kilometer lang ist. Wenn wir wieder herauskommen sind wir im Kanton Uri. Dann bitte sofort die Augen nach links. Dort haben wir wieder einen wunderschönen Blick auf den Vierwaldstättersee und das Reußdelta.
1850 –1863 wurde das Reußdelta etappenweise kanalisiert und bis 1939 mit Hochwasserschutzanlagen ergänzt. Im Jahre 1986 hat man mit der Renaturierung des Reußdeltas begonnen. Durch eine Öffnung im linken Damm wird die Reuß in die Ebene geleitet, damit sich eine neue Flachwasserzone bilden kann. Anschließend wurde ein neuer Mündungsarm nach rechts geleitet. Die bisherige weit in den See hineinragende Mündung soll dadurch zurückgenommen werden. Die bislang unzugänglichen Kiesreserven werden für den Abbau frei.
Nachdem wir in einem Bogen um das Reußdelta und über die Reuß gefahren sind, wenden wir uns nach rechts immer weiter nach Süden und in die Zentralalpen fahrend.
Auf unserer linken Seite liegt Altdorf, wo die berühmte Apfelszene mit Wilhelm Tell stattgefunden haben soll. Auf dem Marktplatz von Altdorf steht das Wilhelm-Tell-Denkmal. Jährlich wird hier das Schauspiel von Schiller aufgeführt. Altdorf ist die Kantonshauptstadt von Uri.
Drei Kilometer links hoch liegt Bürglen, das die Heimat von Wilhelm Tell war.
Weiter geht unsere Fahrt durch die Reußebene, welche die einzige größere flache Ebene im Kanton Uri ist. Hier fahren wir über die Diamantautobahn. Sie ist eine Versuchsstrecke. Dem Belag wurde Diamantstaub beigemischt, so ist die Autobahn im Winter eisfrei. Wenn die Sonne drauf scheint, klitzert sie. Der Versuch war erfolgreich, aber die Kosten sind zu hoch.
Die Urner Region war bereits im 13. Jahrhundert von großer Bedeutung: Die Nord-Süd-Route, sowie die Lombardei machten Uri zu einem Bewachungsposten. Der Gotthartpass war das halbe Jahr hindurch verschneit und somit unpassierbar. In der ganzen Region waren die Gaststätten im Frühjahr mit Reisenden überfüllt, die auf die Befreiung der Straße warten mussten. Achtundneunzig Jahre lang konnte der Pass während des ganzen Jahres nur mit der Eisenbahn durchfahren werden. Seit 1980 gibt es den längsten Autotunnel der Welt für 23 Jahre: den Gotthardtunnel mit knapp 17 km Länge. Seit 2003 hat Norwegen einen Autotunnel von über 25 km Länge. Aber die 17 Km des Gotthard reichen mir schon. Einmal sind wir von Süden kommend in den Gotthard eingefahren und genau zu diesem Zeitpunkt begann auf der Musikkassette Beethovens Neunte. Könnt Ihr Euch das Gefühl vorstellen? Alle meine Leute zogen die Köpfe ein und wurden still.
Die Reuß ist auch so ein Fluss, den ich liebe. Auf der rechten Seite begleitet er uns, vielmehr wir fahren ihm entgegen. Sie entspringt im Gotthardmassiv, durchfließt den Vierwaldstättersee und mündet in die Aare.
Amsteg sehen wir auf der linken Seite. Es ist eine Sommerfrische. Hier geht es ins Maderanertal.
Am Eingang des Tales sehen wir ein 53 m hohes Viadukt der Gotthardbahn. Das Maderanertal ist eines der schönsten Alpentäler.
Wir fahren immer weiter bergauf. Rechts die Schlucht der Reuß wird immer tiefer. Wir sehen auf der rechten Seite schon von weitem die Kirche von Wassen, die 1734 erbaut wurde. Von der Terrasse hat man einen wunderschönen Blick talauf und talab.
Alle die rechts sitzen können, wenn sie wollen, in die sagenumwobene Schöllenenschlucht runterschauen. Sie war in früheren Zeiten das größte Hindernis bei der Überquerung des Gotthard. Erst durch Bau der Teufelsbrücke und einiger anderer Brücken wurde sie im 13. Jahrhundert passierbar. Aber wir wollen uns jetzt die Sage anhören: Einer Sage zufolge wurde die erste Teufelsbrücke vom Teufel errichtet. Die Urner scheiterten immer wieder an der Errichtung einer Brücke. Schließlich rief ein Landammann ganz verzweifelt aus: "Do sell der Tyfel e Brigg bue!" (Da soll der Teufel eine Brücke bauen!). Kaum ausgesprochen, stand dieser schon vor der Urner Bevölkerung und schlug ihnen einen Pakt vor. Er würde die Brücke bauen und als Gegenleistung bekomme er die Seele desjenigen, der als erster die Brücke überquere. Nachdem der Teufel die Brücke gebaut hatte, schickten die schlauen Urner einen Geißbock über die Brücke. Der Teufel war über diesen Trick sehr erzürnt und holte einen haushohen Stein, mit dem er die Brücke zerschlagen wollte. Es begegnete ihm aber eine fromme Frau, die ein Kreuz auf den Stein ritzte. Den Teufel verwirrte das Zeichen Gottes so sehr, dass er beim Werfen des Steines die Brücke verfehlte. Der Stein fiel die gesamte Schöllenenschlucht hinab und wird seit daher "Teufelsstein" genannt. 1977 wurde der 220 Tonnen schwere Teufelsstein um 127 Meter verschoben, um der Gotthardautobahn Platz zu machen. Die Verschiebung des Teufelssteins wird in einer Erweiterung der Sage für die unerklärliche Häufung von Verkehrsunfällen auf dem Kilometer 17 des Gotthard-Straßentunnels verantwortlich gemacht.
Göschenen sehen wir auf der rechten Seite.
Vor uns taucht das Gotthardmassiv auf, welches eine der bedeutendsten Wasserscheiden Europas ist mit den Quellgebieten von Rhone, Reuß, Rhein und Tessin. Die Rhone und der Tessin fließen nach Süden; die Reuß und der Rhein nach Norden. Der Gotthardpass führt über eine Höhe von 2.108 m. Der unwegsame Gebirgsstock war lange Zeit ein Hindernis auf dem Weg über die Alpen. Erst die kühnen Straßenbauten des 18. und 19. Jahrhunderts, sowie der Bau der Gotthardbahn, machten diese kürzeste Nord-Süd-Verbindung gefahrlos passierbar. Schon im 13. Jahrhundert gab es einen Saumpfad über den St.-Gotthard-Pass. Der Bau der Gotthardbahn 1874 –1882 galt zu seiner Zeit als überragende technische Leistung. Während der Bauarbeiten verloren 177 Menschen ihr Leben. Der Gipfel des Gotthardmassivs wird von einem Eisenbahntunnel mit einer Länge von 15 km in einer Scheitelhöhe von 1154 m unterquert. 1980 wurde der Gotthardtunnel eröffnet. Die Bauzeit betrug zehn Jahre. In diesen Tunnel werden wir jetzt hineinfahren und sind gespannt, wie das Wetter ist, wenn wir wieder aus ihm herausfahren. Der Gotthard ist auch Wetterscheide.
Auf geht’s – nur Mut!
Bürgerreporter:in:Gisela Görgens aus Quedlinburg |
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